Technik der klassischen Gitarre

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Abbildung 1. Diagonale Haltung des Instrumentes

Gegenstand dieses Artikels sind die spieltechnischen Grundlagen der klassischen Gitarre, wie sie sich im Laufe der Jahrhunderte herausgebildet haben. Der Begriff der Spieltechnik bezieht sich auf Fragen der Haltung und der Motorik. Für die Technik des Gitarrenspiels gilt an erster Stelle das Prinzip der Bewegungsökonomie. Ökonomisch ist eine Bewegung dann, wenn sie mit geringstmöglichem motorischen Aufwand erfolgt und dadurch Spielsicherheit garantiert.

Haltung

Abbildung Nr. 2 - Gitarrist von oben

Bei der Haltung der Gitarre ist vorrangig darauf zu achten, dass sie zum einen zweckmäßig aber auch möglichst körperschonend und dem Körper angemessen ist. Die klassische Gitarre wird üblicherweise im Sitzen gespielt, wobei das Instrument mit der zentralen Zargeneinbuchtung auf dem linken Oberschenkel des Spielers ruht. Um beiden Händen optimalen Zugriff auf das Instrument zu ermöglichen, ist eine diagonale Ausrichtung der Gitarre (siehe Abbildung Nr. 1) erforderlich. Hierbei befindet sich der Kopf der Gitarre etwa auf Kopfhöhe des Musikers, der Gitarrenhals ist geneigt, während der Korpus des Instrumentes auf beiden Oberschenkeln aufliegt.

Die diagonale Ausrichtung des Instrumentes kann auf zwei unterschiedlichen Wegen erreicht werden: Entweder wird das linke Bein durch Unterstellen eines Fußbänkchens in eine erhöhte Lage gebracht oder eine an der Zarge angebrachte Gitarrenstütze (z.B. Gitano, Ergoplay Tappert, Efel) bewirkt die Aufrichtung des Instrumentes im Hals- und Kopfbereich.

Um eine physiologisch ungünstige seitliche Verdrehung des Oberkörpers zu vermeiden, empfielt es sich, das Instrument auf der linken Seite in einem Abstand von ca. 15 cm vom Oberkörper auf den Oberschenkel zu platzieren, während das Instrument auf dem rechten Oberschenkel unmittelbar am Körper gehalten wird (Abbildung 2 rechts). Betrachtet man den Gitarristen direkt von oben, so ist zu erkennen, dass die Gitarre beim linken Bein nicht direkt am Körper anliegt, sondern ein Abstand eingehalten wird (siehe gestrichelte Linie).

Nicht zuletzt ist es hilfreich, auch die Decke der Gitarre nicht gänzlich frontal auszurichten, also im rechten Winkel auf den Oberschenkeln, sondern in einem leichten Winkel (ca. 10 Grad) nach oben zu kippen. Diese leichte Schrägstellung der Gitarre ermöglicht dem Spieler eine bessere Augenkontrolle des Spiels ist aber auch motorisch sinnvoll, da durch diese Haltung das Gewicht der Greifhand zur Verstärkung des Greifdrucks eingesetzt werden kann (was insbesondere bei Barré-Griffen hilfreich ist).

Der rechte Unterarm ruht in der Nähe des Ellbogens auf dem Zargenrand während der linke Arm nur über die Hand Kontakt zum Instrument hat. Der Rücken ist gerade aufgerichtet.

Greifhand

Abbildung 3 - Grundstellung Greifhand
Abbildung 4 - Grundstellung Greifhand

Die Ausgangsstellung für die Greifhand wird Grundstellung (siehe Abbildung 3 und 4) genannt. Für diese gilt:

  • Die Finger greifen dicht an den Bundstäbchen
  • Die Finger berühren sich nicht
  • Der Daumen ruht unter dem Griffbrett, etwa auf der Höhe des 2. Fingers. Betrachtet man den Spieler von vorne, so ist der Daumen seiner Greifhand also nicht zu sehen, da er sich unter dem Griffbrett befindet (siehe Abb. 3).
  • Es besteht kein Kontakt zwischen Handfläche und Griffbrett

Grundregeln

  • Die Finger entfernen sich nicht weit vom Griffbrett, sie bleiben immer dicht über dem Griffbrett schweben
  • Die Fingersätze sind so zu erstellen, dass sich für die Finger stets kurze Wege ergeben. Das heißt: Muss ein Finger die Position wechseln, so sollte die Distanz zum nächsten Griffpunkt möglichst klein gehalten werden.
  • Beim Niederdrücken der Saiten ist zu vermeiden, dass die Fingergelenke der Greifhand durchgedrückt, also entgegen ihrer natürlichen Abknickrichtung gedehnt werden
  • Die Finger bewegen sich unabhängig voneinander. Sollte die Bewegung eines Fingers die reflexartige Bewegung eines anderen Fingers auslösen, so ist durch regelmäßiges Üben auf eine "Entkoppelung" der Finger hinzuarbeiten. Das Unabhängigkeitstraining der Finger ist wichtiger Bestandteil der technischen Schulung.
  • Ist ein Lagenwechsel [1] erforderlich, so ändert dies nichts an der Grundausrichtung der Hand (Grundstellung). Die Hand bewegt sich in diesem Fall parallel zum Griffbrett. Auch der Daumen unter dem Griffbrett bewegt sich beim Lagenwechsel ein einer geraden Linie. Auch bei anderen Spieltechniken wie etwa den Aufschlags- und Abzugsbindungen ist es wichtig, die für die Grundstellung typische parallele Ausrichtung zur Halsachse nicht zu "verreißen".

Anschlagshand

Abbildung 5 - Anschlagshand

Grundregeln

  • Das Handgelenk muss ruhig gehalten werden, es soll nicht "hüpfen". Die Fixierung des Handgelenks ist eine der vorrangigen pädagogischen Aufgaben im Gitarrenunterricht.
  • Unterarm und Hand bilden, von oben betrachtet, eine Linie. Seitlich betrachtet (Spielerperspektive) ist die Hand etwa im Winkel von 45 Grad vom Arm nach unten abgewinkelt.
  • Die Saiten werden nicht im rechten Winkel angeschlagen, sondern im Interesse eines vollen Tones eher diagonal. Lediglich bei der Verwendung des Registerspiels (z.B . Stegregister = sul ponticello) ist ein Anschlag im rechten Winkel zur Saite notwendig.
  • Fortgeschrittene Spieler verwenden das Nagelspiel.
  • Zupft der Daumen und die übrigen Finger gleichzeitig, was beim mehrstimmigen Spiel häufig der Fall ist, so ist darauf zu achten, dass die Zupfbewegung in die Hand und nicht von den Saiten weg erfolgt. Die Anschlagshand springt also nicht von den Saiten weg, sondern bleibt weitgehend fixiert.

Gestützter und freier Anschlag

Von gestütztem Anschlag (span: apoyando) spricht man, wenn der Anschlagsfinger nach dem Anschlag auf die Nachbarsaite fällt, von freiem Anschlag (span.: tirando), wenn der Anschlagsfinger die Nachbarsaite nicht berührt. Gestützter Anschlag wird vor allem zum Melodiespiel verwendet, da das apoyando-Spiel einen vollen, kräftigen Ton erzeugt. Das Tirando-Spiel wird dagegen typischerweise bei Akkordbrechungen angewendet (arpeggi) aber auch generell bei polyphoner Spielweise.

Registerspiel

Je nach Position des Anschlages lassen sich auf der Gitarre unterschiedliche Klangfarben (Register) erzeugen. Direkt über dem Griffbrett erzielt man einen weichen, direkt am Steg einen harten, metallischen Klang. Dazwischen gibt es unterschiedliche Abstufungen. Durch die unterschiedliche Anschlagsposition ist jedes Register auch mit jeweils anderen technischen Anforderungen verbunden.

Nagelspiel

Gab es noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Gitarrenkreisen Kontroversen bezüglich des Nagelspiels, so ist die Verwendung des Nagels heutzutage im klassischen Gitarrenspiel längst Standard. Klassische Gitarristen lassen die Fingernägel der rechten Hand wachsen, bis sie ca. 1-2 Zentimeter über die Fingerkuppe hinausragen. Mithilfe von Nagelfeilen und sehr feinem Schleifpapier werden die Nägel dann bogenförmig - in Anlehnung an die Form der Fingerkupe - geformt.

Anders als es der Begriff "Nagelspiel" vermuten lässt, beschränkt sich diese Anschlagsform keineswegs auf das ausschließliche Zupfen mit dem Nagel. Vielmehr ist das Nagelspiel eine Kombination von Kuppen- und Nagelanschlag, bei der die Saite zunächst über die Fingerkuppe gleitet und dann erst Kontakt mit dem Nagel hat. Das richtige Schleifen der Fingernägel erfordert viel Übung und Experimentieren, da es zum einen gilt, die für den Nagel ideale Bogenform zu finden und zum anderen den Fingernagel ausreichend zu polieren, damit schabende und kratzende Geräusche vermieden werden.

Quellen

  • Heinz Teuchert: Die neue Gitarrenschule Band 1: Lieder begleiten, Melodie- und Solospiel, Klassik und Folklore. Ricordi 1984. ISBN: 3931788369
  • Hubert Käppel: Käppels Gitarrenschule. AMA-Verlag (1996). ISBN-10: 3927190780
  • Dieter Kreidler: Gitarrenschule: für Einzel- oder Gruppenunterricht. Band 1. Gitarre. SCHOTT MUSIC GmbH & Co KG, Mainz (1985). ISBN-10: 3795754003
  • Frederick Noad: Solo Guitar Playing - Book 1, 4th Edition. Amsco Publication 2009. ISBN-10: 0825636795
  • Aaron Shearer: Learning the Classic Guitar: Part 1. Mel Bay Publications Inc. 1990. ISBN-10: 0871668548
  • Peter Päffgen: Die Gitarre – Geschichte, Spieltechnik, Repertoire. Schott Music, Mainz 2002, ISBN 3-7957-2355-8.

Verweise

  1. Ein Lagenwechsel ist eine Positionsveränderung der linken Hand entlang der Halsachse, bei der die Finger einen anderen Bund ansteuern.