Urpfarrei

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Der Begriff Urpfarrei (auch Altpfarrei, Großpfarrei, Mutterkirche[1] oder Urkirche[2]) bezeichnet die ersten im Zuge der Christianisierung in ländlichen Gegenden geschaffenen kirchlichen Zentren. Nach Wolfgang Petke ist dieser Begriff abzulehnen, da mit ihm „im Laufe der Jahrzehnte und besonders seit Hömberg Vorstellung verknüpft worden [sind], die ihn haben problematisch werden lassen.“[3] Stattdessen wird für die jeweils ältesten Pfarreien einer Diözese der Begriff Altpfarrei vorgeschlagen.[4]

Der zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Historikern eingeführte Begriff[5] Urpfarrei besagt, dass die betreffende Pfarrei zu den ältesten Schichten des „Pfarreinetzes“ der jeweiligen Diözese gehöre. Das Kirchspiel der Urpfarrei sei ausgedehnt gewesen, sie habe über das Tauf- und Sepulturrecht (Begräbnisrecht) verfügt, ihr Patrozinium deute ein hohes Alter an, und von ihr wurden jüngere Kirchspiele abgepfarrt (Tochterkirchen, Filialen).[6] Das Land sei bei der Einführung des Christentums planmäßig durch die Bischöfe in Urpfarreien aufgeteilt worden,[7] die insgesamt ein Pfarreinetz dargestellt hätten. Auch dieser Begriff ist laut Enno Bünz zu vermeiden, da er ein Ergebnis einheitlicher Planung von Pfarreien suggeriert, die es nicht gegeben hat. Angemessener sei dafür der Begriff Pfarreiorganisation.[8] Die mit den Begriffen Urpfarrei und Pfarreinetz verbundene Vorstellung der systematischen Planung von Pfarreien durch den Bischof spiegelt eher die Verhältnisse der Pfarreigründungen im 19. und 20. Jahrhunderts wieder.[9][10]

  • Hermann Lauer: Urmarken und Pfarrorganisation. In: ders.: Kirchengeschichte der Baar und des einst zur Landgrafschaft Baar gehörenden Schwarzwaldes. 2. Auflage. Donaueschingen 1928, S. 43–50.
  • Eugen Haberkern, Joseph Friedrich Wallach: Urpfarrei. In: dies.: Hilfswörterbuch für Historiker. Mittelalter und Neuzeit. Zweiter Teil: L–Z (= Uni-Taschenbücher, Bd. 120). 7. Auflage. Tübingen 1987 (ISBN 3-7720-1293-0), S. 632.
  • Wolfgang Petke: Urpfarrei und Pfarreinetz, über zwei Begriffe der Pfarreiforschung. In: Stefan Pätzold (u. a.): Pro cura animarum. Mittelalterliche Pfarreien und Pfarrkirchen an Rhein und Ruhr. Siegburg 2016, S. 27–44.

Einzelnachweise

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  1. Eugen Haberkern, Joseph Friedrich Wallach: Urpfarrei. In: dies.: Hilfswörterbuch für Historiker. Mittelalter und Neuzeit. Zweiter Teil: L–Z (= Uni-Taschenbücher, Bd. 120). 7. Auflage. Tübingen 1987, S. 632.
  2. Hermann Lauer: Urmarken und Pfarrorganisation. In: ders.: Kirchengeschichte der Baar und des einst zur Landgrafschaft Baar gehörenden Schwarzwaldes. 2. Auflage. Donaueschingen 1928, S. 43–50.
  3. Petke, Urpfarrei und Pfarreinetz, S. 31.
  4. Vgl. Petke, Urpfarrei und Pfarreinetz, S. 38.
  5. Vgl. Petke, Urpfarrei und Pfarreinetz, S. 27.
  6. Stefan Pätzold: Missionskapelle, Urpfarrei oder königliche Eigenkirche. In: Nathalie Kruppa (Hrsg.): Pfarreien im Mittelalter. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2008, ISBN 978-3-525358924, S. 170 (Definition nach Wolfgang Petke).
  7. Vgl. Petke, Urpfarrei und Pfarreinetz, S. 31.
  8. Vgl. Petke, Urpfarrei und Pfarreinetz, S. 40.
  9. Vgl. Petke, Urpfarrei und Pfarreinetz, S. 38.
  10. Vgl. Wolfgang Leesch: Die Pfarrorganisation der Diözese Paderborn am Ausgang des Mittelalters, in: Heinz Stoob (Hg.), Ostwestfälisch-Weserländische Forschungen zur geschichtlichen Landeskunde. Münster 1970 (Veröffentlichungen des Provinzialinstituts für westfälische Landes- und Volkskunde I.15; Kunst und Kultur im Weserraum 800–1600, Ausstellung des Landes Nordrhein-Westfalen Corvey 1966, Band 3), 304–376, hier S. 313.