Abhurit

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Abhurit
Bräunliche tafelige Abhurit-Kristalle vom Schiffswrack „Hydra“, Südküste von Norwegen (Bildbreite 5 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1983-061[1]

IMA-Symbol

Abh[2]

Andere Namen
  • Zinnoxihydroxychlorid
Chemische Formel Sn21O6(OH)14Cl16[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Halogenide
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

III/D.05-010

3.DA.30
10.05.09.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem trigonal
Kristallklasse; Symbol trigonal-trapezoedrisch; 32[4]
Raumgruppe R32 (Nr. 155)Vorlage:Raumgruppe/155[3]
Gitterparameter a = 10,02 Å; c = 44,01 Å[3]
Formeleinheiten Z = 3[3]
Zwillingsbildung nach {001}
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2
Dichte (g/cm3) gemessen: 4,42 (synthetisch); berechnet: 4,417[5]
Spaltbarkeit keine
Bruch; Tenazität hakig
Farbe farblos
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig
Glanz Glasglanz, opalisierend
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 2,060
nε = 2,110[6]
Doppelbrechung δ = 0,050[6]
Optischer Charakter einachsig positiv

Abhurit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Halogenide“. Es kristallisiert im trigonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Sn21O6(OH)14Cl16[3], entspricht also chemisch gesehen einem basischen Zinnchlorid.

Abhurit entwickelt meist dünntafelige, hexagonale Kristalle, findet sich aber auch in Form kryptokristalliner Krusten. Die bisher größten gefundenen, farblosen und durchsichtigen Kristalle hatten die Form kleiner, sechseckiger Täfelchen von etwa zwei Millimeter Größe.

Etymologie und Geschichte

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Erstmals entdeckt wurde Abhurit 1983 in einem etwa hundert Jahre alten Schiffswrack in der Bucht „Sharm Abhur“ etwa 30 km nördlich von Dschidda (englisch Jiddah) am Roten Meer in Saudi-Arabien. Dort bildete sich das Mineral durch die Korrosion der gesunkenen Zinn-Barren.[7] Abhurit ist das bisher einzige bekannte Typmineral Saudi-Arabiens.[8]

Analysiert und beschrieben wurde Abhurit durch John J. Matzko, Howard T. Evans jr., Mary E. Mrose, Philip Aruscavage, die das Mineral nach seiner Typlokalität benannten und ihre Ergebnisse zur Prüfung des Mineralstatus bei der International Mineralogical Association (IMA) einreichten (Register-Nr. IMA 1983-061). Diese erkannte den Mineralstatus und den gewählten Namen noch im selben Jahr an, was allerdings nicht mehr den seit 1998 geltenden Regeln der IMA entspricht, wonach Material anthropogenen Ursprungs (durch Menschen entstandene, verursachte, hergestellte oder beeinflusste Stoffe) wie beispielsweise korrodierte menschliche Artefakte nicht als Mineral akzeptiert wird.[9]

Typmaterial des Minerals befindet sich im Royal Ontario Museum von Toronto in Kanada und im National Museum of Natural History in Washington, D.C. in den Vereinigten Staaten (Register-Nr. 162403).[5]

Da der Abhurit erst 1983 entdeckt und als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet. Einzig im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser klassischen Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. III/D.05-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Halogenide“ und dort der Abteilung „Oxihalogenide“, wo Abhurit zusammen mit Panichiit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[10]

Die seit 2001 gültige und von der IMA bis 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Abhurit ebenfalls in die Klasse der „Halogenide“ und dort in die Abteilung der „Oxihalogenide, Hydroxyhalogenide und verwandte Doppel-Halogenide“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit Cu usw., ohne Pb“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 3.DA.30 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Abhurit in die Klasse der „Halogenide“ und dort in die Abteilung der „Oxihalogenide und Hydroxyhalogenide“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 10.05.09 innerhalb der Unterabteilung „Oxihalogenide und Hydroxyhalogenide mit der Formel Am(O,OH)pXq“ zu finden.

Kristallstruktur

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Abhurit kristallisiert trigonal in der Raumgruppe R32 (Raumgruppen-Nr. 155)Vorlage:Raumgruppe/155 mit den Gitterparametern a = 10,02 Å und c = 44,01 Å sowie 3 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Bildung und Fundorte

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Abhurit bildet sich als blasenförmige Ausblühungen auf der Oberfläche von Zinn unter Einfluss von Meerwasser. Begleitminerale sind unter anderem Romarchit, Hydroromarchit, Kutnohorit und Aragonit[5].

Als sehr seltene Mineralbildung konnte Abhurit bisher (Stand: 2011) nur in wenigen Proben an weniger als 10 Fundorten nachgewiesen werden.[12] Neben seiner Typlokalität Sharm Abhur in Saudi-Arabien sind dies noch ein nicht näher bestimmter Fundort bei Port Royal auf Jamaika sowie Schiffswracks bei Hidra/Flekkefjord in Norwegen, St Ives (England) und Anglesey (Wales) im Vereinigten Königreich und San Jose (Monroe County) und Beaufort in den Vereinigten Staaten.[6]

  • H. G. Von Schnering, R. Nesper, H. Pelshenke: Sn21Cl16(OH)14O6, das sogenannte basische Zinn(II)-chlorid. In: Zeitschrift für Naturforschung B. 36, 1981, S. 1551–1560 (PDF, freier Volltext).
  • John J. Matzko, Howard T. Evans jr., Mary E. Mrose, Philip Aruscavage: Abhurite, a new tin hydroxychloride mineral, and a comparative study with a synthetic basic tin chloride. In: The Canadian Mineralogist. Band 23, 1985, S. 233–240 (englisch, rruff.info [PDF; 2,1 MB; abgerufen am 28. Juni 2019]).
  • R. Edwards, R. D. Gillard, P. A. Williams: The stabilities of secondary tin minerals: abhurite and its relationships to Sn(II) and Sn(IV) oxides and oxyhydroxides. In: Mineralogical Magazine. Band 56, 1992, S. 221–226 (englisch, rruff.info [PDF; 390 kB; abgerufen am 28. Juni 2019]).
  • Stacie E. Dunkle, James R. Craig, J. Donald Rimstidt, Wayne R. Lusardi: Romarchite, Hydroromarchite and Abhurite formed during the corrosion of Pewter Artifacts from the Queen Anne’s Revenge. In: The Canadian Mineralogist. Band 41, 2003, S. 659–669, doi:10.2113/gscanmin.41.3.659 (englisch, rruff.info [PDF; 1,9 MB; abgerufen am 28. Juni 2019]).
Commons: Abhurite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 172 (englisch).
  4. David Barthelmy: Abhurite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 28. Juni 2019 (englisch).
  5. a b c Abhurite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 69 kB; abgerufen am 28. Juni 2019]).
  6. a b c Abhurite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 28. Juni 2019 (englisch).
  7. Stefan Schorn und andere Autoren: Sharm Abhur, Provinz Jiddah, Saudi-Arabien. In: mineralienatlas.de. Mineralienatlas – Fossilienatlas, abgerufen am 28. Juni 2019.
  8. Typlokalität Saudi-Arabien (englisch Saudi Arabia). In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 28. Juni 2019 (englisch).
  9. Ernest H. Nickel, Joel D. Grice: The IMA Commission on new Minerals and Mineral Names: Procedures and Guidelines on Mineral Nomenclature, 1998. In: The Canadian Mineralogist. Band 36, 1998, S. 2 (englisch, cnmnc.units.it [PDF; 336 kB; abgerufen am 28. Juni 2019]).
  10. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  12. Mindat – Anzahl der Fundorte für Abhurit