Quneitra
القنيطرة / al-Qunaiṭira (arabisch) קוניטרה Quneitra (hebräisch) Quneitra | ||
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Koordinaten | 33° 7′ N, 35° 50′ O | |
Basisdaten | ||
Staat | Syrien | |
Gouvernement | Quneitra | |
ISO 3166-2 | SY-QU | |
Höhe | 940 m | |
Einwohner | 40 | |
Quneitra im September 2001
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Quneitra (arabisch القنيطرة, DMG al-Qunaiṭira ‚das Brücklein‘, hebräisch קוּנַיְטְרָה Qūnajṭrah, auch Kunaitra) ist eine Stadt auf den Golanhöhen im Südwesten von Syrien. Vor dem Abzug der israelischen Truppen haben diese im Juni 1974 nach syrischen Angaben die Stadt fast vollständig zerstört und wurden dafür von der UN kritisiert.[1][2] Die Stadt ist bis heute zerstört und wird seitdem von der UNDOF kontrolliert.
Beschreibung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Quneitra liegt auf 985 Meter Höhe etwa 60 Kilometer südwestlich von Damaskus. Das gleichnamige syrische Gouvernement ist größtenteils von Israel besetzt und wurde 1981 von Israel annektiert; die Annexion wurde 1982 auf einer UN-Sondersitzung für nichtig erklärt. Quneitra liegt in einem von der United Nations Disengagement Observer Force und syrischen Polizisten kontrollierten Streifen direkt an der Grenze zum israelisch besetzten Golan. Ein Besuch der Stadt war im Mai 2011 nur mit einer Sondergenehmigung des syrischen Innenministeriums möglich.[3]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Ort wurde im 19. Jahrhundert während des Osmanischen Reiches gegründet. 1840 lebten für wenige Jahre einige Familien hier, die möglicherweise auf Anweisung von Ibrahim Pascha angesiedelt worden waren. 1873 bis 1890 wurden hier aus dem Kaukasus durch Russland vertriebene Tscherkessen angesiedelt, um arabische Aufständische zu kontrollieren. Die Ersten kamen über die Zwischenstation Sivas in Anatolien. Anfangs beschränkten sie sich auf Viehzucht, da ihnen kein Ackerland von den arabischen Nachbarn zugestanden wurde. 1878 gab es 300 bis 400 Tscherkessen, deren Zahl abzunehmen drohte. Im selben Jahr kamen 2000 Tscherkessen aus Bulgarien hinzu, die mit Landwirtschaft begannen und in der Umgebung neue Siedlungen gründeten. Ein Bericht aus dem folgenden Jahr schilderte eine funktionierende Wirtschaft und zählte in Quneitra etwa 100 kleine Häuser. Um 1885 lebten die Tscherkessen in zwölf größeren Dörfern in der Umgebung. Quneitra selbst besaß 260 Häuser, in denen 1300 Bewohner lebten.[4]
Während des Ersten Weltkriegs nach dem Sieg der Triple Entente in der Schlacht bei Megiddo über die Mittelmächte nahmen am 29. September 1918 die australisch-neuseeländische ANZAC Mounted Division und die 5th Cavalry Division (India) den Osmanen Quneitra ab, bevor sie Damaskus eroberten. Frankreich und Großbritannien teilten das Osmanische Reich unter sich auf und zogen neue Grenzen. Dabei kam Quneitra ans französische Völkerbundmandat für Syrien und Libanon.
In den folgenden Jahren zogen viele Christen aus Dörfern des Golans nach Quneitra. Deshalb ließ der Metropolit Al-Rahim Kamandos Maʿalouf (الرحيم كمندوس معلوف) der griechisch-orthodoxen Diözese Caesareia Philippi (أبرشية قيصرية فيلبس, Banyas) 1930/1931 am östlichen Stadtrand Quneitras die St. Georgskirche (كنيسة القديس جاورجيوس Kanīsat al-Qiddīs Ǧāwurǧiyūs[5]) errichten. Am 7. Mai 2001 betete Johannes Paul II. dort auf seiner Pastoralreise durch Syrien,[5] 2011 tat es ihm Erzbischof Hieronymos II. von Athen gleich. 1932 hatte der Hauptort des Golan 1.200, fast ausschließlich tscherkessische Einwohner, ein Hotel, eine Post- und eine Polizeistation sowie einen Zollposten.[6]
Im Jahr 1940, nach dem Waffenstillstand von Compiègne Frankreichs mit Deutschland hat dieses das hitlerfreundliche Vichy-Regime Marschall Pétains anerkannt und ihm die Kolonialstreitkräfte gegen die Bedingung belassen, dass deutsche Truppen die Bahnen in Syrien zum Aufmarsch gegen den Suezkanal nutzen dürften. Ein hitlerfreundlicher Militärputsch im Irak 1941, Rommels Vorstoß nach Ägypten und der deutsche Überfall auf die Sowjetunion rückten den deutschen Zugriff auf die Ölfelder des Nahen Ostens in den Bereich des Möglichen. Darauf eroberten britische Truppen mit Forces françaises libres im Juni 1941 die französischen Mandatsgebiete. In diesem Syrisch-Libanesischen Feldzug kam es in Quneitra zu teils heftigen Gefechten zwischen alliierten und Vichy-Kräften.[7]
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges (1945) und dem Abzug der letzten französischen Soldaten (1946) wurde die Stadt Teil des neu entstandenen Syrischen Republik. Der Beschluss der UNO vom 29. November 1947, im Mai 1948 das Mandatsgebiet zu teilen, sah die Gründung eines arabischen und eines jüdischen Staates vor, da die gemäß den Mandatsbestimmungen des Völkerbunds von 1922 entstandene jüdische Heimstätte nach Ansicht der UNO in einem binationalen Palästina für die Zukunft nicht gesichert war.
Sollte jedoch in Teilen Palästinas überhaupt ein Staat für Juden gegründet werden, kündigten zwei Tage nach dem Teilungsbeschluss der Vereinten Nationen die benachbarten Staaten Königreich Ägypten, Königreich Irak, Libanon, Saudi-Arabien, Syrische Republik und Transjordanien – sämtlich Mitglieder der Arabischen Liga – die Invasionen ihrer Streitkräfte an, um die Gründung eines jüdischen Staates militärisch zu unterbinden bzw. rückgängig zu machen.[8] Im Vorlauf dieser angekündigten Invasionen erlangte die Stadt strategische Bedeutung. Schon vor Ausbruch des Krieges um Israels Unabhängigkeit unterstützte Syrien die Arabische Befreiungsarmee mit Soldaten und lieferte Kriegsmaterial nach Galiläa. Nördlich des Sees Genezareth legte Syrien nahe der Grenze ein Nachschubdepot an.
Am 14. Mai 1948, dem Tag der Unabhängigkeit Israels, rückten die ersten Streitkräfte Syriens südlich des Sees ins ehemalige Mandatsgebiet Palästina ein, wo sie die Israelis überraschten, und nahmen am 18. Mai das Dorf Zmach. Am 6. Juni rückte eine zweite Brigade nördlich des Sees vor, wo sie am 10. Juni Mischmar haJarden eroberte, womit sie zwei Brückenköpfe westlich des Jordans hielten.[9] Weitere Erfolge blieben aus, im Waffenstillstand von 1949 zogen die Syrer sich zurück.
1967 lebten 29.400 Menschen in der Stadt. Im Rahmen des Sechstagekrieges wurde Quneitra am 10. Juni 1967 von der israelischen Armee erobert. Nach der Eroberung durch Israel wurde vier Kilometer westlich der Kibbuz Merom Golan gegründet. Zu Beginn des Jom-Kippur-Kriegs 1973 wurde die Stadt zunächst von der syrischen Armee kurzzeitig zurückerobert, fiel dann aber nach Gegenangriffen erneut an die Israelis.
Bevor sich die israelischen Truppen 1974 zurückzogen und Quneitra UN-Friedenstruppen übergaben, mussten die 37.000 Einwohner die Stadt verlassen. Quneitra soll nach Angaben der syrischen Seite von der israelischen Armee daraufhin zerstört worden sein, die UN bestätigte diese Angaben.[10] Nach israelischer Darstellung ist Quneitra jedoch bereits 1973 von syrischer Artillerie stark verwüstet worden.
Derzeit leben im Ort nur noch vier christliche Familien sowie die Soldaten des dort stationierten UN-Sicherheitskontingents. Quneitra ist heute eine verminte Geisterstadt, die nur in Begleitung von syrischem Sicherheitspersonal oder von UN-Truppen besucht werden darf. Sie wird in der syrischen Öffentlichkeit als Beispiel für das kaltschnäuzige Vorgehen der israelischen Armee dargestellt. In Damaskus befindet sich ein Museum, das „Oktober-Krieg-Panorama“, in dem sich ein Modell von Quneitra befindet und ein Film die syrische Sicht des Konflikts über die Stadt dokumentiert.
Im syrischen Bürgerkrieg stand die Stadt im November 2016 unter Kontrolle der sunnitischen Extremisten der al-Nusra-Front.[11]
Grenzübergang
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Westlich der Stadt liegt der einzige Grenzübergang zwischen Syrien und Israel. Dieser wurde infolge des syrischen Bürgerkrieges geschlossen und am 15. Oktober 2018 wieder eröffnet.[12]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Christoph Sydow: Quneitra – die verlassene Stadt. Alsharq-Blog, 14. März 2006
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Israeli Practices Affecting the Human Rights of the Population of the Occupied Territories ( vom 3. Januar 2011 im Internet Archive)
- ↑ Report of the Special Committee
- ↑ Auswärtiges Amt: Reise- und Sicherheitshinweise Syrien Abgerufen am 23. Mai 2011.
- ↑ Norman N. Lewis: Nomads and settlers in Syria and Jordan, 1800–1980. Cambridge University Press, Cambridge 1987, S. 104 f
- ↑ a b N.N., “على خطى بولس الرسول: القنيطرة أبرز محطات اليوم الأخير من الحج إلى سوريا”, in: an-Nahar, 8. Mai 2001 (خاص بزيارة البابا يوحنا بولس الثاني لسوريا); 2. Oktober 2014.
- ↑ Naval Intelligence Division (Hrsg.): Syria. B.R. 513 (Restricted). Geographical Handbook Series. April 1943. Archive Editions, Buckinghamshire 1987, S. 137, 227
- ↑ David Sutton, Graham Turner: Syria and Lebanon 1941. The Allied Fight Against the Vichy French. Osprey/Bloomsbury Publishing. Oxford, New York 2022, S. 7.
- ↑ Am 1. Dezember 1947 erklärte für die Arabische Liga ihr Generalsekretär ʿAbdel Rahman ʿAzzam: “By no means shall we permit the implementation of the resolution of the United Nations to partition Palestine. We shall resist and fight off this resolution with all the means at our disposal. We have prepared an elaborate plan agreed upon by the Arab States in the meetings of the League Council. This plan is being put into effect for the last two months […].”, in: الوحدة alWaḥda, Jaffa, 1. Dezember 1947. Dazu gibt es in der englischen Wikipedia einen Eintrag namens «Azzam Pasha quotation».
- ↑ Kenneth Pollack: Arabs at War – Military Effectiveness, 1948–1991. Lincoln 2004, S. 448–457; Benny Morris: 1948 – A History of the First Arab-Israeli War. New Haven 2008, S. 188, 255, 258.
- ↑ "Report of the Special Committee to Investigate Israeli Practices Affecting the Human Rights of the Population of the Occupied Territories", United Nations General Assembly Resolution 3240, 29. November 1974, A/RES/3240, unispal ( des vom 3. Januar 2011 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. .
- ↑ Robert Fisk: "A view of the Syrian war from the Golan Heights" The Independent vom 5. November 2016
- ↑ Vor Ort: Auf dem Golan mit Blick auf den Grenzübergang Quneitra. In: Israelnetz.de. 29. Oktober 2018, abgerufen am 18. November 2018.