Minette Walters

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Minette Walters 2006

Minette Walters (* 26. September 1949 in Bishop’s Stortford, Hertfordshire, als Minette Caroline Mary Jebb) ist eine englische Schriftstellerin. Sie schreibt Kriminalromane von hohem literarischen Niveau und wird allgemein auf eine Stufe mit den ebenfalls psychologische Kriminalromane schreibenden Britinnen P. D. James und Ruth Rendell gestellt.[1] Ihren ersten Kriminalroman, nämlich „Im Eishaus“, veröffentlichte sie erst im Alter von 43. Wie die im Jahresabstand folgenden nächsten vier Romane wurde er mit angesehenen Literaturpreisen ausgezeichnet. Ihr neuester Roman The Cellar, der sich mit Kindesmissbrauch auseinandersetzt, erschien in Großbritannien im Mai 2015, fast acht Jahre nach ihrem letzten Roman.

Leben

Das Internat Godolphin im Jahr 2006

Walters ist die Tochter des Armeeoffiziers Captain Samuel Jebb und seiner Frau Colleen. Deshalb verbrachte sie die ersten zehn Jahre ihres Lebens auf Armeestützpunkten im Norden und Süden Englands. Nach dem frühen Tod ihres Vaters im Jahre 1958 sah sich Colleen Webb gezwungen, ihre schmale Pension durch kunsthandwerkliche Arbeiten aufzubessern, um sich und ihre drei Kinder - neben Minette zwei Söhne - durchzubringen. Alle drei Kinder gewannen Stipendien für Privatschulen. Minette Walters besuchte zunächst die Abbey School in Reading, Berkshire, bis sie ein Stipendium für die Godolphin Boarding School in Salisbury erhielt. Zu den früheren Absolventinnen dieses Internats gehören unter anderem die Kriminalautorinnen Dorothy L. Sayers und Josephine Bell.

Nach dem Abschluss der Schule ging sie für ein Jahr über das Freiwilligenprogramm „The Bridge“ nach Israel, wo sie sich in einer Gemeinde und in einem Heim für straffällig gewordene Jugendliche in Jerusalem betätigte. Sie selber bezeichnete diese Zeit als die prägendste Erfahrung ihres Lebens, nicht zuletzt weil es ihr ein Grad an Unabhängigkeit geboten hätte, die sie zuvor so nicht gekannt hätte.[2] Anschließend besuchte sie das Trevelyan College in Durham, welches sie 1971 mit einem Abschluss in Französisch beendete. Sie begann für das Verlagshaus IPC Media tätig zu werden und arbeitete als Journalistin und Lektorin für dieses Unternehmen. Zu ihren Lektoriatsarbeiten gehörte es auch, die im Verlagshaus herausgegebenen romantischen Arztromane zu betreuen. Auf Grund ihrer ständigen Klagen über die schlechte Qualität der eingereichten Manuskripte forderte sie ein Kollege auf, selber welche zu verfassen. Unter einem bislang von Walters nicht öffentlich preisgegebenen Pseudonym verfasste sie rund 30 Romanzen über die sie selber sagte;

„30.000 Worte lang, kein Sex, kein starker Alkohol und nur keusche Küsse“[3]

Minette Walters heiratete 1978 den Geschäftsmann Alec Walters, den sie in Durham kennengelernt hatte. Mit ihm hat sie zwei Söhne, Roland und Philip. Sie widmete sich zunächst der Erziehung ihrer Kinder und gab Schreiben für eine Zeitlang auf. Erst nachdem ihr jüngster Sohn das Haus verließ, um aufs Internat zu gehen, begann sie sich wieder dem Schreiben zu widmen.[2]

Sie lebt heute gemeinsam mit ihrem mittlerweile im Ruhestand befindlichen Mann Alec im ländlichen Dorchester und ist mittlerweile Großmutter. Ihr Mann züchtet seit seinem Ruhestand Dorset Down-Schafe, eine mittlerweile seltenen britischen Schafrasse.[1]

Werk

Ihr erster Roman, Im Eishaus, wurde 1992 veröffentlicht. An diesem Werk schrieb Walters zweieinhalb Jahre. Der Roman wurde zunächst von mehreren Verlagen abgelehnt, bis Macmillan Publishers ihn für 1.250 kaufte. Innerhalb von vier Monaten gewann er den John Creasey Award der Crime Writers Association und wurde von elf ausländischen Verlagen angenommen. Mit ihren nächsten beiden Büchern, Die Bildhauerin und Die Schandmaske, gewann Walters den Mystery Writers of America Edgar Award und den CWA Gold Dagger.

Themen, die Walters in ihren Werken verarbeitet, sind unter anderem Isolation, Familienkonflikte, Justiz und Rache. Da sie mehr daran interessiert ist, warum sich ein Mord ereignet hat, entsprechen Ihre Kriminalromane entsprechen im Aufbau nicht dem klassischen Whodunit. Über ihr eigenes Werk sagte sie 1999 im Interview mit dem kanadischen Nachrichtenmagazin Maclean’s:

„Es fasziniert mich, warum es eine unglaublich kleine Minderzahl an Personen gibt, die das Ermorden einer anderen Person für die Lösung zu einem Problem ansehen anstatt zu realisieren, dass sie damit ein Reihe ganz anderer neuer Probleme schaffen. Und das ist es letztlich, über das ich schreibe.“[4]

Auf einen immer wieder auftauchenden polizeilichen Ermittler hat Walters bislang verzichtet, auch polizeiliche Ermittlungsarbeit oder Forensik steht nicht im Mittelpunkt ihrer Romane.[5] Im Mittelpunk ihrer Geschichte stehen gewöhnlich Figuren, die eng miteinander verbunden sind. In „Im Eishaus“ sind dies beispielsweise drei Freundinnen, die zurückgezogen in einem Landhaus leben; in „Die Bildhauerin“ ist dies eine scheinbar normale Familie der Mittelschicht, in der die älteste Tochter im Gefängnis sitzt, weil sie Mutter und Schwester umgebracht haben soll; in „Die Schandmaske“ sind Hauptfiguren verbitterte und unterdrückte Frauen aus drei Generationen.[5]

In den Romanen wird oft von realen Hintergründen oder Ereignissen gesprochen, um die Geschichte anschaulicher und echter wirken zu lassen. Walters beschreibt sich selbst als "Forschungs"-Schriftstellerin, die immer mit geringen Voraussetzungen beginnt und zunächst selbst nicht weiß, wie die Geschichte ausgehen wird. Sie bleibt aber immer begeistert bei der Sache, weil sie, ebenso wie der Leser, wissen möchte, was als Nächstes passiert.

Einflüsse

Minette Walters hat nach ihren eigenen Angaben von Kindheit an Kriminalgeschichten gelesen. Zu den ersten Kriminalautoren, die sie las, gehört Agatha Christie und Walters bewundert außerdem die US-amerikanische Kriminalautorin Patricia Highsmith. Sie zählt zu den großen Bewunderern von Graham Greene: Von ihm habe sie gelernt, dass es möglich ist, literarische anspruchsvolle Romane zu schreiben, die aber trotzdem lesbar sind.[2] Walters liest außerdem sehr häufig Berichte über tatsächliche Kriminalfälle.[2]

Auszeichnungen

Minette Walters wurde bislang für ihre Kriminalromane mit folgenden Literaturpreisen ausgezeichnet:[6]

Kriminalromane

  • „The Ice House“, 1992 (dt. „Im Eishaus“)
  • „The Sculptress“, 1993 (dt. „Die Bildhauerin“)
  • „The Scold’s Bridle“, 1994 (dt. „Die Schandmaske“)
  • „The Dark Room“, 1995 (dt. „Dunkle Kammern“)
  • „The Echo“, 1997 (dt. „Das Echo“)
  • „The Breaker“, 1998 (dt. „Wellenbrecher“)
  • „The Tinder Box“, 1999/2004 (dt. „In Flammen“)
  • „The Shape of Snakes“, 2000 (dt. „Schlangenlinien“)
  • „Acid Row“, 2001 (dt. „Der Nachbar“)
  • „Fox Evil“, 2002 (dt. „Fuchsjagd“)
  • „Disordered Minds“, 2003 (dt. „Der Außenseiter“)
  • „The Devil’s Feather“, 2005 (dt. „Des Teufels Werk“)
  • „Chickenfeed“, 2006 (dt. „Der Schrei des Hahns“)
  • „The Chameleon’s Shadow“, 2007 (dt. "Der Schatten des Chamäleons")
  • „The Cellar“, 2015

Verfilmungen

  • 1996: Die Bildhauerin (The Sculptress)
  • 1997: Im Eishaus (The Ice House)
  • 1998: Das Echo (The Echo)
  • 1998: — (The Scold's Bridle)
  • 1999: Dunkle Kammern - Dark Room (The Dark Room)

Literatur

  • Martha Hailey Dubose: Women of Mystery - The Lives and Works of Notable Women Crime Novelists. Thomas Dunne Books, New York 2011, ISBN 9780312276553.

Einzelbelege

  1. a b Interview mit Minette Walters am 9. Mai 2015 in der britischen Zeitschrift Guardian., aufgerufen am 10. Mai 2015
  2. a b c d Martha Hailey Dubose: Women of Mystery. S. 401
  3. zitiert nach Martha Hailey Dubose: Women of Mystery. S. 401. Im Original: thirty thousand words Maximum, no sex, no strong alcohol and only chaste kissing.
  4. Interview mit dem Nachrichtenmagazin Maclean's im Jahre 1999. zitiert nach Martha Hailey Dubose: Women of Mystery. S. 400. Im Original lautet das Zitat: What Intrigen me is why there is this incredibly small minority of people who see the killing of another as a solution to a problem rather than... the beginning of an entirely different set of new problems. And that, in a nutshell, is what I write about.
  5. a b Martha Hailey Dubose: Women of Mystery. S. 402
  6. British Council Website über Minette Walters, aufgerufen am 10. Mai 2015