Stifterbild
Als Stifterbild oder Stifterfigur bezeichnet man die figürliche Darstellung eines Stifters oder Auftraggebers an einem Werk der bildenden Kunst im Bereich der christlichen Kunst, das einen oder mehrere Stifter zeigt, ihre Urheberschaft dokumentiert und die Betrachter zum Gebet für sein bzw. ihr Seelenheil auffordert.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Darstellungen von Stiftern finden sich bereits in den Ecken einiger weniger römischer Mosaiken. Vereinzelt treten sie auch in der frühchristlichen Kunst auf. Im Mittelalter werden sie häufiger und halten sich bis in die Barockzeit. In frühen Kunstwerken sind die Stifter, manchmal zusammen mit Angehörigen, deutlich verkleinert am Rand der Szenerie dargestellt (vgl. Bedeutungsperspektive). Später sind Stifterfiguren auch durch individuelle Schutzheilige in die Szenerie eingebunden und werden zunehmend realistisch porträtiert.
Objekt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Objekt einer Stiftung kann ein Kodex, ein Bauwerk, ein Glasfenster, eine Skulptur oder ein Altarbild sein, dessen Anfertigung der Stifter finanziert hat. Der Auftraggeber eines Manuskriptes wird oft bei der Übergabe des gestifteten Werkes an eine Kirche, vertreten durch eine Personifikation des Heiligen, gezeigt, in diesem Fall übernimmt ein Dedikationsbild die Funktion des Stifterbildnisses. Stifter von Bauwerken werden meist mit einem Architekturmodell gezeigt, das der Stifter als Attribut trägt.
Funktion
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Von der allgemeinen Aufforderung zum Gebet abgesehen hat ein Stifterbild auch die Funktion, einen Rechtsakt zu dokumentieren. Entweder setzte es Recht oder erinnerte an einen Rechtsakt. Eine religiöse Stiftung diente dem Ziel, eine Versicherung auf das Jenseits abzuschließen. Die Frömmigkeit ist hier gleichsam 'arithmetisch' geworden. Man addierte die guten Werke – u. a. mit dieser Stiftung –, um beim Jüngsten Gericht nicht als zu leicht befunden zu werden.
Stifterdarstellungen in der altniederländischen Malerei des 15. Jahrhunderts dienten vermutlich als Reflexionsfiguren, an denen die Betenden ihr jeweils eigenes Gebet sowie ihren sündigen Status reflektieren und meditieren konnten. Diese Selbstreflexion wird in spätmittelalterlichen Gebetstraktaten und besonders in den Schriften der Devotio moderna gefordert. Sie sollte den Betenden zu einer Selbsterkenntnis und darüber zu einer Erkenntnis Gottes führen. Bei Medien persönlicher Frömmigkeit wie Diptychen muss der Anstoß zu diesem Prozess der Selbstreflexion und -erkenntnis umso stärker gewesen sein, da dort der Stifter vor seinem eigenen, betenden Abbild betete.[1]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Lieselotte Zinserling: Stifterdarstellungen in der altdeutschen Tafelmalerei. Eine Untersuchung ihrer formalen Gestaltung. Dissertation Universität Jena 1957.
- Rüdiger Becksmann, Stephan Waetzoldt: Vitrea dedicata. Das Stifterbild in der deutschen Glasmalerei des Mittelalters. Berlin 1975.
- Elisabeth Heller: Das altniederländische Stifterbild. tuduv, München 1976.
- Peter Bloch: Bildnis im Mittelalter. Herrscherbild – Grabbild – Stifterbild. In: Brigitte Hüfler (Hrsg.): Bilder vom Menschen in der Kunst des Abendlandes. Berlin 1980, S. 105–142.
- Christine Sauer: Fundatio und memoria. Stifter und Klostergründer im Bild (1100–1350). Göttingen 1993.
- Wolfgang Schmid: Zwischen Tod und Auferstehung. Zur Selbstdarstellung städtischer Eliten des ausgehenden Mittelalters im Spiegel von Stifterbildern. In: Gesellschaft für das Schweizerische Landesmuseum (Hrsg.): Himmel, Hölle, Fegefeuer. Das Jenseits im Mittelalter. Zürich 1994, S. 101–116.
- Alarich Rooch: Stifterbilder in Flandern und Brabant. Stadtbürgerliche Selbstdarstellung in der sakralen Malerei des 15. Jahrhunderts. Essen 1998.
- Christoph Wetzel: Prachthandschriften. Stifter und Mäzene in der Buchkunst aus acht Jahrhunderten. Belser, Stuttgart 1999.
- Peter Baumann: Spätantike Stifter im Heiligen Land. Darstellungen und Inschriften auf Bodenmosaiken in Kirchen, Synagogen und Privathäusern. Reichert, Wiesbaden 1999.
- Klaus Gereon Beuckers: Das Ottonische Stifterbild. Bildtypen, Handlungsmotive und Stifterstatus in ottonischen und frühsalischen Stifterdarstellungen. In: Klaus Gereon Beuckers, Johannes Cramer, Michael Imhof (Hrsg.): Die Ottonen. Kunst – Architektur – Geschichte. 2. Auflage. Imhof, Petersberg 2006, ISBN 978-3-932526-91-6, S. 63–102 (Erstausgabe: 2002).
- Gerhard Straehle: Der Naumburger Stifter-Zyklus und der Erschlagene im Westchor (Synodalchor) des Naumburger Doms. Verlag Langewiesche, Königstein 2012, ISBN 978-3-7845-2960-8.
- Johanna Scheel: Das altniederländische Stifterbild. Emotionsstrategien des Sehens und der Selbsterkenntnis. Gebr. Mann, Berlin 2013, ISBN 978-3-7861-2695-9.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Johanna Scheel: Das altniederländische Stifterbild. Emotionsstrategien des Sehens und der Selbsterkenntnis. Gebr. Mann, Berlin 2013, ISBN 978-3-7861-2695-9.