Timmel

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 25. April 2011 um 21:49 Uhr durch H.Schoon (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Vorlage:Infobox Ortsteil einer Gemeinde

Timmel ist ein Ortsteil der Gemeinde Großefehn im Landkreis Aurich in Ostfriesland und liegt auf einer Geestinsel inmitten weiter Niederungsgebiete und Hochmoore. Bis ins 19. Jahrhundert war der Ort insbesondere im Winter weitgehend von seiner Umgebung abgeschnitten.

Geschichte

Frühes Mittelalter

Archäologische Ausgrabungen der Ostfriesischen Landschaft förderten im Ostteil Timmels Überreste von sieben Häusern und weitere Funde zu Tage, die die Ursprünge Timmels um das Jahr 700 datieren. Es wurde der Nachweis einer Siedlung erbracht, die bis um das Jahr 900 bestanden hatte. Danach wurde die Siedlung an anderer Stelle im Ortsbereich verlagert.[1]

Der Ort wurde zum ersten Mal am Ende des 9./10. Jahrhunderts in den Klosterakten von Werden als „Timberlae“ (= Holz/Baum) erwähnt.

Mittelalter

Klostervorwerk

Um 1200 richtete das Kloster Klaarkamp aus Westfriesland in Timmel ein Klostervorwerk ein, einen landwirtschaftlichen „Außenposten“, in dem Laienbrüder für ihre eigene sowie für die Versorgung des Hauptklosters wirtschafteten. In einer Abgabenliste des Bisthum Münster wurde es als Monachi in Tibello ordinare Cistercienses genannt. Im Jahr 1468 wurde das Klostervorwerk, dem im Jahr 1228 gestifteten Klosters Ihlow unterstellt. Um 1510 kam es unter die Verwaltung des Benediktiner Nonnenklosters Thedinga. Nach 1530 kam es im Zuge der Reformation in den Besitz des Landesfürsten, der es zunächst an das Kloster Thedinga verpachtete. Im Jahr 1619 wurde das Klostervorwerk an den den ersten Zeitpächter Ulfert Heyen verpachtet. Zwischen 1622 und 1624, im Dreißigjährigen Krieg, wird der Ort und das Vorwerk durch Landsknechte des Grafen Mansfeld schwer verwüstet. 1630 wurden 4 halbe Heerde, jeweils um 20 Hektar groß, vom Vorwerk abgetrennt und an eine weitere Zahl von Landwirten verpachtet. So wuchs der Ort Timmel beständig. Um 1830 wurde das Klostervorwerk an die Familie Buß verkauft.Im 20. Jahrhundert waren die Gräben und Wallanlagen noch sichtbar.[2]

Häuptlingszeit

Im Jahr 1439 wird Timmel zusammen mit anderen Dörfern des Moormerlandes, zu dem Timmel zu dieser Zeit gehörte, von den Hamburgern an die Häuptlings Brüder Ulrich und Edzard Cirksena übertragen. In dieser Urkunde wird Timmel als Folkerdeborgh genannt. Folkert Eckena oder Eggena war zu dieser Zeit Häuptling zu Timmel. Um 1454 verpfändet der Häuptling Hippeko zu Strackholt seine Ländereien in Timmel an die Cirksenas. 1458 schwört der Häuptling Broder Galtisna zu Hatshausen, dem Hamburger Ratsherren und Amtmann zu Emden, Herrn Wigershop Urfehde. Dafür das Galtisna den Frieden hält und keine Blockhäuser und Festungen, weder In Hatshausen noch in Friesland erbauen wird, verbürgt sich Memmo Eggena aus Timmel. Nach dem Tode Folckart Eckena im Jahr 1460 spricht Graf Ulrich Cirksena, die Hinterlassenschaften des Häuptlings dem Pfarrer Wiltet zu Westerhusen zu.

Sächsische Fehde

Graf Edzard I sammelt während der Sächsischen Fehde Truppen in Timmel. Im September 1517 gelingt ihm mit Hilfe dieser Truppen die Rückeroberung der Friedeburg, die seit 1514 von sächsischen Truppen besetzt war. [3]

Das Dorf

Auch von Sturmfluten bleibt Timmel nicht verschont. Die Weihnachtsflut von 1717 überschwemmte die Ländereien, das Land versalzte und wurde zeitweise für den Ackerbau unbrauchbar.

Im Jahr 1805 werden die "Meente Weyden", auch Gemeinweiden genannt, zwischen den Interessenten des Dorfes aufgeteilt. Zu dieser Zeit besitzt Timmel sechs Volle Heerde, sechs Halbe Heerde, einen 3/4 Heerd, einen 1/4 Heerd, drei Platze, vier Halbe Platze, dreizehn Warften und sechs Halbe Warften.[4]

Mühlen in Timmel

Im Jahr 1716 erteilt Fürst Georg Albrecht, vorletzter Regent aus dem Hause Cirksena, auf Antrag der Einwohner Timmels, dem Müller Harms Peters die Erlaubnis, im äußersten Südwestteil des Dorfes auf eigene Kosten eine Windmühle zum Getreidemahlen zu errichten. Hierfür hat er ein Windgeld in Höhe von 25 Reichstalern zu zahlen.

1774 wird eine Wasserschöpfmühle am Timmeler Verlaat errichtet, um den Wasserstand im Spetzerfehnkanal zu regeln.[3]


Fehngründungen rund um Timmel

Mitten im Dreißigjährigen Krieg begann man mit der Kultivierung der Hochmoore und der Gründung von Fehnsiedlungen in unmittelbarer Umgebung von Timmel. Diese wurden insbesondere im 19. Jahrhundert vorangetrieben.

Mit den Fehngründungen nahm die Binnen- und die Küstenschifffahrt zu. Aufgrund mangelnder navigatorischer Kenntnisse der Schiffskapitäne kam es zu einer Vielzahl von Schiffsunglücken insbesondere auf der Nordsee. Schiffskapitäne mussten daher eine entsprechende Ausbildung an Navigationsschulen nachweisen. Nach Gründung von Navigationsschulen in Emden und in Papenburg erfolgte im Jahr 1846 die Gründung der Navigationsschule Timmel.[6]

Französisches Kaiserreich

1811 wurde Ostfriesland dem Französischen Kaiserreich als Departement l´Ems Oriental eingegliedert. Timmel wurde Verwaltungsort des gleichnamigen Canton Timmel. Erstmals mussten Ostfriesen in der Armee eines fremden Herrschers dienen. In Aurich kam es bei der Rekrutierung zu Tumulten. Die Rädelsführer kamen aus dem Canton Timmel und sollten verhaftet werden. An der Tatje Brücke kam es zu einem Gefecht zwischen dem Militär und den aufständischen Schiffern. Infolge des Aufstandes wurden auf obersten Befehl Napoleons des Nachts Truppen auf die Fehne geschickt, um alle Schiffer gefangen zu nehmen. Einer der Rädelsführer wurde zum Tod verurteilt, weitere wurden zur Kettenhaft verurteilt. Es wurden über 300 Schiffer gefangengenommen und nach Lille und Toulon zum Militärdienst gepresst. Damit kam die Torfgräberei und die Schifffahrt auf den Fehnen zum Erliegen.[7]

Königreich Hannover

In der Zeit der Zugehörigkeit zum Königreich Hannover (1815-1866) war Timmel der Sitz von Amtsvögten. Von 1852 bis 1859 war Timmel der Hauptort des gleichnamigen Amtes.

Sehenswürdigkeiten

Kirche von 1736

Am Ortsrand liegt die Timmeler Kirche von 1736, die als dritter Kirchenbau einer Holzkirche aus dem 12. und einer mittelalterlichen Backsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert nachfolgt. Der Glockenturm wurde 1850 angefügt. Überregional bekannt wurde Timmel durch die 1846 gegründete Seefahrtschule. Bis 1918 konnten hier Seefahrtschüler nautische Kenntnisse sowohl für die Fehnschiffahrt, als auch Patente für größere Fahrten erwerben. Daneben gibt es in Timmel eine Vielzahl von historischen Gebäuden zu sehen, wie die Alte Küsterei (1857), die Alte Schule (1891), das Alte Vogthaus (1794), das Geburtshaus der Heimatdichterin Antonie Wübbens (1842), das Geburtshaus des Philosophen Wilhelm Schapp (um 1850), die Löwenapotheke (1885) und den Gulfhäusern Mesch (1802), der Alten Brauerei Blehs (ca. 1650) und anderen. Alle Gebäude können über den geführten Historischen Rundweg Timmel von außen besichtigt werden.

Südwestlich des Ortes liegt inmitten einer Wiesenlandschaft das 25 Hektar große Timmeler Meer, ein großer Binnensee, der mit dem weiter südlich gelegenen Boekzeteler Meer in Verbindung steht. Das 14 Hektar große Boekzeteler Meer ist ein flacher Niederungsmoorsee und liegt in einer Schmelzwasserrinne, in der auch das Fehntjer Tief verläuft. Das Boekzeteler Meer und das ihn umgebende Gebiet ist als Naturschutzgebiet ausgewiesen.[8] Nordöstlich des Ortes befindet sich das fast kreisrunde Frauenmeer.

Politik

Bürgermeister in Timmel

Bürgermeister, im heutigen Sinne, gab es in der Gemeinde Timmel seit dem Beginn der Franzosen-zeit von 1807 an bis zur niedersächsischen Gemeindereform im Jahre 1972.[7]

Bürgermeister Amtszeit
Johann Seben Onneken 1810 - 1812
Egge Weers 1813 - 1835
Berend Soeken 1835 - 1862
Hermann Heinrich Cassens 1862 - 1880
Reinder Rinderts Saathoff 1880 - 1886
Soeke Soeken 1886 - 1899
Hayo Schapp 1899 - 1914
Egge Mansholt 1914 - 1920
Ike Müller 1920 - 1922
Heyo Bohlen 1922 - 1940
Hermann Blank 1940 - 1948
Hermann Onnen 1948 - 1954
Hinrich Andreeßen 1954 - 1968
Erich Cassens 1968 - 1972

Seit 1972 ist Timmel ein Ortsteil der Gemeinde Großefehn.

Vereine und Chöre

In Timmel gibt es ein reges Vereinsleben.[9]

  • Dorfverein "Uns Timmel e.V."
  • Sportverein SuS Timmel e.V.
  • Fahr- und Reitverein Timmel
  • Bootssportverein Boekzeteler Meer (BSB) Timmel
  • Paddelfreunde Timmel
  • Wandergruppe Großefehn mit Sitz in Timmel
  • Landfrauen Timmel
  • Landwirtschaftlicher Zweigverein Timmel-Ulbargen
  • Kaninchenzuchtverein J16
  • Shantychor der Königlichen Navigationsschule Timmel
  • Chorgruppe "Cantarella" Timmel
  • Wandergruppendanzers
  • Timmeler Dörptheater

Fördervereine

Weiterhin sind zwei Fördervereine aktiv:[9]

  • Förderverein Alte Dorfschule
  • Förderverein der Königlichen Navigationsschule Timmel

Persönlichkeiten

Zu den bekannten Söhnen und Töchtern Timmels gehören:

  • der Gymnasiallehrer und Historiker Ufke Cremer (* 30. September 1887 in Timmel; † 16.Oktober 1958 in Norden)
  • der Navigationslehrer und Weltumsegler Carl Ewald Kruse (3.August 1831 in Timmel; † 29. August 1891 in Emden)
  • der Philosoph und Jurist Wilhelm Schapp (* 15. Oktober 1884 in Timmel; † 22. März 1965 in Aurich)
  • die Schriftstellerin Toni Wübbens, geborene Töpfer (* 12. Mai 1850 in Timmel; † 15. Dezember 1910 Hannover).

In Timmel aufgewachsene Persönlichkeiten:

  • der Apotheker, Chemiker und Fachhochschuldirektor Johann August Kruse auch John Kruse genannt (* 7. Juli 1822 in Aurich; † 19. Oktober 1895 in Melbourne, Australien)

Literatur

  • Gerhard Meyer: Timmel- Chronik eines alten ostfriesischen Dorfes. Timmel 1986
  • Gerhard Meyer: Die Familien der Kirchengemeinde Timmel Teil 1 + 2. Verlag Ostfriesische Landschaft, Aurich 1987
  • Wilhelm Lienstromberg: Spurensuche in Timmel - Die historischen Gebäude Timmels als Teil der Kulturlandschaft rund um die Fehngebiete Ostfrieslands. Masterarbeit, Meppen, Frankfurt/Oder 2009
  • Dieter Rogge, Hartmut Schoon, Gerd Simmering u.a.: Timberlae - Timmel - Entwicklung eines Dorfes - Beiträge zur Ortsgeschichte. Print Media Vertrieb und Verlag, Wiesmoor 2011

Einzelnachweise

  1. Ostfriesische Landschaft Ausgrabungen 1999-2008: Timmel 2007
  2. Rogge, Schoon, Simmering u.a.: "Timberlae - Timmel"
  3. a b Rogge, Schoon, Simmering u.a.: "Timberlae - Timmel"
  4. Hartmut Schoon in "Timmel-Timberlae - Das Ende der Meente Weyden", Hrsg. Dorfverein "Uns Timmel e.V., 2011 " Seite 82 ff.
  5. Dettmar Coldewey: Frisia Orientalis - Daten zur Geschichte des Landes zwischen Ems und Jade. Wilhelmshaven 1967
  6. Die „Alte Seefahrtsschule“ in Timmel
  7. a b Gerhard Meyer: Timmel – Chronik eines alten ostfriesischen Dorfes
  8. Naturschutzgebiet Boekzeteler Meer (NSG WE 231), abgerufen am 6. März 2011
  9. a b Unser Dorf hat Zukunft, Timmel 2010