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Bestattungswald

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Bestattungswälder (auch „Urnenwälder“) sind rechtlich festgelegte Waldflächen außerhalb traditioneller Friedhöfe, in denen eine Beisetzung von Totenasche möglich ist. Die Grabstelle ist örtlich fixiert, jedoch nicht als solche erkennbar, eine individuelle Pflege ist unzulässig oder unmöglich.[1][2]

Ursprünge und Kommerzialisierung

Ursprünglich waren Waldbestattungen unter Nomadenvölkern verbreitet und mit naturreligiösen Vorstellungen verbunden. In der Zeit der Romantik ließen sich viele Forstleute und Gutsbesitzer in ihren Wäldern beisetzen wie August Bier[3], Johann Heinrich Cotta, Ferdinand von Raesfeld und Heinrich von Salisch.

Waldgrab Ferdinand von Raesfeld auf dem Darß

Die Kommerzialisierung und Fixierung auf Aschebeisetzungen im Wurzelbereich von Waldbäumen wurde erstmals 1993 unter dem Namen „Friedwald“ markenrechtlich geschützt, Rechteinhaber ist der Schweizer Ingenieur Ueli Sauter.[4][5][6] Seiner Auffassung nach symbolisiere die Aufnahme von Aschenährstoffen durch den Baum die Rückkehr in den Kreislauf der Natur.[7] Der Wald solle so natürlich wie möglich erhalten bleiben, daher seien die Grabstätten meist anonym. Sauter hat 1999 einem Deutschen das Recht überlassen, unter dem gleichen Namen Wälder auch in Deutschland zu betreiben.

In Deutschland sind seither mehrere Unternehmen gegründet worden, die sich ihre Namen und Logos beim Deutschen Patent- und Markenamt als Wort-Bild-Marke haben schützen lassen, darunter auch einzelne Waldbesitzer, die Naturbestattungen an rund 160 verschiedenen Waldstandorten anbieten.[8] Anders als in der Schweiz wird in Deutschland die Asche in Urnen beigesetzt. Vereinzelt ist bei getrennter Kremierung die gemeinsame Beisetzung der Urnen mit menschlicher Asche und derjenigen von Haustieren in einem gemeinsamen Grab möglich.[9]

Die deutschen Unternehmen bieten ihre Dienstleistung entweder selber an oder vertreiben sie mittels Franchising, bei dem der Waldeigentümer das Konzept und die Marke gegen Entgelt nutzen darf.[10][11]

Betrieb

Leichenwagen mit Urne im Wald nahe der Burg Plesse
Urnengrab auf der Insel Usedom nach der Beisetzung

Die Betreiberfirma lässt sich zehn bis zwölf Aschevergrabungen im Wurzelbereich eines Baumes vertraglich sichern, so dass bei Zugrundelegung von 80 bis 100 Bäumen pro Hektar und 3 Kilogramm Asche pro Urne mehr als 2 Tonnen Asche je Hektar im Wald vergraben werden können.[12][13] Die Urne wird direkt im Baumwurzelbereich beigesetzt, der Waldboden bis in eine Tiefe von 80–100 cm aufgegraben. Je nach Schutzstatus der beanspruchten Waldfläche sind Urnen aus einem Bioplastik oder solche aus dauerhaftem Edelstahl zu verwenden.

Bäume und Urnenpositionen werden eingemessen und in Karten eingezeichnet. Der Baum oder Platz für die Beisetzung kann zu Lebzeiten im Vorerwerb ausgewählt werden. Der für Urnenvergrabungen vorgesehene Wald wird üblicherweise für 99 Jahre an die Betreiberfirma verpachtet und die Nutzung als Grunddienstbarkeit gesichert. Eine sichere Betretbarkeit im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht wird jedoch nur für die vereinbarte Ruhezeit garantiert. Bei Sturmschäden, Waldbränden oder Erkrankung der Bäume gibt es keinen Rechtsanspruch auf eine Rückvergütung, sondern einen Ersatzbaum oder eine Ersatzpflanzung.

Vor der Indienststellung eines Urnenwaldes sind umfangreiche waldbauliche Maßnahmen erforderlich, bei der vor allem die Naturverjüngung ausgedünnt und eine Durchforstung ausgeführt wird.[14] Danach beschränkt sich die Bewirtschaftung auf die Bruchholzbergung nach Sturmereignissen, Kronenlichtungen und Unterholzentfernung.[15][16]

Eine interne Wettbewerbsstudie aus dem Jahr 2007 kam zu dem Ergebnis, dass der wirtschaftliche Erfolg von Bestattungswäldern vor allem auf der Flächenakquise und nicht auf steigenden Umsätzen laufender Anlagen beruhe.[17] Mit fortschreitender Beanspruchung umfassten die erforderlichen Sicherungsarbeiten im Wald einen immer größer werdenden Flächen- und Kostenanteil, da nach der letzten Beisetzung noch Jahrzehnte lang die Baumkronen auszulichten und der Wald von störendem Unterholz frei zu halten sei.[18]

Die Entscheidung für eine Bestattung in einem Wald ist üblicherweise irreversibel. Ein Betreiber ermöglicht aber Umbettungen, wenn ein Familiengrab vorhanden oder mobilitätseingeschränkten Angehörigen der Gang zum Grab nicht mehr möglich ist.[19]

Rechtliche Aspekte

Die für Bestattungswälder maßgeblichen Nutzungsbestimmungen wie die Pflege der Grabstätten oder Benutzungsregeln für Besucher ergeben sich aus der Nutzungsordnung der jeweiligen Trägerkommune[20] oder der kirchlichen Friedhofsordnung.

Totenaschen unterliegen bis zum Ablauf der Ruhezeit der Pietätsbehaftung, die Totenruhe darf nicht gestört werden.

In Deutschland

Sollen Totenaschen im Wald beigesetzt werden, so setzt dies eine Darstellung als Friedhofsfläche im Flächennutzungsplan voraus. Im Planverfahren, an dem auch die Öffentlichkeit zu beteiligen ist, erfolgt eine Umweltprüfung, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden (§ 2 Abs. 4 BauGB). Die Prüfung bezieht sich auf die Belange des Umweltschutzes einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB) sowie den Bodenschutz (§ 1a BauGB). Dazu zählt etwa die voraussichtliche Menge des beabsichtigten Ascheeintrags oder die mögliche Störung wildlebender Tierarten. Anforderungen zur Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen im Sinne von § 7 Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) einschließlich der Anforderungen an das Auf- und Einbringen von Materialien im Sinne von § 6 BBodSchG werden dabei durch die genannten Vorschriften des Baugesetzbuchs verdrängt (§ 3 Abs. 1 Nr. 9 BBodSchG). Soll der Bestattungswald innerhalb einer Schutzfläche von europäischer Bedeutung ausgewiesen werden, ist eine spezielle FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich. Flächennutzungspläne bedürfen der Genehmigung durch die höhere Verwaltungsbehörde (§ 6 Abs. 1 BauGB), als Bestattungswälder dargestellte Flächen einer entsprechenden Widmung.

Nach den Bestattungsgesetzen der Bundesländer können Friedhofsträger in der Regel nur Gemeinden oder öffentlich-rechtliche Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sein. Die Friedhofsträger können jedoch private Dritte mit der Errichtung und dem Betrieb des Friedhofs beauftragen. Das Unternehmen schließt dazu mit dem Friedhofsträger einen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Der Träger bleibt jedoch für die Erfüllung der mit der Trägerschaft verbundenen Pflichten verantwortlich, trägt daher beispielsweise auch das Insolvenzrisiko des privaten Betreibers.[21] Die Träger verlangen daher meist finanzielle Sicherheiten wie eine Bürgschaft oder einen Insolvenzsicherungsfonds.[22]

In der Schweiz

Betreiber schweizerischer Bestattungswälder benötigten bis Ende 2013 bis zu einer Größe von 20 Bäumen lediglich die Erlaubnis des Waldbesitzers, diese Obergrenze war jedoch praxisfremd. Um alle Friedwälder auf eine gleiche Basis zu stellen, wurde im Kanton Thurgau das Gesundheitsgesetz geändert: Bestattungswälder gelten nunmehr grundsätzlich als eine nachteilige Nutzung des Waldes und sind baubewilligungspflichtig. Gemeinden müssen das Gebiet deshalb ausscheiden, wenn die Begräbnisstätten zugelassen werden sollen.[23] Es dürfen keine Parkplätze, Begehungswege, Treppen, Geländer, Sitzbänke, Zäune, Baracken oder sonstige waldfremde Bauten und Anlagen errichtet werden. Auch dürfen keine Hinweisschilder bei oder zur letzten Ruhestätte erstellt werden.[24]

Naturschutzaspekte

Wurzelverzweigungen einer Buche im Wald
Urne aus Bioplastik mit Deckel aus Aluminium
Ersatzmarkierung eines Grabes nach Windwurf im Ruheforst Glücksburg
Baumfeld auf dem Waldfriedhof Pankow XII (Buch)
Friedwald im Gartenreich Dessau-Wörlitz in Oranienbaum

Zu den Wirkungen auf die Ökologie des Waldes bestehen gegensätzliche Auffassungen.

Obwohl Totenaschen innerhalb des Baumwurzelbereichs und sogar unweit von Wasserläufen vergraben werden, sind eingetretene Beeinträchtigungen der Waldökologie bisher nicht nachgewiesen worden. Messungen von pH-Werten unterhalb und neben der Urnen geben aber Anlass zu vermuten, dass die aus einem Bioplastik hergestellten Urnen[25] mit der Zeit Aschepartikel bzw. Aschenlauge freigeben. Der Abbau dieses Urnenmaterials verläuft unter Laborbedingungen rückstandsfrei gemäß DIN EN 14851, der Urnenkorpus - nicht der Deckel - darf daher als biologisch abbaubar bezeichnet werden. Eine Zertifizierung der Verrottbarkeit mit zeitlichen Angaben zum Abbau der Urnen steht jedoch aus, Angaben dazu divergieren bei Herstellern und Anwendern.[26][27] Der Aluminiumdeckel ermöglicht jedoch die lagegetreue Detektierung bis über das Ende der Nutzungszeit hinaus. Zusätzlich sind Überurnen im Angebot.[28]

Eine im privaten Auftrag durchgeführte Studie der Universität Freiburg wies zwar erhöhte Chromwerte unterhalb einzelner Urnen im Naturschutzgebiet „Steinbachtal bei Saarbrücken“ nach[29], hielt dies aber aufgrund der an anderen Stellen unauffälligen Werte für vernachlässigbar.[30] Die Studie kommt zu dem vorläufigen Ergebnis, dass bei den von privater Seite zugelieferten Proben „zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Schwermetallverlagerungen aus der Kremationsasche festgestellt werden kann“. Analysiert wurden zunächst 133 Bohrkerne, die sowohl direkt unter Urnen als auch in deren Umgebungsbereich entnommen wurden. Die Analyse soll zu gegebener Zeit fortgesetzt werden.[31][32] In der filmischen Aufbereitung zur Studie wird zwar eingeräumt, dass der Mensch nach der Kremierung „mehr als nur Asche hinterlasse“, doch fördere der Bestattungswald auch den Naturschutz, da der Waldbestand auf 99 Jahre geschützt sei. Bei einzelnen Schwermetallen ist jedoch mit der Zeit ein Anstieg zu prognostizieren, der bei Chrom auf einen zusätzlichen Eintrag von ca. 80 % hinausläuft.[33]

Naturschutzverbände thematisieren bereits die erforderliche Feuerbestattung und die mit den Ascheeinträgen in den Boden verbundene Erhöhung des pH-Wertes[34] sowie den Eintrag weiterer Inhaltsstoffe.[35] Vor der Ausweisung als Urnenwald werde der zuvor nachhaltig bewirtschaftete Wald zu einem Park umgestaltet, Naturverjüngung werde entfernt und Trampelpfade entstünden.

Besonders umstritten sind Bestattungswälder in FFH- und Naturschutzgebieten.[36] Beanstandet wird explizit die Ausräumung des Totholzbestandes sowie dadurch ausgelöste Biotopverschlechterungen, unter anderem für Spechte und Waldpilze.[37]

Der BUND sieht bei einem Vorhaben im Rhein-Sieg-Kreis Widersprüche zwischen zu erwartenden Störungen einerseits und Naturschutzschutzanforderungen für Fledermäuse und Greifvögel andererseits, die er als extrem störanfällig bezeichnet. Der Flächeneigentümer hingegen kündigte daraufhin an, Bäume zu fällen, wenn die Inbetriebnahme verhindert werde.[38]

Nach Auffassung des Naturschutzbundes ist auch auf Waldfriedhöfen mit gutem Bestand an alten Bäumen das Anlegen von Baumfeldern möglich. Der Vorteil dort besteht in der nahen Infrastruktur, wie Feierhalle oder Kapelle, Friedhofsgärtnerei oder Blumenhalle, die mögliche Nähe zum Wohnsitz der Hinterbliebenen und die Anbindung an den öffentlichen Personenverkehr.[39]

Zum Bedarf fossiler Energien für die in Urnenwäldern verbindliche Urnenbeisetzung wurde ein Erdgasverbrauch von 400 Kilowattstunden (kwh) pro Einäscherung ermittelt. Dies entspreche dem durchschnittlichen deutschen Monatsbedarf für ein 30-Quadratmeter-Apartment.[40]

Untersuchungen zu Totenaschen haben die Berufsgenossenschaft Kassel[41] sowie niederländische Institute[42][43][44][45] vorgelegt. Totenaschen enthalten danach düngende Stoffe und zudem Schwermetalle. Als mögliche Ursache für Chrom-/Chrom-VI-Gehalte in Totenaschen wird der Abrieb im Kremationsofen vermutet.[46]

Die Analyse einer aus der Ofenseitentasche entnommenen Ascheprobe ergab, dass diese bei gelösten Feststoffen das 2,9-fache des Schwellenwerts für die Deponieklasse I erreichte (8.900 mg/l zu 3.000 mg/l).[47] Der hohe pH-Wert kann bei empfindlichen Organismen zu Verätzungen führen.[48] Wirkungen von Schwermetallen auf das Bodenleben wurden speziell bei Regenwürmern nachgewiesen.[49][50]

Die Forstwissenschaft warnt bei großflächig auf den Waldboden ausgebrachten Holzaschen vor Chrom-/Chrom-VI-Belastungen.[51][52]

Ein Hamburger Landschaftsplaner musste in einem Vergleichsurteil vor dem Landgericht Frankfurt seine Äußerungen, Urnenbeisetzungen schädigten den Waldboden, zwar weder widerrufen noch berichtigen, darf sich aber nicht mehr auf veraltete Analysen berufen.[53]

Ein Jagdpächter gab als Ursache für den Rückgang des Wildaufkommens in Friedwaldnähe das deutlich gestiegene Verkehrsaufkommen, regelmäßig durchgeführte Werbeveranstaltungen und früher nicht vorhandene Geräuschentwicklungen an. Aufgrund der reduzierten Abschüsse wollte er eine Pachtreduzierung erreichen, konnte sich vor dem Landgericht Bonn aber nicht durchsetzen.[54]

Einige Genehmigungsbehörden haben neben der verbindlichen Verwendung von Edelstahlurnen im Wald[55] Mengenlimitierungen und unabhängige Messungen der Wasserbelastung festgesetzt.[56]

Kulturelle Aspekte

Die christlichen Kirchen bekennen sich zu ihrer Verantwortung als Träger traditioneller Friedhofskultur und haben zu Bestattungen außerhalb davon überwiegend eine distanzierte Auffassung.

Die ehemalige evangelische Ratspräsidentin Margot Käßmann betonte 2008 in einem Festvortrag in der Kreuzkirche Hannover, dass Friedhöfe Heimatorte seien, wo auf dem Grabstein zu lesen sei, wie kurz oder wie lang ein Leben war, an dem der Familie gedacht und Geschichten weitergeben werden. Dort blieben die Toten Teil unseres Lebens. In einer Zeit der Mobilität, in der feste familiäre Bindungen auseinanderzufallen drohen, benötige man Friedhöfe als Orte der Erinnerung.[57] Ein evangelischer Dekan aus Donauwörth ließ verlautbaren, dass Naturbestattungen zwar „natürlich“ erscheinen, jedoch zunächst viel technischer Aufwand betrieben werden müsse, um die Verstorbenen einzuäschern.[58] Eine Kirchengemeinde in Schleswig-Holstein sowie eine evangelische Stiftung in Bayern hingegen haben ihre eigenen Wälder für Naturbestattungen zur Verfügung gestellt.[59][60]

Die deutsche Bischofskonferenz hält Einsegnungen von Bestattungswäldern und dortige Messfeiern für ausgeschlossen. [61] Wenn Verstorbene keinen Ort im Lebensraum der Lebenden mehr haben, sei dies ein Zeichen dafür, dass sie aus dem kulturellen Gedächtnis entlassen werden. Hingegen stünden leicht erreichbare Friedhöfe, Grabpflege und geprägte Zeichen des Gedenkens für diese Verbundenheit.[62]

Ein Forschungsprojekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft beschäftigt sich seit 2015 mit den Spannungen zwischen religiösen Selbstdeutungen einer zunehmenden Anzahl von Menschen einerseits und den professionellen theologischen Deutungsangeboten der evangelischen Kirche andererseits.[63]

Judentum und Islam sowie die christliche Orthodoxie kennen nur Erdbestattungen, Einäscherungen und demzufolge auch die Waldbestattungen sind ausgeschlossen.

Wirtschaftliche Aspekte

Protagonisten erwarten, dass bis 2025 in Deutschland jede dritte Beisetzung im Wald stattfinden werde,[64] da in Bestattungswäldern keine Folgekosten für Grabpflege anfallen. Sie seien auf Wunsch anonym, sowie unkonventionell und zwanglos.[65] Vereinzelt kommt es aufgrund fehlender Kontrollmöglichkeiten zu „wilden“ Ascheverstreuungen.[66][67] Friedhofskulturell ausgerichtete Verbände betonen, dass auch auf Traditionsfriedhöfen einfache, pflegefreie und somit Zwang befreite Grabstellen zu erhalten seien – auch unter Bäumen.[68]

Bestatter plädieren dafür, Traditionsfriedhöfe und nicht Bestattungswälder zu entwickeln.[69] Das Ziel sollte der örtliche Friedhof sein. Wenn ein Bestatter es schaffe, diesen so oft wie möglich zu vermitteln, dann unterstützt er die gesamte Gemeinde. Der Friedhof könne nachhaltig bewirtschaftet werden, müsse nicht subventioniert werden, kommunale Einnahmen könnten für andere dringliche Aufgaben verwendet werden.[70]

Die mit dem Friedhofsgewerbe verbundenen Handwerksinnungen sehen in Urnenwäldern eine Konkurrenz[71] und geben beispielsweise zu bedenken, dass Urnenwälder zwar einer auf 99 Jahre gesicherten Grunddienstbarkeit unterliegen, die Vertragslaufzeiten aber erheblich kürzer sind. Im Ausstiegsfall oder einer Insolvenz habe die öffentliche Hand dann die Aufrechterhaltung der Verkehrssicherung in den Bestattungsflächen bis zum Ablauf der Grunddienstbarkeit allein zu tragen.[72][73]

Über Vertragslaufzeiten und Provisionen für die Trägerkommunen ist wenig bekannt. Aus der Gemeinde Flörsbachtal wurde veröffentlicht, dass diese nach Ablauf der ersten zehn Jahre ihrem Franchisegeber kündigen will, nach Überzeugung des Gemeinderats flossen dem Franchisegeber Einnahmen zu, die die Gemeinde künftig selbst vereinnahmen möchte.[74] In Bad Berka wurde die Wertabschöpfung durch einen privaten Betreiber angesichts von bis zu sechsstelligen Jahresumsätzen abgewogen mit Einnahmen, die der Stadt bleiben.[75]

Der Swisttaler Naturschutzverein "Rettet Bäume und Biotope e.V." beantragte in einem Bauleitplanverfahren, dass der beantragte Bestattungswald abgelehnt werden sollte, wenn sich für die Gemeindekasse keine Wirtschaftlichkeit ergäbe. Um die Gefahr möglicher Schadenersatzansprüche auszuschließen, wurde eine Rücknahme des Antrages nicht in Betracht gezogen.[76]

In Bestattungswäldern werden neben den Einnahmen aus dem Beerdigungsgeschäft auch weiterhin Holzverkäufe realisiert.[77][78]

Außerhalb des deutschsprachigen Raumes sind Anlagen in den Niederlanden bekannt, nicht jedoch aus dem osteuropäischen Raum sowie aus Frankreich. Ein Unternehmer, der bereits in Deutschland Bestattungswälder mitkonzipiert und geleitet hat, wollte das Geschäftsmodell in die USA exportieren, bewirbt es aber nicht mehr (Stand Sept. 2015).[79]

Literatur

  • Oliver Roland (Hrsg.): Friedhof – Ade? Die Bestattungskultur des 21. Jahrhunderts (= Anthologie für Religion 5). Azur Verlag, Mannheim 2006, ISBN 3-934634-32-X.
  • Reiner Sörries: Alternative Bestattungen. Formen und Folgen. Ein Wegweiser (= Fachhochschulverlag. Bd. 190). Fachhochschulverlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-940087-18-8.
  • Haimo Schulz Meinen: Das Grab im eigenen Garten. Private Friedhöfe in Deutschland? (= Friedhofskultur heute 2 = Fachhochschulverlag. Bd. 191). Fachhochschul-Verlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-940087-47-8 (Zugleich: Hannover, Univ., Diss., 2009: Private Friedhöfe in Deutschland?).
  • Norbert Fischer: Vom Gottesacker zum Krematorium. Eine Sozialgeschichte der Friedhöfe in Deutschland seit dem 18. Jahrhundert. Köln/Weimar/Wien 1996 Online

Einzelnachweise

  1. Norbert Fischer zit. in Veröffentlichung der Friedwald GmbH
  2. Norbert Fischer: Der Friedhof zu Beginn des 21. Jahrhunderts.
  3. Stiftung August Bier
  4. Bernd Bruns: In der Schweiz patentierte das Bundesamt für geistiges Eigentum die Beisetzung in Bäumen. Letzte Ruhe im Friedwald. postmortal.de, März 1999. Abgerufen am 25. Mai 2015.
  5. Auszug aus der elektronischen Schutzrechtsdatenbank.
  6. Sauter, Ueli: Was ist ein FriedWald?/Die Bestattung
  7. Wo die Asche der Toten gen Himmel wächst. Neue Zürcher Zeitung, 24. Juli 2014. Abgerufen am 18. September 2015.
  8. Peter-Philipp Schmitt: Wald-Bestattungen: Zurück zur Natur. FAZ, 7. November 2013. Abgerufen am 25. Mai 2015.
  9. Erste Friedhöfe für Herrchen und Haustier. RP Online, 12. Mai 2015.
  10. Der Franchise-Grundvertrag der Friedwald GmbH
  11. Naturfriedhof-Franchising der Ruheforst GmbH
  12. webauftritt der Friedwald GmbH
  13. webauftritt der Ruheforst GmbH
  14. Friedwald am Möhnesee eröffnet. Ruhrverband, 2013. Abgerufen am 26. Mai 2015.
  15. Forstarbeiten im Friedwald
  16. Holzernte im Friedwald
  17. Ute Sachs: Friedwald. Die Bestattung in der Natur. Ein Geschäftsmodell mit Zukunft?, S. 273
  18. Förster Peter Wohlleben im BUND-Magazin
  19. >Umbettungen im Einzelfall möglich
  20. Beispiel: Friedwaldnutzungsordnung der Stadt Buxtehude vom 25. September 2006
  21. Anne Hähnig: Sachsens erster Ruheberg stößt auf Widerstand. Lausitzer Rundschau, 12. April 2010. Abgerufen am 24. Mai 2015.
  22. Lutz Küppers: Pläne für die letzte Ruhe an Schloss Haag. RP online, 18. April 2015. Abgerufen am 26. Mai 2015.
  23. Nur ein Friedwald ist legal Tagblatt, 16. Sept. 2015. Abgerufen am 17. Sept 2015.
  24. Richtlinie des Kantons Thurgau: Letzte Ruhestätten im Wald
  25. http://www.friedwald.de/trauerfall/urnenangebot Beschreibung: biolog. abbaubare Urnen
  26. http://www.friedwald.de/portal/bestatter/urnenangebot Das Urnenmaterial baut sich innerhalb von fünf Jahren ab
  27. http://www.naturfaserverbundwerkstoffe.de/de/produktbeispiele/bestattungswesen/naturfaser-verbund-urne.php Das Urnenmaterial baut sich innerhalb von 10 Jahren ab
  28. http://www.friedwald.de/files/6314/3532/3876/FriedWald-Schmuckurnen_Sortiment_2015.pdf Urnenangebot
  29. http://sl.juris.de/sl/gesamt/NatGSteinbV_SL_2002.htm#NatGSteinbV_SL_2002_P1 Verordnungstext des NSG „Steinbachtal/Netzbachtal“
  30. Graf M, Schramm L, Lang F: Auswirkungen von Kremationsasche auf den Waldboden – Untersuchungsergebnisse von Bodenproben aus drei Friedwald-Standorten. Institut für Bodenökologie, Universität Freiburg i. Br. unveröff. Präsentation zum Symposium für Waldeigentümer, Griesheim, 7. Mai 2015.
  31. Bericht über Untersuchungen von Bodenproben aus verschiedenen Friedwaldstandorten, Langversion
  32. Pressemitteilung der Auftraggeberin: Beisetzungen im Friedwald ökologisch unbedenklich
  33. Film der Friedwald GmbH zur Studie
  34. Pressemitteilung des Bundes Naturschutz: Krematorium mit unkalkulierbaren Risiken
  35. Bürgerinitiative UNRuheforst
  36. Kritik an Ruheforst wächst Landeszeitung, 15. Januar 2014
  37. Anne Dewitz: Naturschutz-Friedwald in Kummerfeld gefährdet Artenvielfalt Hamburger Abendblatt, 5. Juni 2015. Abruf kostenpflichtig.
  38. BUND mahnt vor Gefahr für Greifvögel Bonner Generalanzeiger, 05.02.15, abgerufen am 31.10.15
  39. H. Netz: Der Friedhof als Lebensraum für Pflanzen und Tiere. In: NABU-Magazin Naturschutz heute. Heft 2/2006
  40. Grüner unter die Erde. In: GEO-Magazin. Heft 11/2009
  41. vgl. Zeitschrift Friedhofskultur 10/2006
  42. E.R.Smit: Massabalans en emissies van in Nederland toegepaste crematorieprocessen TNO-MEP rapport R96/059, Delft 1996
  43. Wirkungen der Kremierung auf die Umwelt
  44. Erkenntnisse über Totenaschen
  45. Kremationsasche belastet arme Sandböden
  46. Hermann, Klemisch: Totenasche – ein Problemfall für den Bodenschutz? Bestattungskultur 5/2015, S. 38–43
  47. Sircar, Robin in: Handbuch des Feuerbestattungswesens Richard-Boorberg-Verlag, Stuttgart 2014, S. 217, ISBN 978-3-415-05135-5
  48. Albrecht, M.C. in: Handbuch des Feuerbestattungswesens Richard-Boorberg-Verlag, Stuttgart 2014, S. 184, ISBN 978-3-415-05135-5
  49. http://digdok.bib.thm.de/volltexte/2009/3966 FIERLA, Corinna: Ökotoxikologische Untersuchungen von Hausmüllverbrennungs-Aschen mit Regenwürmern und Raubmilben, Gießen 2009
  50. http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2005/2643/pdf/KrummSteffen-2005-11-24.pdf KRUMM, Steffen: Der Regenwurm als Bioindikator, Diss. am Institut für Tierphysiologie der Justus-Liebig-Universität Gießen, Sept. 2005
  51. Warnungen der Forstwissenschaft zu Schwermetallen in Holzaschen
  52. dito
  53. Urnenwaldprozess ist zu Ende. Friedhofskultur, 9. November 2014. Abgerufen am 26. Mai 2015
  54. Landgericht Bonn, Az.: 7 O 233/08 Az.: 7 O 233/08
  55. Strenge Regeln im Wasserschutzgebiet
  56. Grundwassermonitoring im Friedwald Nuthetal, max. 25 Beisetzungen/Jahr im Ruheforst Weidenstetten, Untere Bodenschutzbehörden, mdl.
  57. Margot Käßmann: Welchen Stellenwert hat der Friedhof im Wertewandel unserer Gesellschaft? Festvortrag Kreuzkirche Hannover 2008
  58. Kritik aus der evangelischen Kirche
  59. Kirchengemeinde Ostenfeld Webseite
  60. Bericht über den Bestattungswald der Evang. Pfründestiftung
  61. Deutsche Bischofskonferenz: Katholische Bestattungskultur angesichts neuer Herausforderungen, Handreichung v. Nov. 2011, Nr. 97
  62. Kritik aus der katholischen Kirche
  63. Manfred Hitzeroth: Wie predigen Pfarrer im Friedwald? Oberhessische Presse, 4. Juni 2015
  64. Steinmetze und Gärtner gegen Bestattungswald in Überlingen. Südkurier, 11. April 2015. Abgerufen am 18. September 2015.
  65. Das Konzept ist frei von sozialen Zwängen.
  66. Bericht im ORF über „wilde“ Bestattungen im Pinzgau
  67. Bericht über ungenehmigte Ascheverstreuungen in der Schweiz
  68. Verein zur Förderung der deutschen Friedhofskultur e.V.: Ein guter Mensch gehört auf einen guten Ort.
  69. Bestatter gegen Bestattungswälder und für Friedhöfe
  70. Baumeister, E.A.: Bestattungswelt 04/15, S. 10
  71. Susanne Storath: Anwälte für den Friedhof. Natursteinonline.de, 18. September 2014. Abgerufen am 26. Mai 20215.
  72. Rheinische Post: Pläne für die letzte Ruhe an Schloss Haag RP online, 18. April 2015. Abgerufen am 26. Mai 2015.
  73. Lutz Küppers: Schloss Haag: Steinmetze gegen Baumgräber. RP online, 5. Mai 2015. Abgerufen am 26. Mai 2015.
  74. Gelnhäuser Tageblatt: Waldfriedhof in Eigenregie Gelnhäuser Tageblatt. 30. Juli 2015. Abgerufen am 3. August 2015.
  75. Mein Anzeiger: Bestattungswald in Eigenregie MeinAnzeiger online, 21. August 2015. Abgerufen am 25. August 2015.
  76. [http://www.general-anzeiger-bonn.de/region/rhein-sieg-kreis/swisttal/ein-friedwald-fuer-heimerzheim-article1617152.html#plx1331220262 Letzte Ruhe in Swisttal: Ein Friedwald für Heimerzheim Bonner Generalanzeiger vom 24.04.15, abgerufen am 31.10.15
  77. Frankenhöhe-Ruheforst.de
  78. Friedwald am Möhnesee eröffnet. Ruhrverband, 2013. Abgerufen am 26. Mai 2015.
  79. Profil des deutschen Bestattungswald-Gründers bei Xing