Moral Majority

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 14. Januar 2015 um 21:12 Uhr durch Kuebi (Diskussion | Beiträge) (1984: typos, stil). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Jerry Falwell, Gründer der Moral Majority

Die Moral Majority war eine bekannte amerikanische politische Organisation der Christian right (religiösen Rechten). Sie wurde 1979 gegründet und in den späten 1980er Jahren aufgelöst. Sie spielte eine Schlüsselrolle bei der Mobilisierung von Christen als politische Kraft und im republikanischen Präsidentschaftswahlkampf der 1980er Jahre.

Geschichte

Vor der Gründung

Die Ursprünge der Moral Majority können bis 1976 zurückverfolgt werden, als Jerry Falwell auf einer Reihe vonI Love America (Ich liebe Amerika)-Kundgebungen im ganzen Land das Bewusstsein für soziale Fragen schärfte.[1] Diese Kundgebungen brachen mit dem traditionellen Prinzip der Baptisten, Religion und Politik zu trennen[2] und brachten Falwell in den öffentlichen Focus.

Aufbau und Organisation

Falwell und Paul Weyrich gründeten die Moral Majority im Juni 1979.[3] Anfangs mit Stärken eher im Süden der USA,[1] wuchsen die Landesverbände schnell und waren bis 1980 mit Organisationen in achtzehn Staaten vertreten.[4][5] Falwell war das bekannteste Gesicht der Organisation in den 1980er Jahren.

Die Zentrale der Moral Majority befand sich in Lynchburg. Der Beirat bestand aus Baptisten, Katholiken und Juden, obgleich diese Entscheidung Falwells auf interne Kritik stieß.[6]

Die Moral Majority war eine Organisation vorwiegend konservativer Christen, die für moralische Grundsätze warben, die ihrer Ansicht nach die Auffassung der Mehrheit der Amerikaner vertrat (daher auch der Name). Mit in der Spitze vier Millionen Mitgliedern und zwei Millionen Spendern war die Moral Majority eine der größten konservativen Lobbygruppen in den USA.[7] Diese Mitglieder waren in über zwanzig staatlichen Organisationen aktiv. 1987 schied Falwell als Leiter aus, behielt aber eine aktive und sichtbare Rolle in der Organisation.

Auflösung

Nach der zweiten Wahlperiode Ronald Reagans waren christliche rechte Organisationen allgemein in einer Phase des Niedergangs. Das Spendenaufkommen war rückläufig, möglicherweise weil nach acht Jahren der von der christlichen Rechten unterstützten Präsidentschaft die moralischen Gefahren vom Wähler nicht wie bei Reagans erstem Amtsantritt wahrgenommen wurden.[8] Finanzielle Probleme waren schließlich ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung die Organisation aufzulösen.[9] Falwell allerdings begründete bei der Bekanntgabe der Auflösung der Moral Majority 1989 in Las Vegas es anders und erklärte: „Our goal has been achieved. [..] The religious right is solidly in place and [..] religious conservatives in America are now in for the duration.“ (Unser Ziel ist erreicht. [..] Die religiöse Rechte hat ihren Platz gefunden und [..] religiöse Konservative in Amerika bleiben auf Dauer).[10]

Organisatorische Ziele und Zusammensetzung

Die Moral Majority versuchte, konservative Amerikaner zu mobilisieren, indem sie Direct-Mail-Kampagnen, Telefon-Hotlines, Kundgebungen und religiöse Fernsehsendungen nutzten.[11] Obwohl die Moral Majority nur ein Jahrzehnt existierte, wurde sie bald nach ihrer Gründung eine sichtbare politische Kraft und war relativ effektiv in der Erreichung ihrer Mobilisierungsziele. Nach Robert Liebman und Robert Wuthnow war dafür ausschlaggebend:[12]

  • Die Moral Majority wurde bereits mit starkem finanziellen Rückhalt gegründet.
  • Die Vorsitzenden der Moral Majority kommunizierten intensiv mit ihren Mitgliedern und standen für eine klare Aussage auf allen Ebenen der Mitgliedschaft.
  • Die Vorsitzenden der Moral Majority der Regel hatten intensive Organisationserfahrung.
  • Die allgemeine Öffentlichkeit stand hinter den von der Moral Majority betonten Fragen.

Dazu gehörte:[13]

  • Zensur von Medien, die eine „Anti-Familien“- Agenda fördern
  • Förderung einer traditionellen Vorstellung von Familienleben
  • Opposition zu den Equal Rights Amendment und Strategic Arms Limitation Talks
  • Opposition zur staatlichen Anerkennung und Akzeptanz der Homosexualität sowie der Bürgerrechte der Homosexuellen.
  • Ächtung der Abtreibung auch in Fällen von Inzest oder Vergewaltigung oder bei Schwangerschaften, wo das Leben der Mutter auf dem Spiel steht.[14]
  • Unterstützung für christliche Gebete in Schulen
  • Missionierung von Juden und anderen Nicht-Christen

Die Moral Majority hatten Anhänger in den beiden großen politischen Parteien der USA, die Republikaner und der Demokraten, obwohl sie weit mehr Einfluss in der Ausübung ersterer hatte.

Politische Beteiligung

Die Moral Majority aber ist wahrscheinlich am ehesten für ihre Beteiligung an den Präsidentschaftswahlen, insbesondere jenen von Ronald Reagan bekannt.

Präsidentschaftswahlen

Die Wahl von Jimmy Carter als Präsident der Vereinigten Staaten 1976 war ein Meilenstein für die evangelischen Christen. Zum ersten Mal war ein bekennender evangelischer Christ in das höchste Amt des Landes gewählt worden. Trotz Gemeinsamkeiten in der religiösen Identität waren jedoch evangelikale Christen im Allgemeinen und schließlich die neu gegründete Moral Majority von der Politik Carters enttäuscht worden. Carter unterstützte jedoch eher die Positionen der eigenen Partei.Daher entschied die Moral Majority Ronald Reagans Kandidatur im Jahr 1980 zu unterstützen.[2]

1980

Die Moral Majority unterstützte Reagan bereits sehr früh.[15] Laut Jimmy Carter „that autumn [1980] a group headed by Jerry Falwell purchased $10 million in commercials on southern radio and TV to brand me as a traitor to the South and no longer a Christian.“(kaufte im Herbst 1980 eine von Jerry Falwell geleitete Gruppe für 10 Millionen Dollar Werbespots im südlichen Radio und TV, um mich als Verräter des Südens und als unchristlich zu brandmarken)[16] Auch nach dem Gewinn der republikanischen Nominierung unterstützte die Moral Majority Reagan. Nach dem Sieg Reagans betonte Falwell den Einfluss auf den Erfolg Reagans durch die Aktivierung von Kirchgängern zur Wahl zu gehen, die vorher nicht politisch aktiv gewesen waren.[17] Empirisch deutet einiges darauf hin, auch wenn eine definitive Kausalität nicht nachweisbar ist.[18]

Reagan band später Mitglieder der Moral-Majority-Führung in seine Kampagne und danach auch in die Regierung ein.[19][20]

1984

Die Moral Majority unterstützte Reagan auch 1984 bei der Wiederwahl und warb für ihre Positionen in Bezug auf Schulgebete und Abtreibung auch im republikanischen Wahlprogramm.[21] Das politische Klima der Nation hatte jedoch seit Reagans erster Kampagne geändert. Obwohl Reagan gewann, hatte sich die Rolle der Moral Majority seit 1980 geändert. Mehr Anti-Moral-Majority-Wähler hatten für Walter Mondale als Pro-Moral-Majority-Wähler für Reagan gestimmt; damit hatte die Moral Majority tatsächlich einen negativen Effekt auf Reagans Kampagne gehabt.[22]

1988

1988 trat die Moral Majority zuletzt bei einer Präsidentschaftswahl in Erscheinung. Die republikanische Nominierung war für eine Vielzahl von Anwärtern offen. Der evangelische Pfarrer und Fernsehprediger Pat Robertson kandidierte für die republikanische Nominierung und wäre auf den ersten Blick die natürliche Wahl der Moral Majority gewesen, da Robertson politischen Vorstellungen denen der Moral Majority sehr ähnlich waren. Gleichwohl unterstützte Falwell George H. W. Bush und zeigte damit nicht nur die Rivalität zwischen Falwell und Robertson als Fernsehprediger, sondern auch die tief sitzende Spannung zwischen konkurrierenden evangelischen Richtungen.[23]

Herausforderungen für die Moral Majority

In den späten 1980er Jahren wurden die Ansichten der Moral Majority weithin in Frage gestellt und die Organisation begann zu bröckeln. Mit schwindendender Unterstützung begann Kritiker die Organisation "weder moralisch noch eine Mehrheit" zu nennen. 1988 gab es ernsthafte Liquiditätsprobleme und Falwell löste die Organisation im Jahr 1989 auf.[24]

Die Moral Majority Coalition

Im November 2004 belebte Falwell den Namen Moral Majority wieder für eine neue Organisation, die Moral Majority Coalition. Die Absicht der Organisation ist es, die "evangelische Revolution" fortzusetzen und zu helfen, konservative Politiker bei Wahlen zu unterstützen. Bezugnehmend auf die Koalition als "Auferstehung der Moral Majority 21. Jahrhunderts", Falwell, der sich für vier Jahre als Vorsitzender verpflichtet hatte,[25] starb am 15. Mai.2007.[26]

Bekannte Personen innerhalb der Bewegung

Einzelnachweise

  1. a b Robert Liebman, Robert Wuthnow (1983): The New Christian Right New York: Aldine Publishing Company. ISBN 0-202-30307-1, S. 58.
  2. a b Patrick Allitt (2003): Religion in America Since 1945: A History New York: Columbia University Press. ISBN 0-231-12154-7, S. 152.
  3. Deal W. Hudson: Onward, Christian Soldiers. Simon and Schuster, 2008, ISBN 978-1-416-56589-5, S. 15 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Robert Liebman, Robert Wuthnow (1983): The New Christian Right New York: Aldine Publishing Company. ISBN 0-202-30307-1, S. 31-32.
  5. *Daniel K. Williams: Jerry Falwell’s Sunbelt Politics: The Regional Origins of the Moral Majority. In: Journal of Policy History. 22. Jahrgang, Nr. 02. Cambridge University Press, April 2010, S. 125–147, doi:10.1017/S0898030610000011 (cambridge.org [FEE; abgerufen am 17. September 2010]).
  6. Patrick Allitt (2003): Religion in America Since 1945: A History New York: Columbia University Press. ISBN 0-231-12154-7, S. 153.
  7. Clyde Wilcox (1996): Onward Christian Soldiers? Boulder: Westview Press. ISBN 0-8133-2696-6, S. 96.
  8. Clyde Wilcox (1996): Onward Christian Soldiers? Boulder: Westview Press. ISBN 0-8133-2696-6, S. 38.
  9. Clyde Wilcox (1992): God’s Warriors Baltimore: Johns Hopkins University Press, ISBN 0-8018-4263-8, S. 14.
  10. Patrick Allitt (2003): Religion in America Since 1945: A History New York: Columbia University Press. ISBN 0-231-12154-7, S. 198.
  11. Robert Wuthnow (1988). The Restructuring of American Religion, p. 205. Princeton: Princeton University Press. ISBN 0-691-07759-2.
  12. Robert Liebman, Robert Wuthnow (1983): The New Christian Right New York: Aldine Publishing Company. ISBN 0-202-30307-1, S. 55-57.
  13. Moral Majority. In: Columbia Encyclopedia, 6. Auflage, Columbia University Press, 2004.
  14. Falwell: An Autobiography, The Inside Story, Liberty House Publishers, Lynchburg, 1997, S. 395.
  15. Robert Liebman, Robert Wuthnow (1983): The New Christian Right New York: Aldine Publishing Company. ISBN 0-202-30307-1, S. 36.
  16. Jimmy Carter: White House Diary. Farrar, Straus and Giroux, New York, N.Y 2010, S. 469.
  17. Clyde Wilcox (1992): God’s Warriors Baltimore: Johns Hopkins University Press, ISBN 0-8018-4263-8, S. 96.
  18. Clyde Wilcox (1992): God’s Warriors Baltimore: Johns Hopkins University Press, ISBN 0-8018-4263-8, S. 115-117.
  19. Robert Liebman, Robert Wuthnow (1983): The New Christian Right New York: Aldine Publishing Company. ISBN 0-202-30307-1, S. 60.
  20. Kenneth Wald (1997): Religion and Politics in the United States Washington, D.C.: Congressional Quarterly Press. ISBN 1-56802-157-7, S. 137.
  21. Johnson, Stephen D. and Joseph B. Tamney: The Christian Right and the 1984 Presidential Election. 1985, S. 125. Review of Religious Research 27(2). In: unbekannt. S. 124–133.
  22. Johnson, Stephen D. and Joseph B. Tamney: The Christian Right and the 1984 Presidential Election. 1985, S. 124. Review of Religious Research 27(2). In: unbekannt. S. 124–133.
  23. Clyde Wilcox (1992): God’s Warriors Baltimore: Johns Hopkins University Press, ISBN 0-8018-4263-8, S. XV.
  24. G. Utter, J. True: Conservative Christians and Political Participation – A Reference Handbook. ABC Clio, Santa Barbara, California, 2004, ISBN 1-85109-513-6, S. 68.
  25. Moral Majority Timeline. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 14. Januar 2015.@1@2Vorlage:Toter Link/www.moralmajority.us (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  26. Moral Majority founder Jerry Falwell dies. In: msnbc.msn.com. 15. Mai 2007, abgerufen am 14. Januar 2015 (englisch).