Lichtdruck (Druck)

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Frühe Bildpostkarte mit Lichtdruck eines Fotos von der Ersten Bayerischen Landesausstellung;
1882 in Nürnberg, signiert J. B. Obernetter

Lichtdruck (auch Phototypie, Collotypie, Albertotypie) ist ein heute nur noch selten angewendetes Edeldruckverfahren.

Im weiteren Sinne werden damit alle fotomechanischen (photolithographischen) Flachdruckverfahren zur Wiedergabe von Halbtönen ohne Raster bezeichnet, im engeren Sinne jedoch nur das 1856 von Louis-Alphonse Poitevin unter der Bezeichnung Collotypie entwickelte und um 1870 von Joseph Albert verbesserte Verfahren, mit dem sich größere Auflagen herstellen ließen. Karl Klietsch entwickelte 1879 daraus die Heliogravüre.

Verwendung

Lichtdruck-Postkarte um 1900

Der Lichtdruck war um das Jahr 1900 sehr verbreitet, wurde aber durch die Verbreitung und Verbesserung des Offsetdrucks verdrängt. Nach Schließung der Dresdner Lichtdruck-Werkstatt existieren heute weltweit noch vier Lichtdruckereien: im Museum für Druckkunst Leipzig[1], in der weltältesten Fotowerkstatt der Gebrüder Alinari in Florenz[2], bei Benrido-Druck in Kyōto, Japan[3] und die Werkstatt Offizin in Darmstadt.[4]

Neben der farbigen Lithografie wurde er vor allem zur Illustration von Büchern oder Drucken in kleinen Auflagen wie Ansichts-, Gedenk- oder Postkarten eingesetzt, da noch keine anderen Verfahren bekannt waren, die Zeichnungen, Gemälde oder Fotografien in vergleichbarer Qualität wiedergaben.

Auch Künstler haben für Grafiken den Lichtdruck zur eigenständigen Aussage benutzt. Ein Beispiel ist Willi Baumeister mit seinen zwanzig Original-Lichtdrucken, die 1929 in einer mit 200 Exemplaren erschienen Mappe Sport und Maschine von der Galerie Flechtheim herausgegeben wurde.

Nachdem die Verbreitung des Verfahrens in der Mitte des 20. Jahrhunderts allmählich zurückging, wird es außerhalb des unmittelbaren künstlerischen Bereichs heute noch zur Faksimilierung von Kunstwerken wie Gemälden, mittelalterlichen Handschriften und Urkunden verwendet. Hierfür ist die Wiedergabequalität unerreicht.

Der Lichtdruck stellt mit seinen Mitteln und Möglichkeiten – ähnlich wie die Fotografie – eine eigene Kunstform dar. In Leipzig wurden in Zusammenarbeit von Lichtdruckern und bildenden Künstlern wie Olaf Wegewitz Techniken und Verfahren der künstlerischen Gestaltung auf der Druckplatte entwickelt. So wurde die Lichtdruck-Originalgrafik eine eigene Form der grafischen Kunst. Durch die erprobte Möglichkeit der Belichtung mit verschiedenen halbdurchlässigen und durchlässigen Materialien auf der Druckplatte ist eine neue Ausdrucksmöglichkeit in der fotografischen Arbeit entstanden. Diese beiden Ausführungen sind als eigene Kunstformen anerkannt.

Druckformherstellung

Detail aus obiger Postkarte
mit deutlich erkennbarem Runzelkorn

Träger der Druckform ist eine 10 mm dicke matt geätzte sehr plane Glasplatte (Spiegelglas ohne Spiegelschicht) oder auch eine Metallplatte. Auf die Platte wird in zwei Lagen (Vorschicht & Druckschicht) eine lichtempfindliche Emulsion aus Chromatgelatine aufgebracht und im Halbdunkel getrocknet. Die Emulsion besteht aus Gelatine, die mit Ammoniumdichromat oder Kaliumdichromat lichtempfindlich gemacht wurde.

Anschließend wird ein fotografisches Halbton-Negativ unter Verwendung von Licht mit hohem UV-Anteil auf die Platte aufbelichtet. Das Negativ ist - anders als bei den meisten Druckverfahren - nicht gerastert. Beim Belichten verändern die in der Gelatine enthaltenen Chromatsalze die Löslichkeit der Gelatine in Wasser und setzen das Negativbild in ein Gelatinerelief um. Dieser Vorgang wird Gerbung der Gelatine genannt. Die auftreffende Lichtmenge bestimmt die Höhe der „gegerbten“ Gelatine. Die Besonderheit liegt bei dieser Kopierschicht in ihrem Verhältnis der Lichtmenge zum Grad der Aushärtung:

  • wenig Licht = geringe Härtung
  • viel Licht = starke Härtung

Nach dem Kopiervorgang wird die Platte in 5 °C bis 10 °C kaltes Wasser getaucht, wodurch die Chromate ausgewaschen werden, so wird eine weitere Belichtung verhindert. Dabei bildet sich das charakteristische „Runzelkorn“, an dem fertige Lichtdrucke bei starker Vergrößerung unverkennbar zu identifizieren sind.

Ist ein mehrfarbiges Ergebnis gewünscht, so werden für jede Druckfarbe jeweils entsprechende Druckplatten angefertigt. Für Faksimiledrucke von Kunstwerken werden mitunter bis zu 20 Platten für bestimmte Farbtöne übereinander gedruckt. Damit ist es möglich, Drucke von hoher Originaltreue zu erzielen.

Druck

Vor dem Druck werden die Druckplatten üblicherweise mit einem Glycerin-Wasser-Gemisch angefeuchtet. Durch das Aufquellen der Gelatine je nach Aushärtungsgrad – mithin je nach Belichtungsgrad – wird der wiederzugebende Tonwert bestimmt. Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Belichtung und der Aufnahme von Druckfarbe an der entsprechenden Stelle. Es gilt:

  • geringe Härtung = starke Quellung, wenig Druckfarbe
  • starke Härtung = schwache Quellung, viel Druckfarbe

Dabei spielt das in stark quellenden Bereichen reichlicher enthaltene Wasser eine Rolle: es stößt die fettige Druckfarbe ab, wohingegen die stärker ausgehärteten Bereiche diese annehmen. In der Lichtdruck-Flachform-Zylinderpresse erfolgt das Bedrucken in diesem Druckverfahren. Diese Lichtdruckschnellpressen sind ähnlich den Offset-Einfarben-Andruckflachpressen aufgebaut. Oft wurden umgebaute Steindruckmaschinen verwendet. Die tägliche Stückzahl liegt zwischen 600 und 1000 Bogen und erfordert eine hohe Berufserfahrung und Konzentration des Druckers. Das feine „Quellrelief“ ist durch weiteres nachträgliches Befeuchten der Druckform im Kontrast zu steuern. Stärkere Befeuchtung verringert, schwächere Befeuchtung steigert den Kontrast.

Das Aussehen des Druckes lässt sich durch Chemikalien, die auf die druckende Gelatineschicht aufgebracht werden, beeinflussen. Formalin fixiert die Gelatine, Alaun macht einzelne Druckteile dunkler, da es härtend wirkt. Zyankali ist hygroskopisch, es zieht Wasser an, macht die Gelatine weicher und so werden einzelne Druckteile heller.

Die relative Luftfeuchte in Drucknähe muss ständig gleich gehalten werden. Insofern muss der Fortdruck ständig beobachtet werden. Von einem Helfer wird der Druckbogen in die Druckmaschine eingelegt und vom Drucker wird er nach dem Druckvorgang aus der Maschine genommen und beurteilt. Die Auflage kann 1000 bis 2000 Drucke erreichen, danach muss eine neue Druckform erstellt werden. Die Gelatineschicht wird von den Druckvorgängen beansprucht und dabei beschädigt.

Die erreichten Auflagen sind gering und der Arbeitsaufwand im Lichtdruck ist sehr hoch. Lichtdruck ist teuer, aber die Wiedergabequalität rechtfertigt den hohen Preis. In frühen Zeiten war der Lichtdruck im Arbeitsaufwand mit anderen Druckverfahren vergleichbar und stellte im Druckergebnis ein auf andere Weise nicht erreichbares Druckerzeugnis her.

Eine Besonderheit beim Lichtdruck ist die ölbasierte, jedoch besonders feste und zähe Lichtdruckfarbe. Die Verarbeitung ist nur mit speziellen starken Farbreibemessern möglich. Vor jedem Einsatz ist sie unter sofortigem Zusatz von Ölfirnis erneut mit diesem Farbmesser (Druckerspatel) durchzuwalken, damit die Farbe gebrauchsfähig ist.

Lichtdrucke können, wenn sie in Buchform relativ luftdicht abgeschlossen gelagert werden, einen stärkeren Geruch der verwendeten Chemikalien aussondern, zum Beispiel nach Ochsengalle, die während des Drucks verwendet wird, um störende, mitdruckende Randtöne zu vermeiden.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Museum für Druckkunst Leipzig: Lichtdruck-Kunst Leipzig
  2. Fratelli Alinari: The Collotype
  3. Benrido Printing Co., Ltd. Kyoto: コロタイプ印刷 (Lichtdruck)
  4. Offizin Darmstadt