Licínio Azevedo

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 12. April 2023 um 06:49 Uhr durch Atirador (Diskussion | Beiträge) (typo). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Licínio Silveira Azevedo, auch Licínio de Azevedo (geboren am 27. Mai 1951 in Novo Hamburgo, Brasilien[1]) ist ein brasilianischer Journalist, Schriftsteller, Drehbuchautor, Regisseur und Filmemacher. Azevedo lebt seit 1978, wo er zunächst als Schriftsteller und Drehbuchautor bekannt wurde. Seit Anfang der 1990er widmet sich Azevedo vor allem der Produktion von Dokumentarfilmen und gehört zu den führenden Filmemachern Mosambiks.

Azevedos auf gleichnamigen Roman basierender Film Comboio de sal e açúcar lief bei der Oscar-Verleihung 2018 in der Kategorie „Bester ausländischer Film“ und war damit der erste mosambikanischen Beitrag überhaupt, der bei den Academy Awards eingereicht wurde.[1]

Leben

Ausbildung und Wirken in Brasilien

Licínio Azevedo wurde 1951 in Novo Hamburgo, bei Porto Alegre im Süden Brasiliens, geboren. Später studierte er in Porto Alegre am Colégio Júlio de Castilhos und absolvierte ein Jahr Jura. Später wechselte zu Journalismus und schloss sein Studium 1975 an der PUCRS ab. Noch während seines Studiums begann er als Kriminalreporter bei Zero Hora zu arbeiten, er wechselte später zur Folha da Manhã. Er recherchierte über den Polizeichef Pedro Selling, den Leiter der Geheimpolizei DOPS, dem Folter und Mord vorgeworfen wurde, und wurde so zur Zielscheibe polizeilicher Repression, woraufhin er Rio Grande do Sul verließ.[1]

In der Zeit unternahm Azevedo dutzenden Reisen durch Südamerikas und berichtete über die Freiheitsbewegungen in Ländern wie Nicaragua, Bolivien, Uruguay, Argentinien und Mexiko. Er engagierte sich in den Studentenbewegungen der 1960er Jahre und war als Journalist für verschiedene regimekritische Zeitungen tätig, u.a. Versus, Movimento, Repórter, Opinião, sowie Coojornal.[2]

Aufenthalt in Guinea-Bissau

1975 entschied sich Azevedo die gerade von Portugal unabhängig geworden afrikanischen Kolonien zu bereisen, um die Unabhängigkeitsprozesse zu verfolgen. Er zog 1975 nach Lissabon mit dem Ziel, nach Angola weiter zu gehen, erhielt jedoch kein Visum.

Durch einen Kontakt zu seiner damaligen Lebensgefährtin Maria da Paz Tréfaut, der Tochter von Miguel Urbano Rodrigues (Leiter von O Diário, einer PCP-nahen Zeitung), reiste er jedoch nach Guinea-Bissau, wo er zwei Jahre blieb und unter anderem bei Nô Pintcha Journalisten ausbildete. Parallel sammelte er Kriegsgeschichten ehemaliger PAIGC-Kämpfer, auf deren Grundlage er fiktive Erzählungen schuf, die er unter dem Tiitel Diário da Libertação veröffentlichte.[2]

Schriftsteller und Drehbuchautor in Mosambik

Über seine Veröffentlichung kam Azevedo in Kontakt mit dem mosambikanisch-brasilianischen Regisseur Ruy Guerra, der ihn umwarb beim Aufbau des mosambikanischen Films zu unterstützten. Er zog 1978 nach Maputo und begann dort am Instituto Nacional de Cinema als Produktionsassistent und Drehbuchautor tätig zu sein, u.a. für Ruy Guerra wie Jean-Luc Godard. Azevedo blieb auch nach Ausbruch des Bürgerkrieges in dem Land.[2]

Später besuchte er den Norden Mosambiks, an der Grenze zu Tansania, die ersten von der FRELIMO „befreiten Gebiete“. Er blieb drei Monate, um Informationen für ein Drehbuch zu sammeln. Unter anderem schrieb Azevedo dort den Roman Relatos de um povo armado, der 1985 als O Tempo dos Leopardos im Rahmen einer mosambikanisch-jugoslaswischen Koproduktion verfilmt wurde.

Zusammen mit Luís Patraquim produzierte er Texte für Dokumentarfilme und recherchierte nicht nur in Mosambik, sondern auch in Angola. Er schrieb auch mehrere Bücher, darunter Coração Forte mit Geschichten aus dem Kolonialkrieg.

Filmisches Schaffen

Das staatliche Instituto de Comunicação Social warb Azevedo für die Produktion einer Fernsehendung namens Canal Zero an. Zusammen mit dem von ihm aufgebauten Team produzierte er dutzenden 10-minütige Dokumentarfilme über Mosambik.[2]

Nach dem Ende des Fernsehprojekts, fünf Jahre später, gelang es Azevedo im Filmbereich zu bleiben und als Regisseur zu arbeiten. Gemeinsam mit Camilo de Sousa, Pedro Pimenta, Isabel Noronha und Sol de Carvalho gründete er 1991 Ebano, bis heute bedeutendes Filmproduktionsunternehmen Mosambiks. Er produzierte seitdem mehr als 40 Dokumentarfilme.[2]

Sein Roman Comboio de sal e açúcar (1997), der im Bürgerkrieg in Mosambik spielt, wurde von ihm verfilmt und 2016 auf dem Filmfestival von Locarno gezeigt. Der Film lief bei der Oscar-Verleihung 2018 in der Kategorie „Bester ausländischer Film“ und war damit der erste mosambikanischen Beitrag überhaupt, der bei den Academy Awards eingereicht wurdee. Ein weiterer wichtiger Moment in seiner Karriere war die Veröffentlichung von Acampamento de desminagem (2005), einem Dokumentarfilme über die Folgen des mosambikanischen Bürgerkriegs.[1]

Werke

Bücher

  • 1977: Diário da Libertação
  • 1980/83: Relatos do Povo Armado (zwei Bände)
  • 1995: Coração Forte
  • 1997: Comboio de sal e açúcar

Filme

  • 1988: A Colheita do Diabo (Langfilm, Fiktion)
  • 1990: Marracuene (Kurzfilm, Dokumentation)
  • 1992: Adeus RDA (Kurzfilm, Dokufiktion)
  • 1995: A árvore dos Antepassados (Langfilm, Fiktion)
  • 1996: A Guerra da Água (Langfilm, Dokumentation)
  • 1997: Tchuma tchato (Dokumentation, Langfilm)
  • 1998: A Colheita do Diabo (Langfilm, Fiktion)
  • 1998: As Pitas (Langfilm, Fiktion)
  • 1998: Massassani Afela Kwhatini. O homem bom morre longe de casa (Kurzfilm, Dokumentation)
  • 1999: A Última Prostituta (Langfilm,Dokufiktion)
  • 2001: A Ponte (Langfilm, Dokumentation)
  • 2001: The Bridge (Langfilm, Dokumentation)
  • 2002: Desobediência (Langfilm, Dokufiktion)
  • 2002: Night Stop (Langfilm, Dokumentation)
  • 2003: Mãos de Barro (Langfilm, Dokumentation)
  • 2005: The Demining Camp (Langfilm, Dokumentation)
  • 2006: O Grande Bazar (Langfilm, Fiktion)
  • 2007: Hóspedes da Noite (Langfilm, Fiktion)
  • 2007: Ilha dos Espíritos (Langfilm, Dokumentation)
  • 2012: Virgem Margarida (Langfilm, Fiktion)
  • 2016: Comboio de Sal e Açúcar (Langfilm, Fiktion)

Literatur

  • Ana Cristina Pereira, Rosa Cabecinhas: “Um país sem imagem é um país sem memória…” – Entrevista com Licinio Azevedo. In: Estudos Ibero-Americanos. Band 42, Nr. 3, 24. November 2016, ISSN 1980-864X, S. 1026–1047, doi:10.15448/1980-864X.2016.3.22989 (pucrs.br [abgerufen am 12. April 2023]).

Einzelnachweise

  1. a b c d Licínio Azevedo, um gaúcho filmando na África - Matinal Jornalismo. In: Matinal. 26. November 2022, abgerufen am 12. April 2023 (brasilianisches Portugiesisch).
  2. a b c d e Manuel Hapern: Licínio de Azevedo. O pai do cinema moçambicano. In: Ibermedia Digital. 11. Januar 2019, abgerufen am 12. April 2023 (portugiesisch).