Siemens & Halske Sh 14

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Siemens Sh 14 verbaut an einer Focke-Wulf Fw 44

Der Siemens-Halske Sh 14 ist ein luftgekühlter Siebenzylinder-Sternmotor der von Siemens & Halske in den 1920er Jahren Entwickelt wurde. Ab dem Jahre 1928 startete die Serienproduktion. Durch Umfirmierungen und Abgabe von Rechten zum Lizenzbau ins Ausland wurde der Motor im Laufe der Zeit unter unterschiedlichen Namen vermarktet. Ursprünglich war er für den Einbau in Schul- und Übungsflugzeugen vorgesehen, wurde aber auch in Versuchsflugzeugen eingesetzt. Während seiner Produktionszeit war er der einzige Großserien-Sternmotor aus deutscher Produktion in der Leistungsklasse unter 300 kW (400 PS). Einige berühmte Piloten der damaligen Zeit nahmen mit diesem Motortyp an zahlreichen nationalen und internationalen Wettbewerben teil. Heute sind nur noch verhältnismäßig wenige dieser Motoren in flugfähigem Zustand erhalten. Der Betrieb und die Instandhaltung des Motors ist, verglichen mit moderneren Flugmotoren, aufwändig.

Namensgebung

Betriebshandbuch des Motors aus dem Jahre 1937

Im Jahre 1912 entschloss sich das Unternehmen Siemens in den Flugmotorenbau einzutreten. Im Jahre 1926 wurde der Flugmotorenbau als selbstständiges Werk unter dem Namen Siemens Flugmotorenwerk aufgestellt, unter dessen Ägide der Motor als Siemens-Halske Sh 14 auf den Markt kam. Unter dem Druck der Luftwaffe der Wehrmacht, welche mit der Abwicklung der Großaufträge unzufrieden war, wurde das Unternehmen Siemens Apparate und Maschinen G.m.b.H. (SAM) gegründet. Fortan erschien der Motor auch unter dem Namen SAM 314. Die Siemens Apparate und Maschinen G.m.b.H. existierte jedoch nur kurze Zeit. Der Druck zur Erweiterung der Produktionskapazität auf geheiß der Luftwaffe stieg derart an, dass dies der zuständige Geschäftsführer Carl Friedrich von Siemens nicht glaubte verantworten zu können. Nach langen Verhandlungen wurde das gesamte Unternehmen an die Behörde verkauft und firmierte im Jahr 1936 zu den Brandenburgischen Motorenwerken (BRAMO) um. Fortan wurde der Motor als BRAMO Sh 14 A oder BRAMO Sh 14 A4 produziert. Nur zwei Jahre später verlangte das Reichsluftfahrtministerium die Bemühungen um den Bau von luftgekühlten Sternmotoren weiter zu bündeln. Es enstand ein Entwicklungsvertrag zwischen BMW und BRAMO und im Juni 1939 gingen die Brandenburgischen Motorenwerke in den Besitz der BMW-Flugmotorenwerke GmbH in München über. Fortan wurde das Unternehmen als BMW-Flugmotorenwerke Brandenburg GmbH geführt. Der Sh 14 erschien daraufhin auch als BMW-Bramo oder BMW Sh 14 in der Literatur. Auch kombinationen aus den verschiedenen Namen erscheinen in der Literatur. So wird der Motor im Flugzeugtypenbuch 1939/40 unter dem Hersteller BMW Flugmotorenwerke Brandenburg GmbH als Bramo Sh 14 A4 gelistet. Auch die Namenskonvention bezüglich Sh 14 ist nicht einheitlich. Die Bezeichnung Sh 14, Sh 14 A oder Sh 14 A4 variiert scheinbar ohne festes Muster mit und ohne Leerzeichen an verschiedenen Stellen der Abkürzung. Viele unterschiedliche Kombinationen können vorgefunden werden.[1][2][3]

Allgemeine Beschreibung

Sh 14 an einem Flugzeugrumpf
Prinzipbild des Kurbel- & Ventiltriebs mit Zylindern

Der Sh 14 ist ein lufgekühlter Vergasermotor, dessen sieben Zylinder sternförmig um die Kurbelwelle herum angeordnet sind. Es handelt sich um einen Sternmotor der von Siemens & Halske entwickelt wurde. Die Kurbelwelle ist nur einmal geröpft und nimmt das Hauptpleuel auf, an dem sechs Nebenpleuel befestigt sind. Die Ventile sind im Zylinder hängend angeordnet und werden durch eine in auf der Kurbelwelle laufende Nockentrommel, Stößel und Kipphebel betätigt. Es ist vorgesehen den Motor sowohl als Zug, als auch als Druckmotor verwenden zu können. Dies ermöglicht ein drittes Kurbelwellenlager im vorderen Motordeckel, welches sowohl Zug- als auch Druckkräfte aufnehmen kann. Wird der Motor als Zugmotor verwendet, dreht er in Flugrichtung rechts herum. Im Druckbetrieb dreht er folglich links herum.[4]

Der Hubraum des Motors beträgt 7,7 Liter und war in zwei Verdichtungsverhältnissen lieferbar. Die Variante mit einem Verdichtungsverhältnis von 6:1 verleiht dem Motor 119 kW (160 PS) Leistung und muss mit einem Kraftstoff betrieben werden der eine Mindestoktanzahl von 80 aufweist. Bei diesem Kraftstoff handelte es sich früher um ein Benzin-Benzol-Gemisch oder um Benzin, welches mit Tetraethylblei versetzt war. Die Variante mit einem Verdichtungsverhältnis von 5,3:1 liefert nur 112 kW (150 PS), konnte aber dafür mit dem damals üblichen Flugbenzin betrieben werden, welches nur über 74 Oktan verfügte. Die Verdichtungsunterschiede im Motor wurden einzig durch unterschiedliche Bauformen des Kolbens erreicht. Bei der Verdichtung mit 6:1 ergibt sich eine Literleistung von 15,66 kW/Liter (21 PS/Liter).

Mit der Verdichtung von 6:1 darf der Motor kurzzeitig 119 kW (160 PS) bei 2200 U/min liefern. Die sogenannte erhöhte Dauerleistung beträgt 108 kW (145 PS) bei 2140 U/min und die Dauerleistung ist mit 95 kW (128 PS) bei 2050 U/min. Im Betrieb mit dem Verdichtungsverhältnis 5,3:1 ändern sich die Kurzleistung, erhöhte Dauerleistung und Dauerleistung auf 112 kW (150 PS), 100 kW (135 PS) und 89 kW (120 PS).[5]

Der Motor wiegt rund 135 kg und hat einen Durchmesser von 936 mm. Seine Länge beträgt, gemessen vom hinten gelegenen Ansaugrohr des Vergasers bs zum vorderen Kurbelwellenschaft, 839 mm. Sein Leistungsgewicht beträgt in der Variante mit einem Verdichtungsverhältnis vom 6:1 folglich 0,63 kW/kg (0,84 kg/PS).[6]

Der spezifische Kraftstoffverbrauch ist mit 220 bis 240 g/PSh angegeben. Bei einer Dauerleistung von 128 PS, einem angenommenen spezifischen Kraftstoffverbrauch von 230 g/PSh und der Dichte des Kraftstoffs von 0,75 kg/Liter ergäbe sich daraus ein Kraftstoffverbrauch von 39,25 Liter pro Stunde.[7] Im realen Betrieb liegen die Verbräuche je nach Flugzeugmuster, Ausführug und Beanspruchung des Motors zwischen 31 und 40 Litern pro Stunde.

Als Motoröle waren seinerzeit Stanavo und AeroShell 120 empfohlen. Für die Stellen, die mit Fett abzuschmieren waren, wurde Shell Kipphebelfett GR, Gargoyle Compond Nr. 3 oder Stanavo Lubricant 1000 empfohlen. Das Handbuch empfiehlt alle unbekannten Ölsorten nicht zu verwenden und sich auf den Verbrauch der guten Markenöle zu beschränken.[8] Der Ölverbrauch des Motors wird in der Literatur sehr unterschiedlich angegeben. So wirbt das Prospekt der Siemens Apparate und Maschinen GmbH im Jahre 1934 mit einem Ölverbrauch von 5–8 g/PSh. Die Betriebsvorschrift des Herstellers gibt im Jahre 1936 einen Ölverbrauch von 3–12 g/PSh an. Die Brandenburgischen Motorenwerke nennen in einem Werbeprospekt von 1938 einen Ölverbrauch von 0,5–1,95 l/std. Im Gegensatz zur Betriebsvorschrift nennt das Betriebhandbuch in der 2. Auflage, je nach Ausgabejahr wahlweise 3–12 g/PSh oder 0,5–1,95 l/std.[9][10][11]

Heutige Bedeutung

Die Flugzeuge, die mit dem Sh 14 ausgerüstet wurden, sind heute genauso selten wie der Motor selbst. Daher wird bei Restaurierungen von historischen Flugzeugen heute bereits auf andere Motoren mit ähnlichen Leistungsdaten zurückgegriffen, da praktisch keine Sh-14-Motoren mehr auf dem freien Markt verfügbar sind. Flugzeuge wie die Focke-Wulf Stieglitz mit Originalmotor sind daher heute auf Flugschauen gern gesehene Gäste.

Bauart

Der Sh 14 arbeitet nach dem 4-Takt-Prinzip. Die Zylinder sind aus Stahl gefertigt; Zylinderköpfe und Kolben bestehen aus einer Aluminiumlegierung. Die zwei Ventile je Zylinder werden von einer Nockentrommel im Kurbelgehäuse über Stoßstangen und Kipphebel gesteuert. Die hohle Kurbelwelle ist mehrteilig ausgeführt. Das Kurbelgehäuse aus Aluminiumguss ist vierteilig. An der Rückseite des Motors befinden sich die beiden Bosch-Zündmagnete für die Doppelzündung sowie die beiden Vergaser der Berliner Firma SUM.

Technische Daten Sh 14 A-4

Abmessungen:

  • Zylinderzahl: 7
  • Bohrung: 108 mm
  • Hub: 120 mm
  • Hub / Bohrung: 1,11
  • Zylinderhubraum: 1,12 l
  • Gesamthubraum: 7,84 l (7,7 l bei Sh 14 A)
  • Verdichtungsverhältnis: 6,0 (5,3 bei Sh 14 A)

Einbaumaße:

  • Länge, gr (ohne Nabe): 1008 mm
  • Durchmesser, gr.: 936 mm

Kraftstoff:

  • Oktanzahl mind.: 80
  • Kraftstoffdruck 0,1–0,3 bar

Schmierstoff:

  • Sommer / Winter: Aero-Shell mittel oder Stanavo 120
  • Schmierstoffdruck: 2–4 bar
  • Eintrittstemperatur: 65 °C
  • Austrittstemperatur: 100 °C

Gewichte:

  • Trockengewicht: 135 kg

Leistung und Verbrauch am Boden (Sh 14 A-4):

Leistung für 5 Minuten 30 Minuten Dauer
Leistung in PS 160 145 128
Drehzahl in 1/min    2200 2140 2050
Kraftstoffverbrauch in g/PSh    235 237 244
Schmierstoffverbrauch in g/PSh    3–12 3–12 3–12


Weitere Eckdaten:

Anbaugeräte und Zündkerzen

Vergaser Zündapparat Zündkerzen Anlasser Förderpumpe
Hersteller SUM Bosch Siemens Bramo DBU
Baumuster    438a und 439a JF 7 ARS 10 F 18 KM 3/0,45
Anzahl     2 2 2 je Zyl. 1 2

Literatur

  • Flugzeug Typenbuch Handbuch der Deutschen Luftfahrt- und Zubehör-Industrie Jahrgang 1939/40. (Nachdruck) ISBN 3-8112-0627-3.
  • Handbuch Fliegen lernen! Mit Anhängen A. Schul-, Übungs-, Reise-, und Mehrzweck-Flugzeuge B. Die wichtigsten Flugmotoren für Schul- und Übungsflugzeuge. Herausgegeben und zusammengestellt unter Mitwirkung des RLM 1941.
  • Magazin Flugzeug Classic, Ausgabe Januar 2009
Commons: Siemens-Halske Sh 14 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Siemens Jahrbuch 1928: "Flugzeugmotoren der Siemens & Halske AG" E. Becker, Regierungsbaumeister a.D. auf bungartz.nl, abgerufen am . 29. Februar 2024
  2. Der Weg der Elektrotechnik, Geschichte des Hauses Siemens, Band II auf bungartz.nl, abgerufen am . 29. Februar 2024
  3. Flugzeug Typenbuch Handbuch der Deutschen Luftfahrt- und Zubehör-Industrie Jahrgang 1939/40. (Nachdruck) ISBN 3-8112-0627-3, Seite 173
  4. FLUGMOTOR BRAMO Sh 14 A4, Betriebshandbuch, 2. Auflage, Brandenburgische Motorenwerke Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Berlin Spandau, BRAMO 1.2000.6.37, Luftfahrt-Archiv Hafner, D-71638 Ludwigsburg, Seite 1
  5. FLUGMOTOR Sh 14 A4, Betriebsvorschriften, Brandenburgische Motorenwerke Gesellschaft mit beschränkter Haftung, BRAMO 23. 3000. 9.36, Luftfahrt-Archiv Hafner, D-71638 Ludwigsburg, 2005, Seiten 5–7
  6. Werbeprospekt: Flugmotor Sh 14 A4, Brandenburgische Motorenwerke Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Berlin Spandau, BRAMO 12.1000.12.38., Luftfahrt-Archiv Hafner, D-71638 Ludwigsburg, 2005, Seite 6–8
  7. Werbeprospekt: Sh14A, Siemens Apparate und Maschinen GmbH Flugmotorenwerk, Berlin Spandau, SAM1 3.34.5., Luftfahrt-Archiv Hafner, D-71638 Ludwigsburg, 2007, Seite 6
  8. FLUGMOTOR BRAMO Sh 14 A4, Betriebshandbuch, 2. Auflage, Brandenburgische Motorenwerke Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Berlin Spandau, BRAMO 1.2000.6.37, Luftfahrt-Archiv Hafner, D-71638 Ludwigsburg, Abschnitt C3
  9. FLUGMOTOR Sh 14 A4, Betriebsvorschriften, Brandenburgische Motorenwerke Gesellschaft mit beschränkter Haftung, BRAMO 23. 3000. 9.36, Luftfahrt-Archiv Hafner, D-71638 Ludwigsburg, 2005, Seite 7
  10. Werbeprospekt: Flugmotor Sh 14 A4, Brandenburgische Motorenwerke Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Berlin Spandau, BRAMO 12.1000.12.38., Luftfahrt-Archiv Hafner, D-71638 Ludwigsburg, 2005, Seite 7
  11. Werbeprospekt: Sh14A, Siemens Apparate und Maschinen GmbH Flugmotorenwerk, Berlin Spandau, SAM1 3.34.5., Luftfahrt-Archiv Hafner, D-71638 Ludwigsburg, 2007, Seite 6