Biblische Exegese

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Bibelexegese)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Biblische Exegese (veraltet auch Exegetik) ist die Auslegung von Texten des Tanach im Judentum und von Texten des Alten Testaments und Neuen Testaments im Christentum. Mit ihrer Hilfe sollen fachlich gebildete Leser sowie Laien die Aussagen und Inhalte, die historischen und textlichen Zusammenhänge der biblischen Texte erfassen. Die biblische Exegese ist von der Biblischen Hermeneutik zu unterscheiden. Exegese ist die Auslegung eines konkreten (biblischen) Textes, Hermeneutik beleuchtet und klärt die Voraussetzungen und die Ziele einer Auslegung.

Die biblische Exegese unterstützte in ihrer wissenschaftlichen Form wechselseitig die Bemühungen von Philologie und der sich entwickelnden Literaturwissenschaft und profitierte von diesen.[1] Insofern war sie an der Entwicklung einer allgemeinen exegetischen Methodologie beteiligt.

In der heutigen Forschung gibt es Bemühungen, eine Trennung zwischen jüdischer und christlicher Bibelwissenschaft zu vermeiden. Dennoch wird in diesem Artikel vor allem die christliche Bibelwissenschaft behandelt.

Carl Spitzweg: Disputierende Mönche. Während einer der christlichen Mönche auf sein Schriftstück zeigt, nimmt der andere eine ablehnende Haltung ein und deutet gleichzeitig auf seinen Verstand.

Allgemeine Fragestellungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Zugang zur Christlichen Bibel

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Auffassung der meisten Christen ist die Christliche Bibel weder ein wörtlich zu befolgendes Gesetzbuch, noch ist sie eine Sammlung veralteter Erzählungen. Biblische Erzählungen enthalten – neben Inhalten symbolischer Bedeutung – historisch zuverlässige Information, die zum Teil archäologisch belegt werden kann. Auch enthalten sie Lebenserfahrungen und -weisheiten vieler Generationen, Erfahrungen mit Gottes Wirken inmitten von Liebe und Leid, Tod und Schicksal. Viele Menschen sehen die Bibel als Hilfsangebot zur Verarbeitung von Erfahrungen sowie als Deutungs- und Sinnangebot.

Die Bibel Christians III. von Dänemark, Kopenhagen, 1550 – die erste dänische Übersetzung – in 3.000-facher Auflage

Umgang mit schwer verständlichen Bibelstellen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gibt „zwei Arten des Bibellesens“: Erstens die Beschäftigung mit schwierigen Bibelstellen, und zweitens das Verweilen bei leicht verständlichen Bibelstellen.[2] Bibelleser neigen zu Erstgenanntem, sie verweilen bei rätselhaften Aussagen, und dazu nehmen sie exegetische Methoden zur Hilfe. Der Schriftsteller Mark Twain sprach diese Alternative an; er schrieb:

„Die meisten Menschen haben Schwierigkeiten mit jenen Bibelstellen, die sie nicht verstehen. Mir dagegen bereiten nicht die unverständlichen Bibelstellen Bauchweh, sondern diejenigen, die ich verstehe.“[3]

Neben dem Studieren schwer verständlicher Abschnitte gibt es also auch die Möglichkeit des Meditierens darüber, wie die verständlichen Abschnitte auf das eigene Leben einwirken könnten.

Streit über die Methoden

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit den 1970er Jahren kam eine Vielfalt von Methoden der Exegese auf. Dadurch stellt sich auch die Frage, wie diese Methoden miteinander zusammenhängen: Bauen sie aufeinander auf? Sind sie von ihren Voraussetzungen her miteinander vereinbar? Sind alle diese Methoden legitim und sinnvoll? Welche Berechtigung hat daneben eine spezifisch theologische Interpretation der Bibel? Diese Fragen werden kontrovers diskutiert.

„Eisegese“ (Hineinlesen)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei einer Eisegese handelt es sich um das Gegenteil einer textgerechten Auslegung. Der Begriff wird oft polemisch verwendet in dem Sinn, dass der Ausleger etwas in den Text hineininterpretiert, was dort nicht zu finden sei. Dabei wird eine vorher vorhandene oder vorgegebene Meinung, zum Beispiel aufgrund anderer Bibelstellen, in den Text hineingelegt. Wegen der mit vielen Bibelstellen verbundenen Unklarheiten wird die Regel „Schrift muss durch Schrift erklärt werden“ angewandt, d. h. beim Auslegen einer bestimmten Stelle ist mitzubedenken, was die Bibel sonst noch zu den an der betrachteten Stelle erwähnten Themen sagt.[4]

Beteiligung des Vorverständnisses

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Bibellesen haben die meisten Leser bereits eine bestimmte Vorstellung davon, was Gott möchte bzw. was zu biblischen Zeiten geschah. Dieses Vorverständnis finden sie dann beim Bibellesen wieder. Dass ein Bibeltext auch anders verstanden werden könnte, ist eine Einsicht, zu der sich Bibelleser erst durchringen müssen. Auch die mit der Vorstellung von der Einheit der Bibel verbundene Auslegungsregel „Schrift muss durch Schrift erklärt werden“ verstärkt den Einfluss des Vorverständnisses. Im Hinblick auf die an einer bestimmten, gerade betrachteten Bibelstelle angesprochenen Themen gibt es oft eine Vielzahl von Vergleichsstellen. „Da es aber nicht möglich ist, viele Stellen gleichzeitig zu betrachten, sondern stets eine nach der anderen, ist es nur mittelbar die Vielzahl der anderen relevanten Stellen, die dem Bibelleser beim Auslegen hilft; unmittelbar wirkt sein Bild mit, das er sich bisher aufgrund seines früheren Bibellesens geformt hat.“ (Franz Graf-Stuhlhofer[5])

Geschichte der Biblischen Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die jüdische Exegese als Vorbild der christlichen Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die jüdische Bibelauslegung ist von einem zweiteiligen Offenbarungs­begriff geprägt: Der schriftlichen Tora (der jüdischen Bibel) wird eine mündliche Tora gegenübergestellt. Diese mündliche Tora beinhaltet die schriftgelehrte Diskussion, die vor allem in Mischna und Talmud (paradoxerweise) in schriftlicher Form vorliegt, und sich bis heute in rabbinischen Diskussionen fortsetzt. Dennoch kann gesagt werden, dass auch diese mündliche Tora dem Mose am Sinai gegeben wurde. Wichtig an diesem Konzept ist, dass es einander widersprechende Positionen integrieren kann.[6]

Die jüdische Bibelauslegung, die man in Ansätzen schon in innerbiblischen Bezügen finden kann, liegt in ersten Zeugnissen aus den Jahrhunderten vor der Zeitenwende vor etwa 2000 Jahren vor. Die klassische (also: im Judentum tradierte) Bibelauslegung ist zwar hebräisch bzw. aramäisch überliefert, aber auch hellenistisch geprägt. Sie zeigt bereits Vorläufer in den Schriften von Qumran. Die an den wöchentlichen Tora-Lesungen ausgerichtete Kommentar- bzw. Predigtliteratur heißt Midrasch. Der Begriff kann aber auch zur Bezeichnung einzelner Textpassagen in anderen Literaturwerken (wie den Talmudim) benutzt werden. Ein zweiter wichtiger Bereich sind die aramäischen Bibelübersetzungen (Targumim), die z. T. stark paraphrasierend vorgehen und dabei auch midraschartige Elemente in den Text einflechten. Methodisch ist diese rabbinische Exegese durch den Gegensatz zweier Grundauffassungen geprägt, die mit zwei Gelehrten verbunden werden: Während Rabbi Jischmael darauf besteht, dass „die Tora in der Sprache der Menschen rede“, sieht Rabbi Akiba die Notwendigkeit, einen darüber hinausgehenden Sinn an bestimmten sprachlichen Elementen des Bibeltextes festzumachen, der als göttlicher Text mit jeder kleinen Einzelheit eine bestimmte Aussage verbinden müsste. So schien es als ein wichtiges dogmatisches Erfordernis nachzuweisen, dass in der Tora von der Auferstehung der Toten gesprochen werde, was eine Lektüre auf der Ebene des einfachen Textes nicht konkret hergibt.

In den Kontext hellenistischer Kultur gehören die Bibelauslegungen von Philo von Alexandrien, Flavius Josephus und in gewisser Weise auch das Neue Testament. Hier ist die Auslegung biblischer Texte sehr stark von Allegorisierungen geprägt, die eine Menschenähnlichkeit Gottes in den Bibeltexten als uneigentliche Rede zu deuten versuchen.

Seit dem 10. Jahrhundert n. Chr. kam eine neue Form rabbinischer Kommentare auf, die einen stark rational und philologisch orientierten Ansatz hatten, die phantasievollen Midraschim allerdings auch rezipierten und zusammenfassten. Diese Kommentare (u. a. Raschi, Kimchi, Ibn Esra) wurden zusammen mit den Targumim (s. o.) in großen Tora- oder Bibelausgaben (Miqra’ot Gedolot, bzw. „Rabbinerbibeln“) parallel zum Bibeltext abgedruckt und sind in der Neuzeit z. T. auch sehr stark von christlichen Auslegern rezipiert worden.[7]

Urchristentum bis Mittelalter – der vierfache Schriftsinn

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schon Anfang des 2. Jahrhunderts bescheinigt der 2. Brief des Petrus den Briefen des Paulus, dass in ihnen „manche Dinge schwer zu verstehen“ seien (2 Petr 3,16 EU).[8]

Entsprechend der Kommentierungsmethode der klassischen philologischen Schule in Alexandria stellte Origenes (ca. 185–254) für die Bibel die Theorie vom „mehrfachen Schriftsinn“ auf. Demzufolge reichte nicht die rein literarisch-philologische Analyse des Textes. Dem einfachen Gläubigen genügte dieser geschichtliche Sinn, jedoch sollte die Exegese für Geübtere auch den seelischen Sinn erheben und für Vollkommene der geistig-geistliche Sinn festgestellt werden.

Dieser Dreischritt somatische – psychische – pneumatische Exegese wurde dann durch Johannes Cassianus im 5. Jahrhundert zur Theorie vom vierfachen Schriftsinn ausgebaut,[9] die für das gesamte Mittelalter prägend war.[10] Ähnlich wie in der jüdischen Tradition der Bibelauslegung (siehe PaRDeS) tritt zur historisch-literalen Exegese nun ein Dreischritt, der sich am Schema Glaube-Liebe-Hoffnung orientiert.

Damit stand die Frage einer mehrdeutigen Schrift im Raum. Da aber nach eindeutigen Auslegungen gefragt wurde, setzten hier Reformbemühungen ein.

Der Skeireins ist eine gotische Auslegung zum Johannesevangelium der Wulfilabibel. Eine weitere Auslegung ist der „Skarapsus“ aus dem 8. Jahrhundert, ein Text, der dem hl. Pirminius zugeschrieben wird. Der Heliand ist ein frühmittelalterliches altsächsisches Großepos und wichtiges Glied im historischen Kontext der Entstehung der deutschen Sprache und Literatur. Dort wird in stabreimenden Langzeilen das Leben Jesu Christi in der Form einer Evangelienharmonie nacherzählt.

Reformation und Konzil von Trient

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Reformatoren lehnten im Einklang mit dem in der Renaissance neu entdeckten historischen Bewusstsein den vierfachen Schriftsinn ab. Sie wollen historisch (und auch theologisch) „zu den Quellen“ (ad fontes). Sie fragen allein nach dem Wort- oder Literalsinn (sola scriptura). Vielfach kam es im protestantischen Raum zur Vorstellung einer „Verbalinspiration“, d. h. die Bibel sei Wort für Wort vom Heiligen Geist inspiriert und somit im wortwörtlichen Sinne unfehlbar. Damit stellte sich die Frage nach der hinreichenden Auslegung des Literalsinns. Die reformatorische Hermeneutik beantwortete das mit der theologischen These vom „Wort Gottes“, das alleinige Autorität habe und für sich spreche. Damit spitzte sich die Frage nach dem Verstehen zu und die neuzeitliche Hermeneutik entwickelte sich – zunächst als typisch protestantische Ergänzung der Exegese.

Eine entsprechende Verdeutlichung der katholischen Position erfolgte auf dem Konzil von Trient (1545–1563), als die mehrdeutige Schrift unter die Autorität des kirchlichen Lehramts gestellt wurde: Ohne das (bischöfliche und päpstliche) Lehramt bliebe die Bibel zweideutig. Durch die enge Anlehnung der Bibel an die kirchliche Tradition bildete sich zunächst keine spezifisch katholische Hermeneutik heraus.

Aufklärung vs. Repristinationstheologie

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Exegese seit der Aufklärung reagierte insbesondere auf die altprotestantische (lutherische) Orthodoxie des 16. und 17. Jahrhunderts, die den Literalsinn mit „Gottes Wort“ gleichsetzte und somit den Bibeltext erneut mit einem bis ins Äußerste verfeinerten Regelwerk umgab. Die sich als wissenschaftlich verstehende Exegese der Aufklärung propagierte dagegen die Trennung von Literalsinn der Bibel und „Wort Gottes“ in der Bibel. Damit konnte der Bibeltext mit nun sich schnell entwickelnden philologischen und historischen Methoden untersucht werden, wogegen die Dogmatik (insbesondere die Schriftlehre) und die Biblische Hermeneutik sich um das Verstehen der analysierten Texte kümmern sollte.

Der konservative Protest gegen die Bibelauslegung der Aufklärung firmierte im 19. Jahrhundert unter dem Stichwort Repristinationstheologie: Es war der Versuch, den früheren, voraufklärerischen Umgang mit der Bibel wiederherzustellen. Die Repristinationstheologie konnte sich allerdings nicht durchsetzen.

Wenn auch eine absolut objektive Exegese nicht möglich ist, so sind doch ihre Ergebnisse heute zwischen katholischen und evangelischen (und mit Einschränkung auch orthodoxen) Theologen im akademischen Bereich weithin ähnlich. Die Verwertung der Ergebnisse einer exegetischen Standardanalyse jedoch kann sehr unterschiedlich sein.

Entwicklung der historisch-kritischen Methode

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die historisch-kritische Methode wurde ab dem 18. Jahrhundert als wissenschaftlicher Methodenapparat zur Untersuchung biblischer Texte entwickelt, vor allem von evangelischen Theologen. Die historisch-kritische Methode in der Bibelwissenschaft entwickelte sich im 18. und 19. Jahrhundert als Antwort auf die theologischen Paradigmen der Zeit. In dieser Phase wurden Texte nicht mehr ausschließlich im theologischen Kontext interpretiert, sondern es erfolgte eine verstärkte Beachtung historischer und sprachlicher Aspekte.

Die Aufklärung trug dazu bei, die autonome Untersuchung biblischer Texte zu fördern, unabhängig von dogmatischen Vorgaben. Mit der zunehmenden Anwendung philologischer, historischer und literarischer Methoden begannen Gelehrte, die Bibel als historisches Dokument zu betrachten. Die Analyse von Quellen, historischem Kontext und Sprache wurde zentral, um den Ursprung und die Bedeutung der Texte zu verstehen.

Die historisch-kritische Methode erreichte ihren Höhepunkt im 19. Jahrhundert, wobei Gelehrte wie Julius Wellhausen in der alttestamentlichen und Ferdinand Christian Baur in der neutestamentlichen Exegese wichtige Beiträge leisteten. Diese Methode prägte die moderne Bibelwissenschaft und beeinflusste das Verständnis der Bibel als historisches und literarisches Dokument.

20. Jahrhundert

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im 20. Jahrhundert wurden eine ganze Reihe neuer exegetischer Methoden entwickelt, die jeweils einer konkreten Zugangsweise zur Bibel bzw. gesellschaftspolitischen Sichtweise gerecht werden wollen (zum Beispiel feministische Exegese, befreiungstheologische Exegese) oder Forschungsergebnissen aus anderen Fachbereichen Rechnung tragen (tiefenpsychologische Exegese, narrative Exegese).

Die historisch-kritische Methode

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die am weitesten verbreitete Methode der biblischen Exegese ist die „historisch-kritische Methode“. Sie hat zum Ziel, einen biblischen Text in seinem damaligen historischen Kontext auszulegen, wobei die Rekonstruktion der vermuteten Vorgeschichte des Textes eine besondere Rolle spielt.

Die klassische historisch-kritische Methode wurde vom 18. bis zum 20. Jahrhundert von evangelischen Theologen in Deutschland entwickelt, wo sie weiterhin eine besondere Stellung einnimmt. Die meisten neueren Methoden dagegen entstanden im englischen oder im französischen Sprachraum (ausgenommen Rezeptionsästhetik und Tiefenpsychologie).

Kontextuelle Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur kontextuellen Exegese gehören verschiedene exegetische Modelle, die die Bibel und die religiöse Tradition jeweils für eine bestimmte – meist gesellschaftlich diskriminierte oder politisch unterdrückte – Zielgruppe erschließen wollen. Es gibt kontextuelle Exegese unter anderem für und von Frauen, Afroamerikaner und Homosexuelle. Begründet wird eine kontextuelle Exegese damit, dass eine kontextfreie Exegese ohnehin nicht möglich wäre; aus ihrer Sicht ist jede – auch sich selbst als wertfrei definierende – Exegese kontextuell. In jeder Exegese würden sich im Ergebnis die Machtverhältnisse der Gesellschaft widerspiegeln. Die kontextuelle Exegese will dieses Problem dadurch korrigieren, dass sie bewusst Partei für die Unterdrückten ergreift. Die kontextuelle Exegese fragt dabei nicht nur nach den gesellschaftlichen Machtverhältnissen der Gegenwart, sondern auch nach denen zur Zeit der Entstehung der Bibel und der Tradition.

Diejenigen, die von der bisherigen patriarchalischen Exegese unterdrückt worden seien (Frauen, Arme, Bewohner der nichtwestlichen Welt, Juden, Angehörige nichtmonotheistischer Religionen, Homosexuelle, theologische Laien, Kinder, die Schöpfung bzw. ökologische Bewegung), sollen nun auch zu Wort kommen können und ihre Sicht auf die Bibel und ihre Interpretation mitteilen. Dieses Anliegen wird mehr oder weniger kämpferisch formuliert, daher auch die alternative Bezeichnung „engagierte Exegesen“.

Feministische Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gemeinsam ist den einzelnen Richtungen der feministischen Bibelauslegung das Interesse, die Rolle und das Leben von Frauen in der Bibel zu erforschen und stärker im allgemeinen Bewusstsein zu verankern. Zudem hinterfragt sie kritisch das Männer- und Frauenbild der Bibel, deren Texte wohl zum größten Teil von Männern verfasst worden sind (Maria Magdalena wird beispielsweise als Autorin von Joh diskutiert[11]). Schließlich will sie biblische Inhalte für Frauen in der heutigen Zeit nachvollziehbar machen.

Bedeutende feministische Exegetinnen sind insbesondere Marlene Crüsemann, Irmtraud Fischer, Claudia Janssen, Barbara Mörtl, Letty Russell, Luise Schottroff, Silvia Schroer, Helen Schüngel-Straumann, Elisabeth Schüssler Fiorenza, Dorothee Sölle, Marie-Theres Wacker und Ulrike Bail.

Methodisch geht es vor allem um das Aufdecken androzentrischer und patriarchaler Aspekte, die nicht nur die biblischen Texte, sondern auch deren Rezeption in Übersetzungen und Auslegungen bestimmen.[12] Zu den Methoden gehören darüber hinaus etwa das Imaginieren bestimmter Charaktere, also das Einnehmen der Perspektive einer bestimmten Person (z. B. die Apostelin Junia[13]). Außerdem kann noch das gender switching genannt werden: Beim Lesen biblischer Texte werden Männer- und Frauenrollen vertauscht, um durch eine solche überraschende Lektüre für Geschlechter-Klischees zu sensibilisieren (z. B. „Die Männer sollen sich ihren eigenen Frauen unterordnen wie dem Herrn, denn die Frau ist das Haupt des Mannes“ – ein Verfremdung von Eph 5,22–23).[14]

Befreiungstheologische Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bedeutende befreiungstheologische Exegeten sind Clodovis Boff, Ernesto Cardenal, José Severino Croatto, Carlos Mesters, Jorge Pixley, Pablo Richard, Ivoni Richter Reimer, Luise Schottroff, Elisabeth Schüssler Fiorenza, Milton Schwantes und Elsa Tamez.

In der vor allem in Südafrika und den USA entwickelten Black Theology wird Exegese aus dem Kontext der Lebenswirklichkeiten von Menschen mit schwarzer Hautfarbe betrieben. Der christliche Umgang mit Ausgegrenzten und Marginalisierten spielt eine wichtige Rolle, ebenso das Aufgreifen von Elementen afrikanischer Kultur und Religionen.[15]

Materialistische Bibellektüre

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fernando Belo schlägt eine materialistische Bibellektüre vor. In seiner theoretischen Grundlegung bezieht er sich auf Karl Marx, den historischen Materialismus, die sprachtheoretischen Überlegungen Julia Kristevas und Roland Barthes’ und die Gesellschaftstheorie Louis Althussers.[16] Belo nimmt in besonderer Weise die gesellschaftliche Situation zur Zeit Jesu in den Blick und beschreibt – ausgehend von der Praxis Jesu – erste Grundzüge einer materialistischen Ekklesiologie. Exemplarisch stellt Belo seinen Ansatz anhand des Markusevangeliums dar.

Ton Veerkamp vertritt eine an sozialen Gegensätzen orientierte Lektüre des Alten Testaments.[17] Weitere Vertreter der materialistischen Bibellektüre sind Michel Clévenot und Kuno Füssel.

Literaturwissenschaftlich und linguistisch orientierte Methoden

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Narrative Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die narrative Exegese entstammt dem französischen literaturwissenschaftlichen Strukturalismus. Wichtigster Vertreter der strukturalistischen Erzähltheorie ist hier Gérard Genette. Sie ist zum Teil schon in die neuesten Methodenlehren unter den Methodenschritt „Textanalyse“ integriert. Allerdings passt die strukturalistische Texttheorie möglicherweise nicht zur historisch-kritischen Methode.

Intertextuelle Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Intertextuelle Bibelauslegung ist ein noch recht junges exegetisches Auslegungsparadigma (seit Ende der 1990er Jahre), hat aber in den letzten Jahren bereits außerordentlich viele Publikationen hervorgebracht. Die intertextuelle Exegese basiert auf der Theorie der Intertextualität, die der französische Poststrukturalismus um Julia Kristeva in den 1960er Jahren entwickelte. Bei „Intertextualität“ geht es um die Transposition eines Zeichensystems in ein anderes. Intertextualität versucht zu beschreiben, was passiert, wenn man einen Text mit anderen Texten in Beziehung setzt. Texte bilden miteinander ein Universum, ein Netzwerk, ein Gewebe. Es geht also um Text-Text-Relationen, wobei im Poststrukturalismus mit „Text“ alles gemeint sein kann: die Gesellschaft, der literarische Kontext, der historische Kontext, der Autor, der Leser und dessen Vorverständnis usw. Für die intertextuelle Exegese wurden besonders die Kriterien für intertextuelle Echos von Richard B. Hays (1989) zum Standardinstrument. Zur intertextuellen Exegese gehört auch die Sonderform der kanonisch-intertextuellen Exegese (Georg Steins, Thomas Hieke u. a.), die eine literaturwissenschaftlich reflektierte Transformation der alten kanonischen Exegese (Brevard Childs) darstellt.

Rhetorische Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rezeptionsästhetische Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die rezeptionsästhetische Interpretation (engl. reader-response criticism) richtet sich bei der Rezeptionsästhetik nicht mehr auf „den“ Sinn „des“ Textes, sondern konzentriert sich auf die Interaktion von Text und Leser. Die Methode der rezeptionsästhetischen Exegese fragt dabei danach, welche Leserlenkung ein Text bietet (Wolfgang Iser, Hans Robert Jauß). Sie ist in der Bibelauslegung bereits ein Klassiker unter den neuen Methoden und auch in Deutschland sehr verbreitet.

Wirkungsgeschichtliche Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die wirkungsgeschichtliche Exegese beschäftigt sich mit der Frage, wie ein Bibeltext zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Medien (Malerei, Plastik, Architektur, Musik, Literatur, Predigten, wissenschaftliche Texte, Texte von Nichttheologen) interpretiert worden ist und welche Wirkungsgeschichte er hatte und hat.

Dekonstruktivistische Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eher im englischsprachigen Bereich vertreten, weniger in Deutschland. Die dekonstruktivistische Exegese ist eine ausgeprägte, häufig spielerisch erscheinende Form des Poststrukturalismus und des Dekonstruktivismus (vgl. intertextuelle Exegese). Nach Jacques Derrida ist „Sinn“ nur ein unendliches Spiel von Zeichen.

Semiotische Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der semiotischen Exegese sind in Deutschland besonders die Namen Erhardt Güttgemanns und Stefan Alkier verbunden.

Textpragmatische Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vertreter der (text)pragmatischen Exegese (vgl. auch Pragmatik (Linguistik)) sind unter anderen Christof Hardmeier, Hubert Frankemölle.

Von anderen Sozialwissenschaften inspirierte Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kulturanthropologische Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die kulturanthropologische Exegese (vgl. Kulturanthropologie, Ethnologie) ist im angelsächsischen Sprachraum recht weit verbreitet (Bruce J. Malina) und wird in Deutschland von Wolfgang Stegemann und seinen Schülern vorangetrieben.

Sozialgeschichtliche Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die sozialgeschichtliche Exegese wendet die Methoden der Sozialgeschichte zur Rekonstruktion antiker Gesellschaftsverhältnisse an, aus denen heraus die biblischen Texte verstanden werden sollen. Sie überschneidet sich teils mit der kulturanthropologischen Exegese.

Bedeutende Vertreter sind Frank Crüsemann, Norman K. Gottwald, Richard A. Horsley, Rainer Kessler, Luise Schottroff, Milton Schwantes, Gerd Theißen.

Tiefenpsychologische Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Interaktionale Auslegung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine gruppendynamische Form der Auslegung, bei der erfahrungsbezogen und ganzheitlich gearbeitet wird. Die Auslegung findet in drei Phasen statt:

1. Nähe zum Text / Begegnung aus den Vorerfahrungen
2. Distanzierung / Begegnung mit den Fremderfahrungen des Textes
3. erneute Nähe / Aktualisierung

Die interaktionale Auslegung hat mehrere Ursprünge: die Kritik des historisch-kritischen Exegese (Walter Wink), den Symbolischen Interaktionismus und die Themenzentrierte Interaktion. Wichtige Vertreter sind Detlev Dormeyer, Walter Wink, Anneliese Hecht, Tim Schramm.

Theologische Exegeseformen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kanonische Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Manche Bibelausleger machten es sich zur Aufgabe, die Texte im Zusammenhang der ganzen Bibel zu verstehen und zu deuten.[18] Die in den USA entwickelte kanonische Exegese wird in einem Dokument der Päpstlichen Bibelkommission von 1993 erwähnt und beruft sich auf die Konzilskonstitution Dei verbum, Nr. 12. Sie will Texte weniger aus ihrem historischen Kontext, sondern eher aus einer als einheitlich verstandenen Tradition verstehen, die zur Festlegung des Bibelkanons führte. Da ein späterer Zusammenhang im Vordergrund steht, will die kanonische Exegese im Allgemeinen keine historische Forschung etwa zu Jesus von Nazaret betreiben. Dennoch versucht Joseph Ratzinger, von diesem Ausgangspunkt her den Jesus der Evangelien insgesamt als historisch plausibel zu beschreiben.[19] Weitere deutschsprachige Vertreter sind Frank Crüsemann und Georg Steins.

Dogmatische Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die dogmatische Exegese versucht, aus den Schriften Grundparameter des Glaubens herauszuarbeiten, die für alle Menschen von Bedeutung sind, arbeitet also systematisch-philosophisch. Die dogmatische Exegese spielt in der katholischen Kirche eine wesentliche Rolle; dort stellen lehramtliche dogmatische Festlegungen gewissermaßen Pfeiler dar, die der Ausleger zu berücksichtigen hat.

Konfessionelle Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur konfessionellen Exegese gehören zum Beispiel katholische oder lutherische Exegese. Die Verständnisvoraussetzungen, die ein Katholik, Lutheraner usw. hat, fließen in die Bibelinterpretation ein.

Grammatisch-historische Exegese (auch Biblisch-kritische Methode)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die grammatisch-historische Exegese wird in erster Linie von evangelikalen Theologen angewandt (vgl. evangelikale Exegese). Sie zielt darauf ab, den Text entsprechend der ursprünglichen Absicht des Autors zu verstehen, so weit dies möglich ist. Sie stützt sich dabei auf exakte Analyse von Grammatik und Wortbedeutung ebenso wie auf Elemente der historisch-kritischen Methode wie Formgeschichte, Redaktionsgeschichte, oder Midraschgeschichte. Sie geht jedoch von grundsätzlich anderen Voraussetzungen aus als die historisch-kritische Methode: Die Bibel wird als Heilige Schrift gesehen, die von Gott inspiriert ist. Die als historisch berichteten Ereignisse werden im Wesentlichen als historische Ereignisse gesehen; auch wird mit der Möglichkeit gerechnet, dass tatsächlich Wunder geschehen sind.

Existenzialistische Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die existenzialistische Exegese gehört zu den sachorientierten Auslegungsarten: Hier wird versucht, menschliche Grundverfasstheiten aus den Texten zu schälen.

Fundamentalistische Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die fundamentalistische Exegese geht von der Verbalinspiration und Irrtumsfreiheit der Bibel aus. Sie versteht die Bibel (abgesehen von eindeutig poetischen Texten) als historische Berichte über Ereignisse, welche genauso geschehen sind, wie sie in der Bibel stehen. Fundamentalistische Exegese hat keinen Zweifel daran, dass die Wunder tatsächlich so geschehen sind, und ist der Meinung, dass man diese Texte nicht weiter interpretieren oder in einem anderen Sinn als dem historischen verstehen muss.

Biblische Exegese im Kontext anderer Wissenschaften

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die biblische Exegese war und ist bemüht, die Erkenntnisse und Methoden anderer textinterpretierender Wissenschaften aufzunehmen. Aufgrund des eng begrenzten Textkorpus (im Gegensatz zur Geschichts- oder Literaturwissenschaft), der hohen und zugleich umstrittenen Bedeutung der Bibel spielte die Entwicklung von genauen Methoden und einer reflektierten Hermeneutik natürlicherweise eine zentrale Rolle in der biblischen Exegese. Bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte sie auch noch wesentlichen Anteil am Entstehen einer allgemeinen Hermeneutik, als sich die historische Textinterpretation und juristische Textinterpretation abkoppelten. Heutzutage hat die biblische Exegese methodisch jedoch nur noch geringen Einfluss auf andere Wissenschaften, sie ist in hohem Maße rezipierend. Dafür ist sie seit einiger Zeit ein Schmelztiegel für sehr unterschiedliche Wissenschaften geworden, was auch neue methodische Erkenntnisse ermöglichen könnte.

Geschichtswissenschaft: Da sich die klassische historisch-kritische Auslegung vorrangig als historische Wissenschaft versteht, bestehen besonders enge Verbindungen zur Geschichtswissenschaft. Die Bibelexegese dürfe keine anderen Methoden verwenden als die allgemeine Geschichtswissenschaft. In den letzten Jahren werden zunehmend auch geschichtstheoretische Überlegungen rezipiert, zum Beispiel von Jörn Rüsen oder Hayden White. Mit der Klassischen Philologie wird insbesondere die Methode der Textkritik geteilt.

Archäologie: Die Archäologie wird in der Exegese in besonderer Weise aufgegriffen, da sie häufig zur historisch-kritischen Interpretation der Bibeltexte notwendig ist. Manche biblischen Exegeten sind zugleich Archäologen (biblische Archäologie). Zur Altorientalistik (Ägyptologie, Hethitologie, Assyriologie und weitere), Judaistik und Religionswissenschaft bestehen ebenfalls enge Beziehungen.

Rechtswissenschaft: Zur Auslegungsmethode der Rechtswissenschaft bestehen fast nur historische Verbindungen, vor allem im 19. Jahrhundert gab es noch einen regen Austausch (Schleiermacher, von Savigny und andere). Bibel- und Rechtswissenschaft verband ursprünglich beide die Aufgabe, dass man einen für die Gesellschaft oder für Teile der Gesellschaft normativen Text in reflektierter Weise auszulegen habe. Allerdings hat die Exegese die Voraussetzung, dass es sich bei der Bibel um einen normativen Text handle, und auch die speziellen Fragen, die damit verknüpft sind, aufgrund ihrer historischen Ausrichtung weithin aufgegeben und tritt so in eine gewisse Spannung zur theologischen Dogmatik (siehe Historisch-kritische Methode, Ernst Troeltsch, Biblische Theologie, Exegese-Dogmatik-Problem). Die juristische Textauslegung erscheint methodisch weniger stark reflektiert als die biblische Exegese; man vergleiche die Methodenbücher von Karl Larenz (Rechtswissenschaft) und Odil Hannes Steck (Biblische Exegese). Inhaltlich gibt es zwischen Bibel- und Rechtswissenschaft deutliche Bezüge. Für die Rechtsgeschichte ist die Bibelwissenschaft von besonderer Bedeutung, vgl. etwa die Zehn Gebote, das Bundesbuch (Exodus 20,24–23,12) und weitere alttestamentliche Gesetzestexte. Siehe auch die Zeitschrift für biblische und altorientalische Rechtsgeschichte und Gesetz (Theologie).

Philosophie: Bibelexegese und Philosophie berühren sich ebenfalls an vielen Punkten. Besonders die philosophische Hermeneutik (Gadamer, Ricœur u. a.) hat auf die biblische Exegese eingewirkt. Außerdem wurden einzelne philosophische Konzepte auf die Exegese angewendet, wie zum Beispiel Heideggers Existenzialontologie auf die existenziale Interpretation von R. Bultmann. Was die konkrete Methode der wissenschaftlichen Textinterpretation angeht, so wird die Interpretation von philosophischen Texten weniger stark durch methodische Überlegungen gesteuert als in der Bibelexegese. Einen konkreten Austausch auf dieser Ebene gibt es bisher kaum. Inhaltlich ist die Theologie insgesamt mit der Philosophie dadurch sehr verbunden, dass sie sich mit ähnlichen Fragen beschäftigt: Was ist der Sinn des Lebens? Gibt es etwas nach dem Tod? Was ist der Mensch? Was ist Glück? Gibt es Gott? Wie ist ein gelingendes Leben möglich usw. Die Bibelexegese hat an diesen Fragen jedoch höchstens indirekten Anteil.

Sprachwissenschaft: Sprachwissenschaft, Semiotik und Kommunikationstheorie werden in der Exegese inzwischen zum größten Teil aufgegriffen, vor allem in den neueren Methoden; die Translatologie und Computerlinguistik bisher eher nur in Ansätzen.

Literaturwissenschaft: Germanistik, Anglistik, Romanistik, Slawistik und andere kommen methodisch in der rezeptionsästhetischen und narrativen Exegese zu ihrem Recht. Hier kommt es in den letzten Jahrzehnten zu einer zunehmenden methodischen Vernetzung von Bibel- und Literaturwissenschaft, die in einer nicht unerheblichen Spannung steht zur bisherigen historischen Orientierung der Bibelexegese („Diachronie“ versus „Synchronie“). Inhaltliche Berührungspunkte gibt es auch bei der wirkungsgeschichtlichen Exegese – wenn man zum Beispiel als Exeget untersucht, wie Thomas Mann die Josephsnovelle (Genesis 37–50) verstanden und literarisch verarbeitet hat.

Kulturwissenschaften: Über die wirkungsgeschichtliche Exegese ergeben sich weitere Verknüpfungen zur Musik-, Kunst-, Theater- und Filmwissenschaft. Beispielsweise die Johannespassion von Johann Sebastian Bach, ein Kreuzigungsbild von Lucas Cranach dem Älteren oder ein kunstreich geschnitztes Kruzifix, die Oberammergauer Passionsspiele oder der Film „Die Passion“ von Mel Gibson gelten nach diesem Verständnis auch als Formen von biblischer Exegese, hier speziell der Passion Jesu (Mk 14–15 und Parallelen). Allerdings ist das Verhältnis von bibel-, musik-, kunst-, theater- und filmwissenschaftlicher Hermeneutik noch nicht abschließend geklärt (vgl. Erwin Panofsky für die Kunstwissenschaft, Aristoteles für die Theaterwissenschaft und andere). Auch christliches Brauchtum, nichtwissenschaftliche Bibelerklärungen, Predigten oder eben die christliche Dogmatik sind Formen von Bibelauslegung, deren Verhältnis zur „eigentlichen“ biblischen Exegese bestimmt werden kann.

Soziologie und Psychologie: Einzelne neuere Methoden versuchen die Erkenntnisse verschiedener anderer Wissenschaften in die Bibelexegese zu integrieren: Die soziologische Exegese greift auf die Soziologie zurück, die psychologischen und tiefenpsychologischen Exegeseformen auf psychologische Theorien und die kulturanthropologische Exegese auf Ethnologie, (vergleichende) Kulturwissenschaft und Kulturanthropologie.

Wirtschaftswissenschaft: Gelegentliche interdisziplinäre Verbindungen: Mit der Wirtschafts- und Politikwissenschaft bestehen weniger methodische, sondern eher inhaltliche Berührungspunkte. Zum einen dient die Bibelexegese als historische Quelle zur Wirtschaftsgeschichte und Geschichte des politischen Denkens. Daneben versuchen Theologen aus der Bibel Eckpunkte für eine Wirtschaftsethik sowie eine politische Ethik zu gewinnen.

Pädagogik: Ähnlich ist es bei der Pädagogik und Didaktik. Für die Geschichte der Pädagogik ist die Bibel eine wichtige Quelle, seien es gewisse Erziehungsratschläge im Sprüchebuch oder das bekannte Schma Jisrael (Dtn 6,4f EU), das die Israeliten ihren Kindern einprägen sollen (6,6ff). Die Bibel selbst wurde außerdem bis in die Aufklärung hinein als „pädagogisches“ Buch Gottes für die Menschen angesehen (vgl. Lessings „Erziehung des Menschengeschlechts“). Inhaltlich findet man Ergebnisse der biblischen Exegese natürlich in der Religionspädagogik wieder.

Naturwissenschaften: Nur vereinzelt kommen Berührungspunkte zu naturkundlichen Disziplinen vor: Biologie (bei Tier- und Pflanzennamen im Alten Testament), Mineralogie (bei Namen von Edelsteinen), Astronomie (Namen von Sternbildern), Schifffahrt (zum Beispiel Apostelgeschichte 27 EU) oder Medizin (zum Beispiel bei Krankheiten, die geschildert werden). Bei der Übersetzung und Auslegung entsprechender Stellen arbeiten Bibelexegeten manchmal mit jeweiligen Fachleuten zusammen.

Ingenieurwissenschaften: Zu den Ingenieurwissenschaften schließlich bestehen nur indirekte Anknüpfungspunkte: nämlich über die Archäologie, wenn die biblische Exegese erforscht, wie Realia (Häuser, Tempel, Schiffe, Straßen …) in der damaligen Zeit konstruiert waren. Übrigens soll auch Jesus nach Mk 6,3 EU ein τεκτων (tekton), also ein Baumeister oder Bauhandwerker (Zimmermann)[20], gewesen sein.

Geschichte der biblischen Exegese

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Hans-Joachim Kraus: Geschichte der historisch-kritischen Erforschung des Alten Testaments von der Reformation bis zur Gegenwart. (1956) 3. erw. Auflage Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn 1982.
  • Werner Georg Kümmel: Das Neue Testament. Geschichte der Erforschung seiner Probleme. (1958) 2. Auflage Alber, Freiburg/München 1970.
  • Robert E. Lerner (Hrsg.): Neue Richtungen in der hoch- und spätmittelalterlichen Bibelexegese (= Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien. 32). München 1996, XII, 191 S. (historischeskolleg.de)
  • Peter Stuhlmacher: Vom Verstehen des Neuen Testaments. Eine Hermeneutik. NTD.E 6. 1979. 2. neubearb. Auflage Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1986, ISBN 3-525-51355-6.
Auf S. 76–221 gut lesbarer Überblick über die Geschichte der biblischen Exegese: Von der altkirchlichen Schriftauslegung über Reformationszeit, Aufklärung, 19., 20. Jh. bis hin zu Paul Ricoeur und Textlinguistik.
  • Henning von Reventlow: Epochen der Bibelauslegung. 4 Bde., Beck, München 1990–2001 (monumentales Werk, detailliert).
Bd. 1: Vom Alten Testament bis Origenes. 1990, ISBN 3-406-34663-4; Bd. 2: Von der Spätantike bis zum Ausgang des Mittelalters. 1994, ISBN 3-406-34986-2; Bd. 3: Renaissance, Reformation, Humanismus. 1997, ISBN 3-406-34987-0; Bd. 4: Von der Aufklärung bis zum 20. Jahrhundert. 2001, ISBN 3-406-34988-9.
  • William Baird: History of New Testament Research. Zwei Bände, Fortress Press, Minneapolis 1992/2003.

Wissenschaftliche Methodenlehren

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Altes Testament

  • Klaus Koch: Was ist Formgeschichte? Methoden der Bibelexegese. (1964) 5. Auflage Neukirchen-Vluyn 1989.
  • Georg Fohrer u. a.: Exegese des Alten Testaments. Einführung in die Methodik. UTB 267. (1973) 6., durchges. Auflage, Quelle & Meyer, Heidelberg 1993, ISBN 3-8252-0267-4.
  • Odil Hannes Steck: Exegese des Alten Testaments. Leitfaden der Methodik. Ein Arbeitsbuch für Proseminare, Seminare und Vorlesungen. 14., durchges. u. erw. Auflage. Neukirchener, Neukirchen-Vluyn 1999, ISBN 3-7887-1586-3 (immer noch Standardwerk, ohne die neueren Ansätze).
  • Gottfried Adam, Otto Kaiser u. a.: Einführung in die exegetischen Methoden. Kaiser/Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2000, ISBN 3-579-02651-3 (bearb. Neuaufl. einer zwanzig Jahre alten Methodenlehre, knapp, zu AT S. 13–70).
  • Siegfried Kreuzer, Dieter Vieweger u. a.: Proseminar I. Altes Testament. Ein Arbeitsbuch. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2. erw. Auflage 2005, ISBN 3-17-019063-6 (Darstellung der klassischen exegetischen Methoden mit ergänzenden Beiträgen zu: Biblische Archäologie, soziologische und sozialgeschichtliche Auslegung, Ikonographie, Feministische Exegese, Tiefenpsychologie und Textauslegung).
  • Helmut Utzschneider, Stefan Ark Nitsche: Arbeitsbuch literaturwissenschaftliche Bibelauslegung. Eine Methodenlehre zur Exegese des Alten Testaments. Kaiser/Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2001, ISBN 3-579-00409-3 (berücksichtigt die neueren „synchronen“ Methoden).
  • Manfred Dreytza, Walter Hilbrands und Hartmut Schmid: Das Studium des Alten Testaments. Eine Einführung in die Methoden der Exegese. Bibelwissenschaftliche Monographien 10. 2., überarb. Auflage R. Brockhaus, Wuppertal 2007, ISBN 978-3-417-29471-2.
  • Christof Hardmeier: Textwelten der Bibel entdecken. Grundlagen und Verfahren einer textpragmatischen Literaturwissenschaft der Bibel. Band 1/1. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2003, ISBN 3-579-05449-X (Einführung in die textpragmatische Bibelauslegung, Transformation der bisherigen historisch-kritischen Methode).
  • Uwe Becker: Exegese des Alten Testaments. Ein Methoden- und Arbeitsbuch. UTB 2664. Mohr Siebeck, Tübingen 2005, ISBN 3-8252-2664-6 (knappe Übersicht; ohne neuere Methoden; weiterführende Literaturangaben).

Neues Testament

  • Heinrich Zimmermann: Neutestamentliche Methodenlehre. Darstellung der historisch-kritischen Methode. 7. Auflage. neu bearb. v. Klaus Kliesch. Kath. Bibelwerk, Stuttgart 1982.
  • Klaus Berger: Exegese des Neuen Testaments. Neue Wege vom Text zur Auslegung. UTB 658, 2., durchgesehene Auflage, Quelle & Meyer, Heidelberg 1984, ISBN 3-494-02070-1.
  • Gerhard Lohfink: Jetzt verstehe ich die Bibel. Ein Sachbuch zur Formkritik. 13. Auflage. Kath. Bibelwerk, Stuttgart 1986, ISBN 3-460-30632-7.
  • Klaus Haacker: Neutestamentliche Wissenschaft. Eine Einführung in Fragestellungen und Methoden. (1981) 2. Auflage R. Brockhaus, Wuppertal 1985 (eher knapp).
  • Dieter Lührmann: Die Auslegung des Neuen Testaments. Zürcher Grundrisse zur Bibel. (1984) 2. Auflage Zürich 1987.
  • Wilhelm Egger: Methodenlehre zum Neuen Testament. Einführung in linguistische und historisch-kritische Methoden. Herder, Freiburg 1987, ISBN 3-7462-0441-0 (Klassiker; bezieht linguistische Methoden ein).
  • Grant R. Osborne: The Hermeneutical Spiral. A Comprehensive Introduction to Biblical Interpretation. InterVarsity, Downers Grove 1991, ISBN 0-8308-1288-1 (Beispiel für ein recht detailliertes englisches Methodenbuch).
  • Hans Conzelmann, Andreas Lindemann: Arbeitsbuch zum Neuen Testament. UTB 52. (1975) 12. Auflage Tübingen 1998, ISBN 3-8252-0052-3 (Klassiker; rein historisch-kritisch).
  • Willi Marxsen: Einleitung in das Neue Testament. Eine Einführung in ihre Probleme. 4. Auflage. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1978, ISBN 3-579-04444-3.
  • Thomas Söding: Wege der Schriftauslegung. Methodenbuch zum Neuen Testament. Unter Mitarb. v. Christian Münch. Herder, Freiburg/Basel/Wien 1998, ISBN 3-451-26545-1.
  • Wolfgang Fenske: Arbeitsbuch zur Exegese des Neuen Testaments. Ein Proseminar. Kaiser/Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1999, ISBN 3-579-02624-0.
  • Heinz-Werner Neudorfer, Eckhard J. Schnabel (Hrsg.): Das Studium des Neuen Testaments. Band 1: Eine Einführung in die Methoden der Exegese. Bibelwissenschaftliche Monographien 5. Brockhaus, Wuppertal; Brunnen, Gießen/Basel 1999, ISBN 3-417-29434-7.
  • Martin Meiser, Uwe Kühneweg u. a.: Proseminar II. Neues Testament – Kirchengeschichte. Ein Arbeitsbuch. Kohlhammer, Stuttgart / Berlin / Köln 2000, ISBN 3-17-015531-8 (materialreiche Darstellung mit ergänzenden Beiträgen zu Linguistik und Textauslegung und sozialgeschichtliche Auslegung).
  • Martin Ebner, Bernhard Heininger: Exegese des Neuen Testaments. Ein Arbeitsbuch für Lehre und Praxis. 3., aktualisierte Auflage. 2015. UTB 2677. Schöningh, Paderborn 2015, ISBN 978-3-8252-4268-8 (didaktischer Ansatz, ziemlich unkonventionell).
  • Udo Schnelle: Einführung in die neutestamentliche Exegese. 6., neubearb. Auflage. UTB 1253. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, ISBN 3-525-03230-7 (knappe Darstellung der historisch-kritischen Methoden).
  • Wilhelm Egger, Peter Wick (Hrsg.): Methodenlehre zum Neuen Testament. Biblische Texte selbstständig auslegen. 6., völlig neu bearbeitete Auflage. Herder, Freiburg 2011, ISBN 978-3-451-30924-3.
  • Sönke Finnern, Jan Rüggemeier: Methoden der neutestamentlichen Exegese. Ein Lehr- und Arbeitsbuch. UTB 4212. Tübingen 2016 (erzählwissenschaftlich auf dem aktuellen Stand, didaktisch aufgebaut, umfassend, bietet integratives Gesamtmodell der Textauslegung).
  • Ursula Ulrike Kaiser: Neutestamentliche Exegese kompakt. Eine Einführung in die wichtigsten Methoden und Hilfsmittel. Mohr Siebeck, Tübingen 2022.

Neuere Exegeseformen und Methodenpluralismus

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Walter Wink: Bibelauslegung als Interaktion. Über die Grenzen historisch-kritischer Methode. Urban-Taschenbücher 622. Kohlhammer, Stuttgart u. a. 1976
Wink verwendete als erster die Formulierung vom „Bankrott der Bibelkritik“, weil die historisch-kritische Methode nicht in der Lage sei, „die Schrift so zu interpretieren, daß die Vergangenheit lebendig wird“ (S. 7).
  • Horst Klaus Berg: Ein Wort wie Feuer. Wege lebendiger Bibelauslegung. Kösel, München / Calwer, Stuttgart 1991, ISBN 3-466-36196-6.
Didaktisch orientiertes Arbeitsbuch; es werden neben der historisch-kritischen Methode auch existenziale, linguistische, tiefenpsychologische, feministische, lateinamerikanische, intertextuelle, wirkungsgeschichtliche, verfremdende, jüdische u. a. Auslegungsweisen eingeübt.
  • Christoph Dohmen: Vom vielfachen Schriftsinn – Möglichkeiten und Grenzen neuerer Zugänge zu biblischen Texten. In: Th. Sternberg (Hrsg.): Neue Formen der Schriftauslegung? Quaestiones Disputatae 140. Herder, Freiburg i. Br. 1992, S. 13–74.
  • Ulrich Luz (Hrsg.): Zankapfel Bibel: Eine Bibel- viele Zugänge. Theol. Verlag, Zürich 1993, ISBN 3-290-10874-0.
Sechs Autoren verschiedener theologischer Herkunft (historisch-kritisch, bibeltreu, evangelikal, feministisch, materialistisch, tiefenpsychologisch) beschreiben ihre grundlegenden Annahmen und Positionen und interpretieren den gleichen Bibeltext.
  • Julia Lehnen: Interaktionale Bibelauslegung im Religionsunterricht. Kohlhammer, Stuttgart 2006
Bietet einen guten Überblick über die verschiedenen Ausprägungen der Interaktionalen Bibelauslegung.
  • Lothar Ruppert (Hrsg.): Die Interpretation der Bibel in der Kirche. Das Dokument der Päpstlichen Bibelkommission vom 23. April 1993. Stuttgarter Bibelstudien 161. Kath. Bibelwerk, Stuttgart 1995, ISBN 3-460-04611-2 (kath. Kirche zeigt sich offen für verschiedene Formen der Bibelauslegung; einige Ansätze werden vorgestellt)
  • Louis C. Jonker: Exclusivity and Variety. Perspectives on Multidimensional Exegesis. Kampen 1997. (zum Verhältnis von „diachronen“ und „synchronen“ Methoden am Beispiel der Auslegung von Richter 13)
  • John Barton (Hrsg.): The Cambridge Companion to Biblical Interpretation. (1998) 7. Auflage University Press, Cambridge 2005, ISBN 0-521-48593-2.
Die historisch-kritische Methode nur auf den ersten zwölf Seiten, in den anderen Aufsätzen: literaturwissenschaftliche, soziologische, poststrukturalistische, politische, feministische, linguistische, jüdische u. a. Auslegung.
Der Autor stellt die unterschiedlichen Lektüreweisen wie historisch-kritische Methode, sozialgeschichtliche Exegese, kanonische Schriftauslegung usw. nacheinander vor und benennt jeweils Vor- und Nachteile.
  • Stefan Alkier, Ralph Brucker (Hrsg.): Exegese und Methodendiskussion. Texte und Arbeiten zum neutestamentlichen Zeitalter 23. Tübingen 1998
Es werden einige z. T. sehr ausgefallene Methoden präsentiert, zum Beispiel die Perspektive eines Filmregisseurs.
  • Steven L. McKenzie, Stephen R. Haynes (Hrsg.): To Each Its Own Meaning. An Introduction to Biblical Criticisms and Their Application. Westminster John Knox Press, Louisville, Ky. 1999, ISBN 0-664-25784-4.
Insgesamt 13 Methoden; neben Literarkritik und Redaktionskritik wird u. a. auch rhetorische, strukturalistische, erzähltheoretische, rezeptionsästhetische, poststrukturalistische, feministische und sozioökonomische Auslegung der Bibel vorgestellt.
  • Gerd Theißen: Methodenkonkurrenz und hermeneutischer Konflikt. Pluralismus in Exegese und Lektüre der Bibel. In: Joachim Mehlhausen (Hrsg.): Pluralismus und Identität [VIII. Europäischer Theologenkongress in Wien, 20.–24. September 1993]. Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie 8. Gütersloh 1995, S. 127–140.
  • Ulrich Luz: Kann die Bibel heute noch Grundlage für die Kirche sein? Über die Aufgabe der Exegese in einer religiös-pluralistischen Gesellschaft. In: New Testament Studies. 44, 1998, S. 317–339.
  • Helmut Utzschneider: Text – Leser – Autor. Bestandsaufnahme und Prolegomena zu einer Theorie der Exegese. In: Biblische Zeitschrift. 43, 1999, S. 224–238. (versucht die Auslegungsansätze einander zuzuordnen; er unterscheidet intentio operis, intentio lectoris und intentio auctoris)
  • Jens Schröter: Zum gegenwärtigen Stand der neutestamentlichen Wissenschaft. Methodologische Aspekte und theologische Perspektiven. In: New Testament Studies. 46, 2000, S. 262–283.
  • Angelika Reichert: Offene Fragen zur Auslegung neutestamentlicher Texte im Spiegel neuerer Methodenbücher. In: Theologische Literaturzeitung. 126 (2001), Sp. 993–1006.
Münsteraner Antrittsvorlesung; sie benennt drei neuralgische Punkte in den neuesten Methodendarstellungen: 1. Ziel und Zusammenhang des Auslegungsverfahrens wird nicht deutlich; 2. Verhältnis von Synchronie und Diachronie ist ungeklärt; 3. es wird nicht reflektiert, welche Rolle Autor und Adressatenschaft im Auslegungsverfahren spielen.
  • Joachim Kügler: Für wen arbeitet die Bibelwissenschaft? Exegese im Kontrast gegenwärtiger und zukünftiger Pluralität. In: R. Bucher (Hrsg.): Theologie in den Kontrasten der Zukunft. Perspektiven des theologischen Diskurses. (= Theologie im kulturellen Dialog. 8). Graz 2001, S. 95–116.
  • Joachim Kügler: Auf dem Weg zur Pluralitätsfähigkeit? Bibelwissenschaft im Spannungsfeld von Sozialkonstruktivismus, Rezeptionsästhetik und Offenbarungstheologie. In: Alexius J. Bucher (Hrsg.): Welche Philosophie braucht die Theologie? (= Eichstätter Studien. 47). Pustet, Regensburg 2002, S. 135–160.
  • Oda Wischmeyer: Hermeneutik des Neuen Testaments. Ein Lehrbuch. Neutestamentliche Entwürfe zur Theologie 8. Francke, Tübingen/Basel 2004, ISBN 3-7720-8054-5.
Wischmeyer versucht eine Synthese verschiedener Zugangsweisen, indem sie historisches, rezeptionsgeschichtliches, sachliches und textuelles Verstehen unterscheidet.

Allgemeinverständliche Einführungen, Hilfen für das Bibellesen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Jakob van Bruggen: Wie lesen wir die Bibel? Eine Einführung in die Schriftauslegung. Hänssler, Neuhausen-Stuttgart 1998, ISBN 3-7751-2955-3 (etwas anspruchsvoller, Griechischkenntnisse sind hilfreich)
  • Howard G. Hendricks, William G. Hendricks: Bibellesen mit Gewinn. Handbuch für das persönliche Bibelstudium. Christliche Verlagsgesellschaft, Dillenburg 1995, ISBN 3-89436-088-7 (didaktisch aufbereitet; hilft zu einer echten Beschäftigung mit dem Bibeltext)
  • Gordon D. Fee, Douglas Stuart: Effektives Bibelstudium. 3., überarb. Auflage. ICI, Asslar 1996, ISBN 3-923924-27-5 (Übersetzung des im engl. Sprachraum bekannten How to Read the Bible for All Its Worth)
  • Siegfried Zimmer: Schadet die Bibelwissenschaft dem Glauben? 4., durchgehend überarbeitete Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012, ISBN 978-3-525-57306-8. (Zeigt auf, wie Wissenschaften dem Glauben dienen können)
  • Eugene H. Peterson: Nimm und iss … Die Bibel als Lebensmittel. Neufeld, Schwarzenfeld, 2014, ISBN 978-3-86256-045-5 (Erklärt erprobte Methoden zum fruchtbaren Bibellesen und gibt fundierte Hintergrundinformationen zur Bibel und der damaligen Kultur)
  • Klaus Dorn: Basiswissen Bibel: Lesen und Verstehen. Paderborn 2017, ISBN 978-3-8252-4747-8.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Ludger Schwienhorst-Schönberger: Exegese als Wissenschaft. In: Benedikt Paul Göcke (Hrsg.): Die Wissenschaftlichkeit der Theologie, Bd. 2: Katholische Disziplinen und ihre Wissenschaftstheorien. Aschendorff Verlag, Münster 2019, ISBN 978-3-402-11918-1, S. 1–13, hier S. 2.
  2. So unterschieden von Franz Graf-Stuhlhofer: Basis predigen. Grundlagen des christlichen Glaubens in Predigten, dazu eine didaktische Homiletik für Fortgeschrittene. VTR, Nürnberg 2010, S. 124–129.
  3. Mark Twain in: The Wit and Wisdom, zit. nach Graf-Stuhlhofer: Basis predigen, 2010, S. 126.
  4. Franz Graf-Stuhlhofer im Vorwort („Warum Christen verschiedener Meinung sind“) zu Peter Streitenberger: Die fünf Punkte des Calvinismus aus biblischer Perspektive. VTR, Nürnberg 2011, S. 5–11, dort 7.
  5. Graf-Stuhlhofer im Vorwort zu Streitenberger: Die fünf Punkte des Calvinismus, 2011, S. 7 f.
  6. Stemberger: Einleitung in Talmud und Midrasch, 1992.
  7. Galley u. a.: Die Hebräische Bibel, 2004.
  8. 2. Petrusbrief im WiBiLex
  9. Vgl. Cassianus, coll. 14,8 (Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum, Bd. 13, S. 404).
  10. Vgl. Peter Walter, „Schriftsinne“, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 9, Herder, durchgesehene Ausgabe der 3. Auflage Freiburg. u. a. 2009, Sp. 268–269.
  11. Ramon K. Jusino: Mary Magdalene: Author of the Fourth Gospel? 1998 (southerncrossreview.org, englisch).
  12. Vgl. Elisabeth Schüssler Fiorenza, Zu ihrem Gedächtnis. Eine feministisch-theologische Rekonstruktion der christlichen Ursprünge, München 1988, ISBN 3-459-01739-2, v. a. Kap. 2.
  13. Christine Gerber: Apostelamt und Gender. Zwei soziale Konstrukte und ihre Wechselwirkung. In: Margit Eckholt et al. (Hrsg.). Frauen in kirchlichen Ämtern. Reformbewegungen in der Ökumene. Herder, Freiburg im Breisgau 2018, S. 107–121.
  14. Christine Gerber: ''Möglichst ohne Runzeln.'' ''Die Frau in der Ehe nach Eph 5.'' In: Christine Gerber, Silke Petersen und Wolfram Weiße (Hrsg.). ''Unbeschreiblich weiblich?'' ''Neue Fragestellungen zur Geschlechterdifferenz in den Religionen.'' LIT, Berlin 2011 (''Theologische Frauenforschung in Europa''. 26), S. 91–115.
  15. Als Standardwerk gilt hier Cain Hope Felder: The African Heritage Study Bible. James C. Winston Publishing Company, Nashville 1993.
  16. Fernando Belo: Das Markusevangelium materialistisch gelesen. Alektor-Verlag, Stuttgart 1980, ISBN 3-88425-010-8, S. 13 f., S. 121 f.
  17. Ton Veerkamp: Die Welt anders. Politische Geschichte der Großen Erzählung, Hamburg: Argument Verlag 2011, ISBN 978-3-88619-353-0
  18. Egbert Ballhorn, Georg Steins (Hrsg.): Der Bibelkanon in der Bibelauslegung. Methodenreflexion und Beispielexegesen, Kohlhammer, Stuttgart 2007. ISBN 978-3-17-019109-9
  19. W.J.C. Weren: The Pope’s Jesus book and the Christologies of the gospels. HTS Teologiese Studies / Theological Studies 67(1), Art. #831, 2011, S. 2–3. PDF
  20. Michael Schäfers: Prophetische Kraft der kirchlichen Soziallehre? Armut, Arbeit, Eigentum und Wirtschaftskritik. Lit, Münster 1998. ISBN 3-8258-3887-0, S. 86.