Plastid

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Plastiden (von altgriechisch πλαστός plastós „geformt“) sind die in Pflanzen und Algen vorkommenden besonderen Zellorganellen, die aus endosymbiontisch lebenden Zellen hervorgegangen sind und unter anderem für die Photosynthese gebraucht werden, oder die aus solchen Organellen evolutionär hervorgegangen sind.

Plastiden verfügen (fast immer[3][4]) über ein eigenes ringförmiges Genom (plastidäres Genom oder auch Plastom genannt), sowie eigene Ribosomen (Plastoribosomen genannt), die in seine plasmatische Grundsubstanz (Stroma) eingebettet sind. Darüber hinaus liegen weitere plastidenspezifische Komponenten für die plastidäre Replikation, Transkription und Translation vor.

Nach den sie umhüllenden Membranen unterscheidet man einfache Plastiden, die auf ein primäres Endosymbioseereignis zurückzuführen sind und von zwei Hüllmembranen umgeben sind, und komplexe Plastiden, die durch sekundäre oder tertiäre Endosymbiose entstanden und so drei oder vier Hüllmembranen besitzen. Kommen in einer Zelle mehrere Plastiden vor, so sind diese meist über Stromuli miteinander verbunden.

Beziehungen zwischen den Typen von Plastiden in Gefäßpflanzen

Die einfachen Plastiden der Glaucocystophyceen, Rotalgen, Grünalgen (Chlorophyta) und Landpflanzen (Embryophyta) stammen wahrscheinlich aus einer primären Endosymbiose. Sie sind monophyletisch, d. h. die drei Algengruppen und die Landpflanzen (Embryophyta) stammen von einem gemeinsamen einzelligen Vorfahren ab, dessen Nachkommen sich in drei Evolutionslinien aufspalteten:

  • Die Plastiden der Glaucocystophyceen werden Cyanellen (auch Cyanoplasten oder Muroplasten) genannt, verwenden als Lichtsammelkomplexe Phycobilisomen und sind noch von einem Rest einer bakteriellen Zellwand umgeben.
  • Die Plastiden der Rotalgen heißen Rhodoplasten, enthalten ebenfalls noch Phycobilisomen, jedoch keine bakterielle Zellwand mehr.
  • Die Chloroplasten der Grünalgen und höheren Pflanzen bilden keine Phycobilisomen mehr, enthalten Chlorophyll b und bilden Stärke im Plastiden.
  • Die Plastiden der Braunalgen nennt man auch Phaeoplasten.

Auch die Plastiden der amöboiden Paulinella chromatophora (Euglyphida, s. u.), sowie einiger anderer Arten dieser Gattung, sind offenbar primäre Chloroplasten (Chromatophoren oder Cyanellen genannt). Diese Klade der Gattung Paulinella stammt offenbar von einem Vorfahren ab, der unabhängig und viel später ein Cyanobakterium aus der Verwandtschaft der Gattungen Prochlorococcus und Synechococcus aufgenommen hatte.[5][6][7][8]

Kladogramm der möglichen Chloroplasten-Evolution

a Es hat sich mittlerweile herausgestellt, dass die Chromalveolata paraphyletisch sind in Bezug auf die Rhizaria.

Bei den Gefäßpflanzen unterscheidet man neben den (photosynthetisch aktiven) Chloroplasten weitere Typen von Plastiden: die Gerontoplasten und Etioplasten als Entwicklungen der Chloroplasten, sowie den Chromoplasten und den Leukoplasten, aus dem Amyloplasten, Elaioplasten und Proteinoplasten hervorgehen können. Proplastid wird jener Vorläufertyp genannt, aus dem sich die Plastiden entwickeln können.

Die übrigen Algen aus den Evolutionslinien der Stramenopilen, Haptophyta, Cryptophyceae, Chlorarachniophyta und Euglenozoa bilden komplexe Plastiden. Die Wirtszellen sind nicht mit den obengenannten der Plantae (Rotalgen, Grünalgen, sog. höhere Pflanzen und vermutlich auch Glaucocystophyceen) verwandt, jedoch ihre Plastiden, die höchstwahrscheinlich aus sekundären Endosymbiosen herstammen.

Die photosynthetisch aktiven Vertreter der Euglenozoa (= Euglenida) und die Chlorarachniophyta erhielten ihre Plastiden durch Aufnahme einer Grünalge, enthalten also komplexe Chloroplasten, alle übrigen sind auf Rotalgen zurückzuführen, also komplexe Rhodoplasten. Bei Dinoflagellaten finden sich verschiedene Endosymbiose-Ereignisse von sekundären Endosymbiosen mit Rotalgen, tertiären Endosymbiosen mit Haptophyceen und Cryptophyceen bis zu instabilen Kleptoplastiden, die wieder verdaut werden.

Seit den 1990er-Jahren hat man plastidenähnliche Zellorganellen auch in verschiedenen Protozoen, den Apicomplexa, gefunden. Über die „Apicoplasten“ genannten Zellbestandteile verfügen etwa auch die Malaria-Erreger aus der Gattung Plasmodium. Nach heutigem Stand des Wissens handelt es sich hierbei um komplexe Rhodoplasten.

Lange Zeit war unbekannt, wie Plastiden sich teilen und ihre Form verändern. Heute weiß man, dass auch Bakterien ein Zytoskelett besitzen, dessen Proteine evolutionäre Vorläufer des eukaryotischen Zytoskeletts sind. Aus Versuchen am Laubmoos Physcomitrella patens (unter anderem mit Knockout-Moosen) ist bekannt, dass die FtsZ-Proteine, Tubulin-Homologe, nicht nur an der Chloroplasten-Teilung beteiligt sind[9], sondern auch ein komplexes Netzwerk in den Plastiden ausbilden können. Sie erfüllen ähnliche Funktionen wie das Zytoskelett im Cytoplasma.[10][11]

Commons: Plastids – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Wilfried Probst: Frühe Evolution und Symbiose, Europa-Universität Flensburg, Institut für Biologie und Sachunterricht und ihre Didaktik: §Plastiden, abgerufen am 19. April 2019

Einzelnachweise

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  1. Takuro Nakayama, John M Archibald: Evolving a photosynthetic organelle. In: BMC Biology. 10. Jahrgang, Nr. 1, 2012, S. 35, doi:10.1186/1741-7007-10-35, PMID 22531210, PMC 3337241 (freier Volltext).
  2. E. C. M. Nowack, H. Vogel, M. Groth, A. R. Grossman, M. Melkonian, G. Glöckner: Endosymbiotic Gene Transfer and Transcriptional Regulation of Transferred Genes in Paulinella chromatophora. In: Molecular Biology and Evolution. 28. Jahrgang, Nr. 1, 2010, S. 407–22, doi:10.1093/molbev/msq209, PMID 20702568.
  3. David Roy Smith, Robert W. Lee: A Plastid without a Genome: Evidence from the Nonphotosynthetic Green Algal Genus Polytomella. In: Plant Physiology. Band 164, Nr. 4, 1. April 2014, S. 1812–1819, doi:10.1104/pp.113.233718, PMID 24563281, PMC 3982744 (freier Volltext).
  4. Jake Buehler: A reeking, parasitic plant lost its body and much of its genetic blueprint, auf: ScienceNews vom 10. Februar 2021.
  5. Luis Delaye, Cecilio Valadez-Cano, Bernardo Pérez-Zamorano: How Really Ancient Is Paulinella Chromatophora? In: PLoS Currents. 2016; (10.1371/currents.tol.e68a099364bb1a1e129a17b4e06b0c6b).
  6. Purificación López-García, Laura Eme, David Moreira: Symbiosis in eukaryotic evolution. In: Journal of Theoretical Biology. 434. Jahrgang, 2017, S. 20–33, doi:10.1016/j.jtbi.2017.02.031 (elsevier.com).
  7. Patricia Sánchez-Baracaldo, John A. Raven, Davide Pisani, Andrew H. Knoll: Early photosynthetic eukaryotes inhabited low-salinity habitats. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. 114. Jahrgang, Nr. 37, 12. September 2017, S. E7737–E7745, doi:10.1073/pnas.1620089114 (pnas.org).
  8. W Probst, Europa-Universität Flensburg: §Auf dem Weg zur Chloroplastenbildung
  9. René Strepp, Sirkka Scholz, Sven Kruse, Volker Speth, Ralf Reski: Plant nuclear gene knockout reveals a role in plastid division for the homolog of the bacterial cell division protein FtsZ, an ancestral tubulin. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 95, 1998, S. 4368–4373 (Abstract).
  10. Ralf Reski: Rings and networks: the amazing complexity of FtsZ in chloroplasts. In: Trends in Plant Science. Band 7, 2002, S. 103–105 (Abstract).
  11. J. Kiessling, S. Kruse, S. A. Rensing, K. Harter, E. L. Decker, R. Reski: Visualization of a cytoskeleton-like FtsZ network in chloroplasts. In: Journal of Cell Biology. Band 151, 2000, S. 945–950 (Abstract).
  12. Takuro Nakayama, Yuji Inagaki: https://www.nature.com/articles/s41598-017-13578-8 Genomic divergence within non-photosynthetic cyanobacterial endosymbionts in rhopalodiacean diatoms], in: Nature Scientific Reports, Band 7, Nr. 13075, 12. Oktober 2017, doi:10.1038/s41598-017-13578-8
  13. NCBI: Pseudoblepharisma tenue Kahl, 1926 (species)
  14. NCBI: Thiodictyon endosymbiont of Pseudoblepharisma tenue (species)
  15. LPSN: [https://lpsn.dsmz.de/species/thiodictyon-syntrophicum "Candidatus Thiodictyon syntrophicum" Peduzzi et al. 2012
  16. Sergio A. Muñoz-Gómez, Martin Kreutz, Sebastian Hess: A microbial eukaryote with a unique combination of purple bacteria and green algae as endosymbionts, in: Science Advances, Band 7, Nr. 24, 11. Juni 2021, eabg4102, doi:10.1126/sciadv.abg4102. Dazu: