Schloss Dammsmühle

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Schloss Dammsmühle
Nordostseite des Schlosses über den Mühlenteich

Nordostseite des Schlosses über den Mühlenteich

Daten
Ort Schönwalde
Baumeister Erdmann & Spindler
Baujahr 1896 (auf heutigem Grundriss)
Koordinaten 52° 41′ 38″ N, 13° 24′ 27″ OKoordinaten: 52° 41′ 38″ N, 13° 24′ 27″ O
Schloss Dammsmühle (Brandenburg)
Schloss Dammsmühle (Brandenburg)

Schloss Dammsmühle ist ein neobarockes Herrenhaus mit einer 28 Hektar großen umgebenden Fläche im Landkreis Barnim des Landes Brandenburg. Es befindet sich auf dem Gebiet des Ortes Schönwalde der Gemeinde Wandlitz.

Geschichte

Am Standort des heutigen Schlosses Dammsmühle befand sich schon im 16. Jahrhundert eine Mühle, die wahrscheinlich dem Zisterzienserkloster Lehnin gehörte, das seit dem 14./15. Jahrhundert im Besitz der Ländereien dieser Gegend war. Beim Bau einer neuen Mühle Mitte des 18. Jahrhunderts stießen die Bauleute auf Mühlsteine jener Zeit, die Spuren eines Brandes trugen. Um das Jahr 1650 befand sich an Stelle der Zisterziensermühle ein im Auftrag des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm errichtetes Jagdhaus.[1]

1912 verschickte Ansichtskarte mit Schloss und Scheinmoschee

Das Gelände der früheren Mühle wurde 1755 von dem Berliner Lederfabrikanten Peter Friedrich Damm erworben, der das Alleinrecht besaß, die königlich preußische Armee mit Uniformteilen aus Sämischleder zu versorgen. Er errichtete das Gebäude des Schlosses Dammsmühle 1768 als zweigeschossiges Palais in einem Waldstück des Barnim, westlich des Dorfes Schönwalde in der Nähe des Mühlenbecker Sees. Königin Elisabeth Christine, die Gattin Friedrich II. soll sich dort mehrmals aufgehalten haben. Entsprechend der Mode der Rokoko-Zeit besaß das Schloss im Obergeschoss einen Theatersaal. Nach dem Tod Damms verfiel das Gebäude, weil es keinen Erben gab. Bei einer Zwangsversteigerung 1894 erwarb Leutnant Adolf Wollank das Anwesen und baute es zu einem Herrensitz aus. Er ließ das Gebäude vom Architekturbüro Erdmann & Spindler aus Berlin in neobarockem Stil umbauen, aufstocken, mit einem Anbau versehen und einen Turm mit Zwiebelhaube hinzufügen.[2] Auf einer künstlichen Insel im Mühlteich ließ er ein Gebäude in Gestalt einer Moschee errichten, in dessen Inneren sich ein großer Tanzsaal befand.

Nach dem Tod Adolf Wollanks am 27. April 1915 verwaltete sein Bruder Otto Wollank das Schloss, das nun nach seinem Erbauer Dammsmühle genannt wurde. Adolf Wollank wurde auf dem Gelände des Schlosses in dem von ihm in Auftrag gegebenen Hubertuspavillon gegenüber dem Schlossgebäude beigesetzt. Der Pavillon ist heute nicht mehr vorhanden.[3] Nach der Familie Wollank ist die Wollankstraße im Berliner Stadtbezirk Pankow benannt. Das Schloss wurde 1919 an den Kaufmann Hermann Zirkel aus Zehlendorf veräußert.

Zehn Jahre später, im Jahre 1929 erwarb der Brite Harry Goodwin Hart, damals Direktor von Unilever, das Grundstück. Nachdem Hart mit seiner jüdischen Frau Deutschland im Jahre 1938 verlassen musste, wurde er 1940 enteignet. Nun gelangte das Schloss in den Besitz von Heinrich Himmler. Von Januar bis Juli 1943 wurden 20 bis 25 Häftlinge aus dem KZ Sachsenhausen für Bau- und Instandhaltungsmaßnahmen eingesetzt.[4] Kurz vor Kriegsende schlug hier der Kommandeur der Berlin verteidigenden Wehrmachts-Heeresgruppe „Weichsel“, Generaloberst Gotthard Heinrici, sein Hauptquartier auf.

Inneneinrichtung im Februar 1990

Nach dem Kriegsende 1945 wurde es von der Roten Armee besetzt. 1959 übernahm das Ministerium für Staatssicherheit der DDR das Haus und nutzte es bis 1989 als Jagdschloss. In dieser Zeit wurde es umgebaut, unter anderem wurde 1968 das bestehende Mansarddach durch ein Vollgeschoss ersetzt. Nach der deutsch-deutschen Wiedervereinigung diente das Schloss kurzzeitig als Hotel.

Im Jahre 1997 erhielten die Erben von Harry Goodwin Hart das Grundstück zurück übertragen, die das Anwesen wieder verkauften. Das Schloss verfiel durch den jahrelangen Leerstand.

Im Jahre 2000 wurde das Areal von einem Berliner Konzertveranstalter bis Oktober 2003 für Open-Air-Konzerte unterschiedlicher Genres genutzt, welche jährlich zirka 30.000 Konzertgänger aus dem bundesweiten Raum anzog und somit den Bekanntheitsgrad des Areals steigerte. 2003 fand dort das Freiluft-Musikfestival Nation of Gondwana statt.[5] Das vorgesehene Konzept, Schloss Dammsmühle zu einer Veranstaltungs- und Naherholungsstätte auszubauen, wurde letztendlich nicht verwirklicht. Das Gelände war somit dem weiteren Verfall, Vandalismusschäden und illegalen Müllablagerungen ausgesetzt.

Parkseite

Im Jahr 2008 ging das Anwesen an die Schlossgut Dammsmühle Management GmbH, die das Gelände als Kulturerlebniswelt mit freiem Zugang durch die Öffentlichkeit ausbauen wollte. Diese Gesellschaft schloss bereits im Folgejahr einen langfristigen Pachtvertrag mit dem Privatmann Gerd Matern. Matern begann nun tatsächlich mit einer schrittweisen Umgestaltung des Schlosses und des Parks. Dazu wurden seit dem Frühsommer 2009 zahlreiche Veranstaltungen vor Ort organisiert wie ein Schloss-Biergarten-Brunch, ein 3-Seen-Lauf für Jedermann rund um den Mühlenteich, eine Oldtimer-Show mit Rockkonzert, ein Spukfest usw. Darüber hinaus war die Wiederbelebung der Badetradition, auch in den Räumen des Schlosses, die Einrichtung eines Gourmetrestaurants, eines Nachtlokals und eines Cafés in der ehemaligen Kegelbahn geplant.[6] Inzwischen hat die Betreibergesellschaft ihre Aktivitäten jedoch wieder eingestellt.

Chronik

Chronologische Abfolge der Schlossgeschichte:[7]

  • 1650 Jagdhaus des Großen Kurfürsten an der Stelle des heutigen Schlosses
  • 1746 Der Soldat Knape beantragt den Bau einer Mühle
  • 1747 Müller Grüwel (Mönchmühle) erhält statt Knape die Genehmigung zum Bau
  • 1753 Schönwalde wird gegründet
  • 1755 Fabrikant Damm erwirbt die wenige Jahre vorher errichtete "Neue Mühle" vom verschuldeten Grüwel
  • 1776 Nach dem Tod von Damm bleibt seine Witwe bis 1802 die Eigentümerin
  • 1805 Dammsmühle fällt einem Brand zum Opfer
  • 1812 Napoleon logiert, anlässlich der Inspektion eines neuen Regiments auf dem Mühlenbecker Amtshof, in Dammsmühle
  • 1824 Verkauf an den Londoner Kaufmann Heese
  • 1832 Neuer Eigentümer J.J.TH. Schaeffer
  • 1840 Friedrich Wilhelm IV lehnt ein Angebot zum Kauf ab; Dammsmühle verkommt um 1890 zum Vergnügungslokal
  • 1894 Nach dem Kauf durch Leutnant Adolf Wollank erhält der Herrensitz seine heutige Grundgestalt durch Errichtung eines zweiten Hauses und die Verbindung in Gestalt eines Turms; Bau eines schwimmenden Pavillons in orientalischem Stil
  • 1910 Treffen Wilhelms II. mit Zar Nikolaus II. in Dammsmühle
  • 1915 Nach dem Tode Wollanks verwaltet dessen Bruder Otto von Wollank Schloss Dammsmühle
  • 1919 Kaufmann Herrmann Zirkel erwirbt das Anwesen
  • 1929 Dammsmühle wird Drehort: die Ariel-Film GmbH dreht "Sein bester Freund" mit Hauptdarsteller Harry Piel
  • 1929 Der Direktor des britischen Seifenkonzerns Unilever, Harry Goodwin Hart, erwirbt das Objekt
  • 1938 Hart muss mit seiner Frau Deutschland verlassen
  • 1940 Nach Einziehung des Geländes als "feindliches Vermögen" durch das NS-Regime untersteht es offiziell dem Reichsführer der SS, Heinrich Himmler. Ob er je vor Ort war, ist nicht bekannt.
  • 1943 Arbeitseinsatz von insgesamt 25 männlichen Häftlingen zwischen dem 2.1. und 3.7. in dem zu dieser Zeit als Außenlager des KZ Sachsenhausen zählenden "Objekt 1091". Nach Berichten Betroffener galt das Außenkommando als vergleichsweise kleines Übel
  • 1945 Die Rote Armee besetzt Dammsmühle; zunächst als Lazarett genutzt, wird das Gebäude später Erholungsheim und Casino für sowjetische Offiziere
  • 1951 Nach Übergabe an die deutschen Behörden dient das Objekt als Bildungsstätte, Erholungsheim und Pionierlager
  • 1958 Verwaltungshoheit des Rates der Gemeinde Schönwalde über Dammsmühle
  • 1959 Die Stasi bemächtigt sich des Schlosses; es dient ihr unter anderem als Gästehaus
  • 1968 Größere Umbauten am Schloss bis 1978: Vollgeschoss mit Dachgarten statt des Mansardendaches; Bau unterirdischer Bunker auf dem Gelände
  • 1989 Die Wende beendet die Anwesenheit der Stasi auf Dammsmühle
  • 1991 Kulisse für den WDR-Mehrteiler "Haus am See" mit Hildegard Knef, Anita Kupsch, Ursela Monn u. a.
  • 2008 Nach verschiedenen Zwischennutzungen und anschließendem Verfall wird Schloss Dammsmühle als Ort für Freizeitaktivitäten gestaltet. Die Betreiberfirma Dammsmühle Management GmbH muss später Insolvenz anmelden.

Filmkulisse

Das malerische Anwesen diente vor seinem Verfall mehrmals als Filmkulisse. Folgende Filme wurden hier gedreht:

Literatur

  • Gerhard Zirke: Dammsmühle. Commerz, Politik, Frivoles im Haus am See. Brandenburgisches Verlagshaus 1992
  • Horst Hup, Maria Müller, Inge Jahnke: Ein Schloß in der Mark – Erinnerungen an Dammsmühle. 4. überarbeitete Auflage der Chronik von Dammsmühle. Druckhaus Berlin-Mitte, 1993.
  • Sonja Wüsten, Märkische Miniaturen, Das Neue Berlin Verlagsgesellschaft mbH 2001, ISBN 3-360-00968-1
  • Claus-Dieter Steyer: Das vergessene Märchenschloss. In: Der Tagesspiegel, 2. Mai 2004; zur Geschichte des Schlosses
Commons: Schloss Dammsmühle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Horst Hup, Maria Müller, Inge Jahnke: Ein Schloß in der Mark – Erinnerungen an Dammsmühle. 4. überarbeitete Auflage. 1993, S. 5
  2. Horst Hup, Maria Müller, Inge Jahnke: Ein Schloß in der Mark – Erinnerungen an Dammsmühle. 4. überarbeitete Auflage. 1993, S. 25, 32
  3. Schönwalder Journal – Bürgerzeitung von Schönwalde, 12. Jahrgang 2008, S. 30
  4. Wolfgang Benz, Barbara Distel, Angelika Königseder: Der Ort des Terrors: Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 3 – Sachsenhausen, Buchenwald, C. H. Beck, München 2006, ISBN 9783406529634, S. 141–143
  5. RICHARD ROTHER: Techno-Insider fliehen zum Outdoor-Tänzchen. In: Die Tageszeitung: taz. 14. Juli 2003, ISSN 0931-9085, S. 21 (taz.de [abgerufen am 20. Juni 2018]).
  6. Wandlitz. Bürger- und Besucherinformation 2009/2010. Ausflug zu „Mielkes Badewanne“, S. 18ff
  7. offiziellen Webseite der aufgelösten Dammsmühle Management GmbH, abgerufen am 3. August 2015