Pfand auf Mehrweggetränkebehälter in Deutschland
Das Pfand auf Mehrweggetränkebehälter in Deutschland ist die geldliche Abgabe auf Mehrweggebinde wie Flaschen und Gefäße, die aus Stoffen bestehen, durch deren Eigenschaften sie wiederverwendet, also gereinigt und mehrfach befüllt werden können. Das Mehrwegpfand beträgt hierzulande abweichend nach Art von Gebinde zwischen 8 und 15 Cent und wird bei Rückgabe, z. B. über Leergutautomaten, zurückgezahlt.
Für Mehrweggetränkebehälter besteht laut Verpackungsverordnung weder eine Pfand- noch eine allgemeine Rücknahmepflicht, da von einem starken Eigeninteresse der Systemanbieter an einer möglichst hohen Rückgabequote ausgegangen wird. Aus juristischer Sicht ist das Mehrwegpfand eine zivilrechtliche Vereinbarung zwischen Käufer und Verkäufer, nur letzterer ist – ggf. nach Vorlage eines Kaufbeleges – lediglich zur Rücknahme der tatsächlich dort gekauften Verpackung und Erstattung des vereinbarten Pfandbetrages verpflichtet.[1]
Im Gegensatz dazu zählen alle pfandpflichtigen Behälter, bei denen nach der Rücknahme das Material wieder aufbereitet werden muss, zum Pfand auf Einweggetränkebehälter in Deutschland.
Übersicht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als Ursprung in Deutschland gilt eine Übereinkunft durch Frankfurter Bierhändler im Jahr 1903.[2] Zu dieser Zeit entwarf auch die Berliner Engelhardt-Brauerei ein Pfandsystem, das sich in ganz Berlin und Potsdam durchsetzte, mit einem Pfand von 10 Pfennig je Flasche.[3] Der internationale Produzent Coca-Cola führte das Mehrwegpfand auf eigene Getränkeflaschen in Deutschland erstmals im Jahre 1929 ein.
Für große Produktgruppen wie Bier oder Mineralwasser haben sich im Laufe der Zeit einheitliche Pfandbeträge etabliert: Für Bierflaschen werden in der Regel 8 Cent, bei Mineralwasser und Erfrischungsgetränken 15 Cent Pfand verlangt.
Eine einheitliche Kennzeichnung von Mehrwegverpackungen existiert nicht, das Verpackungsgesetz schreibt aber zur Stärkung der Mehrwegsysteme bei Getränkeverpackungen am Regal oder Preisschild den deutlichen Hinweis „Einweg“ oder „Mehrweg“ vor, damit Käufer „sich bewusster für Mehrweg oder Einweg entscheiden [können].“[4][5]
Mehrwegverpackungen selbst sind in der Regel an der Aufschrift Mehrwegflasche bzw. Mehrweg-Pfandflasche auf dem Etikett zu erkennen, zudem zeigen die Symbole Mehrweg – für die Umwelt oder Blauer Engel (Mehrweg) Mehrwegverpackungen an. Direkt auf der Flasche können auch Schriftzüge aufgeprägt sein, etwa Leihflasche Deutscher Brunnen GDB bei der Normbrunnenflasche, VdF-Pfandflasche, VdF Mehrweg Reusable / Réutilisable, Mehrweg-Deposit oder ähnliches.
Bei bereits mehrfach befüllten Flaschen finden sich zudem oft matte Streifen oberhalb und unterhalb vom Etikett, sog. Umlaufspuren, die durch Reibung der Flaschen aneinander in den Abfüllbetrieben entstehen und mit Häufigkeit der Umläufe zunehmen. Bei manchen PET-Mehrwegflaschen sind zudem kleine Dreiecke unter dem Etikett zu sehen, die die Anzahl der Umläufe markieren.
Die Getränkekategorie Wein beheimatet über 400 verschiedene individuelle Flaschentypen, was die Ausdehnung des bestehenden Mehrwegsystems bisher erschwert.[6]
Ökonomische und ökologische Aspekte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Glasflaschen des Mehrwegsystems können bis zu fünfzigmal[7], solche aus PET 25 mal befüllt werden. Wichtig ist dabei, dass möglichst alle Flaschen unbeschädigt zurücklaufen, denn nur so lohnt sich die Investition in die haltbaren Flaschen, die ein mehrfaches Befüllen zulassen.
Mehrweggetränkebehälter sind Einweggetränkebehälter laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe in ökologischer Hinsicht überlegen, sofern sie nicht über lange Distanzen transportiert werden.[8] Problematisch ist dabei die Entwicklung weg von einer Einheitsflasche hin zu einer Individualflasche, da Letztere zu ihrem Ursprungsort (in der Regel per Lastkraftwagen)[9] transportiert werden muss und nicht von anderen Brauereien erneut befüllt werden kann.[10]
Besonders bei der Bierflasche verändern immer mehr Brauereien ihre Flaschen, um einen Verbraucherbezug herzustellen und die Markenbindung der Kunden zu verstärken.[11] Waren es 2012 noch 15 % individualisierte Mehrweg-Bierflaschen, lag der Anteil im Jahr 2017 bereits bei 42 %.[12] Auch bei Mineralwasser beginnen Hersteller, ihre Flaschen zu verändern. Trotz einer verfügbaren Normbrunnenflasche hat sich bspw. der Abfüller Gerolsteiner Brunnen dazu entschieden, eigene Flaschen zu verwenden.[13] Insgesamt wird so der ökologische Vorteil zu Einwegpfand geschwächt.[14][15]
Durch das freiwillige Tauschportal BOTTLEFOX können betroffene Unternehmen solches individualisiertes, quasi „fremdes“ Leergut ohne aufwändige und kostenintensive Maßnahmen bundesweit gegen ihr eigenes Leergut tauschen.[2][16] Trotz der wirtschaftlichen Vorteile werden die Flaschen so weiterhin leer durch Deutschland geschickt, was zusätzliche Emissionen herbeiführt.[17]
Steuerliche Aspekte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Einzelhandel erhebt Pfand – gleich ob Ein- oder Mehrwegpfand – brutto, führt also daraus Umsatzsteuer ab. Die Verpackung ist Nebenleistung, sie wird umsatzsteuerlich ignoriert und wie ein Teil der Hauptleistung behandelt. Damit wird sie wie die Hauptleistung, zum Beispiel wie das Getränk, mit Umsatzsteuer belegt. Erstattet der Einzelhändler das Pfandgeld, wirkt die wie eine nachträgliche Kaufpreisminderung und ist entsprechend steuerlich abzugsfähig. So sind Pfandflaschen für Milch nur mit 7 % belastet.[18]
Großhändler dagegen erheben das Pfand netto, schlagen also Umsatzsteuer zusätzlich auf die genannten Beiträge auf. Das heißt, dass der Einzelhändler mehr Pfand an den Großhändler bezahlen muss und dieses mehr bezahlte Geld – sowie die selbst abgeführte Umsatzsteuer – nur wieder zurückbekommt, wenn der Verbraucher die Flaschen/Kisten bei ihm wieder zurückgibt.[19]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Offizielle Website vom Arbeitskreis Mehrweg GbR. In: mehrweg.org. .
- Mehrweg oder Einweg: Unterschiede und Regeln bei Getränken. In: verbraucherzentrale.de. .
- Der NABU-Mehrweg-Guide. In: nabu.de. NABU .
- Übersicht. In: mehrweg.org. .
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Einweg- und Mehrweg-Pfand: Was ist rechtlich geregelt? (PDF; 4,7 MB) In: verbraucherzentrale-bawue.de. Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, Dezember 2011, S. 2, archiviert vom am 22. Dezember 2015; abgerufen am 23. Oktober 2024.
- ↑ a b Tillmann Neuscheler: Jedem sein eigenes Fläschchen. In: blogs.faz.net. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. Februar 2017, abgerufen am 7. Mai 2023.
- ↑ Die Erfindung der Pfandflasche. Oder: Wie Ignatz Nacher aus einer Mini-Brauerei einen Großkonzern namens "Engelhardt" macht. In: anstageslicht.de. 26. November 2019, abgerufen am 7. Mai 2023.
- ↑ Neues Verpackungsgesetz sorgt für bessere Verpackungen und mehr Recycling ( vom 31. Oktober 2020 im Internet Archive). Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums vom 2. Januar 2019.
- ↑ Vgl. Verpackungsgesetz, Abschnitt 6: Getränkeverpackungen.
- ↑ Gerald Franz: Warum spülen wir sie nicht einfach? In: faz.net. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. März 2023, abgerufen am 7. Mai 2023.
- ↑ Pfandflasche = Mehrwegflasche??? In: bmuv.de. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, 1. Februar 2022, abgerufen am 23. Oktober 2024.
- ↑ Mehrweg- und Recyclingsysteme für ausgewählte Getränkeverpackungen aus Nachhaltigkeitssicht. (PDF; 5,2 MB) In: duh.de. PricewaterhouseCoopers AG, September 2011, S. 5, abgerufen am 15. Oktober 2024.
- ↑ Mogelpackung Mehrweg. In: recyclingmeister.de. Forum Getränkedose GbR, abgerufen am 20. Dezember 2022.
- ↑ Stefan Michel: 15 Jahre Einwegpfand. In: wdr.de. WDR, 2. Januar 2018, archiviert vom am 22. Dezember 2022; abgerufen am 20. Dezember 2022 (siehe 'Download'-Option).
- ↑ Stefan Weber: Vielfalt in der Bierbranche: Alles Flaschen. In: sueddeutsche.de. Süddeutsche Zeitung, 27. Dezember 2011, abgerufen am 20. Dezember 2022.
- ↑ Mehrweganteil bei Getränken sinkt weiter. In: umweltbundesamt.de. Umweltbundesamt, 25. September 2020, abgerufen am 20. Dezember 2022.
- ↑ Individual-Flasche statt GDB-Gebinde. In: getraenke-news.de. Omlor & Rademacher GbR, 15. April 2019, abgerufen am 7. Mai 2023.
- ↑ Individualflaschen führen das Mehrwegsystem ad absurdum. In: bier-und-brauhaus.de. BierAtelier UG, 21. Juni 2019, abgerufen am 7. Mai 2023.
- ↑ Warum die Vielfalt der Mehrwegflaschen nicht nachhaltig ist. In: recyclingmeister.de. Forum Getränkedose GbR, 26. Februar 2021, abgerufen am 7. Mai 2023.
- ↑ Wolfgang Runge, Volker Mester: Internet-Börse für leere Bierflaschen. In: abendblatt.de. Hamburger Abendblatt, 12. August 2011, abgerufen am 20. Dezember 2022.
- ↑ Henrik Rampe: Lange Wege für Bierflaschen: So untergraben Brauereien ihr eigenes Mehrwegsystem. In: handelsblatt.com. Handelsblatt, 17. Juni 2022, abgerufen am 20. Dezember 2022.
- ↑ Norbert Dautzenberg: Warenumschließung. In: Gabler Wirtschaftslexikon. Abgerufen am 4. Oktober 2018.
- ↑ Daniela Siebert: Pfandflaschen – Geschädigte gesucht. 22. Juni 2015, abgerufen am 4. Oktober 2018.