Rassentrennung
Rassentrennung ist die rassistisch motivierte, zwangsweise Trennung von als „Rassen“ definierten Menschengruppen in einigen bis hin zu allen Bereichen des Lebens. Rassentrennung ist eine Sonderform der Segregation.
Der Begriff der Rassen bezeichnet meist Menschengruppen verschiedener Hautfarbe. Er war im Zusammenhang der Rassentrennung meistens ein Begriff zur willkürlichen Abgrenzung der „eigenen“ sozialen Gruppe von der oder den „anderen“, oft mit der Überbetonung eines vermeintlichen „biologischen“ Unterschieds.
Sklaverei beinhaltet zwar in manchen Fällen auch eine Rassentrennung, wird aber nicht unter diesen Begriff gefasst. So spricht man von einer Rassentrennung in den USA erst für die Zeit nach dem Ende der Sklaverei.
Geschichte
Zur Rassentrennung gehörte in der Regel ein Verbot der Heirat (oder bereits jeglicher sexueller Kontakt, wie etwa in Südafrika) zwischen Mitgliedern der jeweils als unterschiedlich definierten Menschengruppen. Typischerweise gab es auch getrennte öffentliche Einrichtungen für die Mitglieder der verschiedenen Rassen, zum Beispiel öffentliche Verkehrsmittel, Gaststätten, Theater und insbesondere Schulen (siehe Monoedukation). Dabei sind die Einrichtungen für die herrschende Gruppe in aller Regel besser ausgestattet als diejenigen für die ausgegrenzten Gruppen.
International
USA
Durch den Chinese Exclusion Act wurde die chinesische Immigration in den USA im 19. Jahrhundert eingeschränkt und durch weitere Einschränkungen durften Chinesen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den USA nur noch in bestimmten Vierteln leben. Es entstanden die Chinatowns.[1]
Nach der Aufhebung der Sklaverei in den Vereinigten Staaten im Jahre 1865 wurde die Trennung zwischen Afroamerikanern und Weißen durch die sogenannten Jim Crow Laws (Jim-Crow-Gesetze) festgelegt, die bis in die 1960er Jahre galten.
1948 wurde die Rassentrennung (Segregation) in den US-Streitkräften von Präsident Harry S. Truman aufgehoben. Die Rassentrennung (u. a. nach dem Grundsatz separate but equal in den Südstaaten praktiziert) wurde in allen zivilen Bereichen der USA 1964 durch den von Präsident Lyndon B. Johnson initiierten Civil Rights Act von 1964 abgeschafft. Trotz großer Fortschritte gibt es bis heute deutlich getrennte „schwarze“ und „weiße“ Wohngebiete.
In vielen Gefängnissen teilen sich die Gefangenen von selbst in Gruppen ein. Die Gefangenen selbst sprechen bei dieser Art der Selektion in „Weiße“, „Schwarze“, „Hispanics“ und weitere von Rassentrennung. Bestimmte Gefängnisteile sind daher oft von einer bestimmten Gruppe kontrolliert.
Südafrika
Die Rassentrennung bestand in Südafrika unter der Bezeichnung Apartheid bis 1990. Frederik Willem de Klerk, der letzte Präsident der National Party, und Nelson Mandela vom African National Congress erhielten gemeinsam den Friedensnobelpreis für die friedliche Aufhebung der Rassentrennung.
Italien
Alltag und Gesellschaft in Italienisch Ostafrika waren von Anfang an von einer Rassenhierarchie geprägt. 1936 nach der Annexion Äthiopiens infolge des Abessinienkrieges entdeckte das faschistische System die "Rassenfrage" und die Rassentrennung wurde mit den Rassengesetzen von 1937 und 1939 sowie dem Mischlingsgesetz von 1940 gesetzlich eingeführt. Ab 1938 folgte eine Reihe von Rassengesetzen und Verordnungen zum Schutz der italienischen Rasse gegen die Juden.[2]
Deutsches Kaiserreich
Ab 1905 erfolgte in den Deutschen Kolonien ein Verbot der „standesamtlichen Eheschließung zwischen Weißen und Eingeborenen“ und außereheliche Sexualbeziehungen wurden von der Gesellschaft geächtet, um die „Verkafferung“ zu unterbinden. 1912 kam es zur Mischehendebatte im deutschen Reichstag.[3] Die Verbote bestanden bis zum Verlust der Kolonien im Ersten Weltkrieg weiter.
Zeit des Nationalsozialismus
Deutschland
1933 trat das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in Kraft. Es war die Grundlage für die Entfernung von Beamten und Angestellten „nicht-arischer“ Abstammung aus dem öffentlichen Dienst. Künftig durften Minderheiten wie Juden, Slawen, Sinti und Roma nicht mehr in den öffentlichen Dienst. Das Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen beschränkte den Zugang „nicht-arischer“ Schüler und Studenten zu den Bildungseinrichtungen; ab 1939 durften jüdische Schüler überhaupt nicht mehr an öffentliche Schulen.[4]
1935 traten die „Nürnberger Gesetze“ in Kraft. Inhalt war das Blutschutzgesetz, das Eheschließung und sexuelle Kontakte mit Staatsangehörigen „deutschen und artverwandten Blutes“ für Juden und später auf dem Verordnungswege auch für „Zigeuner, Neger und Bastarde“ zur „Reinerhaltung des deutschen Blutes“ unter Strafe stellte. Zusätzlich teilte das ebenfalls erlassene Reichsbürgergesetz die deutsche Bevölkerung in Reichsbürger („Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes“) einerseits und in ‚einfache‘ Staatsangehörige (Angehörige „rassefremden Volkstums“) andererseits. Damit wurde ein dreistufiges Rechtssystem geschaffen: Reichsbürger, Staatsangehörige und Ausländer mit jeweils geringeren Rechten.
1938 folgte die Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben, mit der die Juden endgültig aus dem Wirtschaftsleben verdrängt wurden. Zuvor hatten schon gewalttätige Übergriffe und der „Judenboykott“ viele kleinere Händler und Gewerbetreibende zur Aufgabe ihres Unternehmens gezwungen. Die „Arisierung“ der Betriebe begünstigte viele „Arier“. Im selben Jahr wurden reichsdeutsche Juden, nachdem ihnen durch Berufsverbote die freiwillige Aufnahmemöglichkeit von Arbeit eingeschränkt worden war, auch außerhalb des Lagersystems zur Zwangsarbeit in abgegrenzten Gruppen eingesetzt. Dadurch sollte der Auswanderungsdruck auf sie erhöht werden.[5] Mit der Namensänderungsverordnung (Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen vom 17. August 1938, RGBl I, 1044) vom August 1938 wurde Juden vorgeschrieben ab 1939 die zusätzlichen Vornamen Sara oder Israel zu führen. Damit waren Personen, die nach den Rassegesetzen als Juden galten, jederzeit am Vornamen zu erkennen.
1939 erging das Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden, mit dem die Juden aus ihren Mietverhältnissen verdrängt und in Judenhäusern immer beengter untergebracht wurden. Wegen der wirtschaftlichen Diskriminierung und der engen Wohnverhältnisse mussten viele ihren Hausstand zu Billigpreisen an „Arier“ verkaufen.[6] Die schönen Wohnlagen wurden meist zuerst „judenfrei“ gemeldet und auch von Parteifunktionären der NSDAP übernommen.
1941 wurde es durch die Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden im Reichsgebiet zur Pflicht, den „Judenstern“ zu tragen, wenn man als „Jude“ galt. Zuvor war die Regelung schon 1939 im besetzten Polen in Kraft getreten. Die Träger sollten in der Öffentlichkeit jederzeit als „minderwertig“ erkennbar sein.
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Boykott des jüdischen Kaufhaus „Wertheim“ in Berlin, 1933
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Anzeige: „jetzt arisch“
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„freiwillige Versteigerung“ wegen Geschäftsaufgabe (nichtarischer Besitz), Freiburger Zeitung 1939
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Nachbildung antijüdisches Verbotsschild in Karlsruhe, um 1940
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Mahnmal für einen polnischen Zwangsarbeiter in Hamburg-Poppenbüttel
Die slawischen Völker Polens und Russlands galten vielen Deutschen und insbesondere den Nationalsozialisten schon während der Weimarer Republik als „rassisch minderwertig“. Gemäß dem Generalplan Ost sollten sie im Rahmen der Ostexpansion teilweise liquidiert oder als billige Arbeitskräfte für einfache Arbeiten der „arischen Herrenrasse“ dienen. 1940 wurde mit den Polenerlassen (und später mit den noch schärferen Ostarbeitererlassen) ein Sonderrecht geschaffen, das die fremdländischen „Ostarbeiter“ (meist Zwangsarbeiter, die für die Aufrechterhaltung der Kriegsindustrie immer wichtiger wurden) zur Verhinderung der Spionage und der „Rassenschande“ von den Deutschen trennte. Für die polnischen und russischen Ostarbeiter wurden spezielle Kennzeichnungen vorgeschrieben. Es wurden auch spezielle Bordelle für „fremdvölkische Arbeiter“ errichtet, um damit dem sexuellen Kontakt mit „arischen“ Frauen vorzubeugen.[7]
Der Zugang zu Luftschutzbunkern wurde „Ostarbeitern“ und Polen ab 1942 grundsätzlich untersagt.[8] Die Ostarbeiter wurden aus rassischen Gründen deutlich schlechter behandelt und versorgt als die westeuropäischen zwangsverpflichteten „Fremdarbeiter“.[9]
Besetzte Gebiete
Das rassistische Gebot „Nur für Deutsche“ bestimmte während des Zweiten Weltkriegs in vielen von Deutschland besetzten Ländern, dass bestimmte Einrichtungen und Transportmittel Deutschen vorbehalten waren. Schilder waren in Eingängen zu Parks, Cafés, Kinos, Theatern und anderen Einrichtungen angebracht.
Im deutsch besetzten Polen war die Rassentrennung nahezu vollständig. In Straßenbahnen und Zügen war meist der erste Waggon deutschem Verwaltungs- und Militärpersonal, NSDAP-Mitgliedern und deutschen Zivilisten vorbehalten. Auf geheime Anordnung von Reinhard Heydrich an die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD wurde nach Beendigung des Polenfeldzuges mit der als vorübergehend geplanten Konzentration von Juden in abgegrenzten Gebieten der polnischen Städte (später Ghettos genannt) begonnen. Dort sollten sie leichter kontrolliert und zur wirtschaftlichen Ausbeutung als Zwangsarbeiter eingesetzt werden. Ebenfalls konnte dort ihr Vermögen mit dem Ziel der Arisierung systematisch erfasst werden.[10]
Von polnischen Partisanen wurden ungenießbare Alkoholika und giftige Schwarzbrandprodukte „Nur für Deutsche“ genannt. Der Slogan wurde auch auf Friedhofmauern gemalt, oder auf Straßenlaternen als Verweis auf das daran Aufknüpfen.
Siehe auch
- Apartheid (Recht)
- Civil Rights Act von 1875 USA
- Civil Rights Act von 1964 USA
- Marcus Garvey
- Rassismus
- Eugenik
Weblinks
- Deutsches Historisches Museum Die Ausgrenzung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung 1933–1945
- Audio-Feature über die Geschichte der Rassentrennung in USA auf Bayern 2 Radiowissen.de
Einzelnachweise
- ↑ Chines – Exclusion – Immigration Library of Congress, abgerufen 9. Oktober 2014.
- ↑ Aram Mattioli: Das faschistische Italien – ein unbekanntes Apartheidregime. In: Micha Brumlik, Susanne Meinl, Werner Renz (Hrsg.): Gesetzliches Unrecht. Rassistisches Recht im 20. Jahrhundert (= Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust. 2005). Campus, Frankfurt am Main u. a. 2005, ISBN 3-593-37873-6, S. 155–178.
- ↑ Birthe Kundrus: Moderne Imperialisten. Das Kaiserreich im Spiegel seiner Kolonien. Böhlau, Köln u. a. 2003, ISBN 3-412-18702-X, S. 219 ff., (Zugleich: Oldenburg, Universität, Habilitations-Schrift, 2002).
- ↑ Jugend! Deutschland 1918–1945, jüdische Jugend abgerufen 12. September 2014.
- ↑ Götz Aly, Susanne Heim (Hrsg.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland. 1933–1945. Band 2: Susanne Heim: Deutsches Reich 1938 – August 1939. Oldenbourg, München 2009, ISBN 978-3-486-58523-0, S. 50 ff.
- ↑ Renate Hebauf: Gaußstraße 14. Ein „Ghettohaus“ in Frankfurt am Main. Die Geschichte eines Hauses und seiner jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner zwischen 1912 und 1945. CoCon-Verlag, Hanau 2010, ISBN 978-3-937774-93-0, S. 73 ff.
- ↑ Michaela Freund-Widder: Frauen unter Kontrolle. Prostitution und ihre staatliche Bekämpfung in Hamburg vom Ende des Kaiserreichs bis zu den Anfängen der Bundesrepublik (= Geschlecht – Kultur – Gesellschaft. 8). Lit, Münster 2003, ISBN 3-8258-5173-7, S. 174 ff. (Zugleich: Hamburg, Universität, Dissertation, 2000).
- ↑ Michael Foedrowitz: Bunkerwelten. Luftschutzanlagen in Norddeutschland. Ch. Links, Berlin 1998, ISBN 3-86153-155-0, S. 119 ff.
- ↑ Ute Vergin: Die nationalsozialistische Arbeitseinsatzverwaltung und ihre Funktionen beim Fremdarbeiter(innen)einsatz während des Zweiten Weltkriegs. Osnabrück 2008, S. 426 ff. (Osnabrück, Universität, Dissertation, 2008; Volltext (PDF; 3,43 MB)).
- ↑ deathcamp.org: Ghettos, abgerufen 22. Februar 2015.