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Betty Paoli

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Betty Paoli, porträtiert von Marie Müller, 1886
Betty Paoli, Lithographie von August Prinzhofer, 1847

Betty/Betti Paoli, auch: Betty/Betti Glück, eigentlich: Barbara Elisabeth Glück (* 30. Dezember 1814 in Wien; † 5. Juli 1894 in Baden bei Wien) war eine österreichische Lyrikerin, Novellistin, Journalistin und Übersetzerin.

Betty Paoli ist das Pseudonym von Barbara Elisabeth (Anna) Glück, die offiziell eine Tochter des Militärarztes Anton Glück war. Wie allerdings Marie von Ebner-Eschenbach mehreren Personen vertraulich mitteilte, war Paoli eine leibliche Tochter des Fürsten Nikolaus von Esterházy aus Ungarn.[1] Ihre in Belgien gebürtige leibliche Mutter Theresia Grünnagel[2] erbte zwar ein Vermögen, verlor aber später ihr Eigentum aufgrund von Spekulationen.[3] Paoli erhielt zunächst eine gute Ausbildung, musste aber nach dem frühen Tod des Vaters und dem Verlust des Vermögens der Mutter mit 16 Jahren ihren Lebensunterhalt selbst verdienen, zunächst als Erzieherin in Russland und Polen. 1830 starb ihre Mutter. 1841 wurde Betty Paoli Partnerin im Haus des Philanthropen Josef Wertheimers (bis 1843). Dort lernte sie Adalbert Stifter, Franz Grillparzer, Nikolaus Lenau,[Anm. 1] Leopold Kompert, Hieronymus Lorm, Ernst von Feuchtersleben und Ottilie von Goethe kennen. Ihr erstes Buch, Gedichte, war Nikolaus Lenau gewidmet. Von 1843 bis zu deren Tod 1848 war sie Gesellschaftsdame der Fürstin Maria Anna Schwarzenberg. Mit dieser bereiste sie Holland und Deutschland, wo sie Bettina von Arnim besuchte. Im Jahr 1843 verbrachte Betty Paoli mehrere Monate in Venedig, wo sie sich kunsthistorisch bildete. Nach dem Tod der Fürstin versuchte Paoli in Deutschland als Journalistin Fuß zu fassen, kehrte aber Anfang der 1850er Jahre nach Wien zurück und arbeitete weiterhin als Gesellschafterin.

Ihre ersten Gedichte erschienen 1832/33 in Prager und Wiener Zeitungen, anfangs noch unter dem Namen Betti/Betty Glück.[4] Nach der Rückkehr nach Wien arbeitete sie als Sprachlehrerin. Seitdem hat sie unter dem Pseudonym Betty Paoli ihre Werke veröffentlicht. Sie übersetzte die Werke von Alexander Puschkin und Iwan Turgenjew. 1845 schrieb sie die Gedichte Romanzero, die Bettina von Arnim gewidmet waren, und 1850 Neue Gedichte. Von 1855 bis zu ihrem Tod lebte sie als freie Schriftstellerin im Haus ihrer Freundin Ida Fleischl[5], der Mutter des Physiologen Ernst Fleischl von Marxow, in Wien. Ihre enge Beziehung zu der jüdischen Familie Fleischl (später geadelte als Fleischl von Marxow) führte zu der Annahme, Betty Paoli stamme selbst aus einer jüdischen Familie.[Anm. 2]

Betty Paoli, Marie Ebner von Eschenbach und Ida Fleischl von Marxow beim Kartenspiel (von links nach rechts).
Grabstätte von Betty Paoli

Paoli arbeitete als Journalistin für die Zeitungen Lloyd, Die Presse sowie Wiener Zeitung und verfasste Theater-, Buch- und Ausstellungskritiken.[6] In der Zeit der Direktion Heinrich Laubes war sie (unter dem Namen Branitz) als Übersetzerin französischer Salonstücke für das Burgtheater tätig.[Anm. 3] Paoli und Fleischl-Marxow wurden später kunstkritische Beraterinnen der Schriftstellerin Marie Ebner von Eschenbach.

Mit einfühlsamen Gedichten und kritischen Aufsätzen wurde Betty Paoli zu einer wichtigen Figur der frühen Frauenbewegung. Ihre Gedichte fanden bei ihren Zeitgenossen höchste Anerkennung. Adalbert Stifter urteilte über ihren Gedichtband Nach dem Gewitter: „Das Weib ist durch und durch Genie, und es fehlt nur noch an Ruhe und Besonnenheit“. Für Grillparzer war sie „der erste Lyriker Österreichs“, für Hieronymus Lorm 1847 die „größte deutsche Dichterin“.[3] Sie veröffentlichte auch mehrere Novellen und war eine begabte Essayistin.

Am 15. September 1872 wurde das Wiener Stadttheater mit einem von Paoli verfassten und von Rosa Frauenthal (1852–1912)[7] vorgetragenen Prolog eröffnet.[8]

Wegen eines sie seit Jahren quälenden Nervenleidens hatte sich Fräulein Betty Paoli-Glück, Private, samt Dienstmädchen, am 21. Mai 1894 in das (ihr seit 1836 vertraute)[9] Baden zur Kur begeben.[Anm. 4][Anm. 5] In der Albrechtsgasse 23, unweit von Schloss Weilburg, bewohnte sie (in den Saisonen seit 1892) bei Zimmer, Küche, Kabinett einen Gartentrakt, in dem sie im Alter von 78 Jahren in den Morgenstunden des 5. Juli 1894, bereits in Agonie, einer Herzlähmung erlag.[10]

Paoli ruht in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 0, Reihe 1, Nummer 15).[11][12] Beim Leichenbegängnis am 7. Juli 1894 wurden unter anderem von Ferdinand von Saar (1833–1906) und Ottilie Bondy (1832–1921) Nachrufe vorgetragen.[13]

1930 wurde der Paoliweg in Wien-Hietzing nach ihr benannt.

Die ersten Gedichte von Betty Paoli tragen den Namen Gedichte (1841), folgend Neue Gedichte (1850), Lyrisches und Episches (1855), Neueste Gedichte (1870) und Letzte Gedichte (1895).

Ein Sonett aus den Neuesten Gedichten:

Bruch der Freundschaft.
Nessun maggior dolore.
Ob auch nur schwer, doch läßt es sich verwinden,
Wenn Liebe ihren flücht'gen Schwur uns bricht.
Wie sollten mit dem Lebensfrühling nicht
Auch seine Düfte und sein Glanz verschwinden?
Ich weiß ein bänger, schmerzlicher Empfinden:
Der Freundschaft, die einst uns'rer Seele Licht,
Zu starren in das todte Angesicht,
Und wieder einsam sich im All zu finden.
Was sonst dein Herz an Freuden auch verlor,
Verglichen mit so ungeheuerm Wehe,
Schnellt jedes anderen Schale hoch empor!
Dort ward doch nur Vergängliches zerschlagen;
Hier starb ein Göttliches, und schaudernd sehe
Ich die Vernichtung sich an Ew'ges wagen.

Im Jahre 2024 legte die Literaturwissenschaftlerin Karin Wozonig eine umfassende Biografie mit neuen Fundstücken und Erkenntnisse vor.

Arbeiten (Auswahl)

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Commons: Betty Paoli – Sammlung von Bildern
Wikisource: Betty Paoli – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

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  1. Hugo Thimig, Hugo Thimig erzählt, Franz Hadamovsky (Hrsg.), Böhlau, Graz-Köln 1962, S. 160.
  2. Betty Paoli im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  3. a b J(akob) H(einrich) HirschfeldFrauen-Galerie. Betty Paoli. In: Die Hausfrau. Blätter für Haus und Wirthschaft, Beilage Der Damen-Salon, Organ für die gesammten Frauen-Interessen, Nr. 1/1877, 22. September 1877, S. 1 f. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/hfb
  4. Betty Glück: Empfindungen am Ende eines Maskenballs. In: Allgemeine Theaterzeitung und Originalblatt für Kunst, Literatur, Musik, Mode und geselliges Leben, Nr. 52/1833 (XXVI. Jahrgang), 12. März 1833, S. 1, Spalte 2. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/thz
  5. Mehr zu Ida Fleischl, siehe Wikidata
  6. Andrea Reisner: Gegenwind für Edelfedern In: Wiener Zeitung, Online-Version vom 5. März 2017
    Österreichisches Alphabet Peter Payer über Wiener Feuilletonistinnen (1848 bis 1938). In: stadt-forschung.at
  7. Mehr zu Rosa Frauenthal, siehe Wikidata
  8. Sigmund Kolisch: Feuilleton. Die Eröffnung des Stadttheaters. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 2897/1872, 17. September 1872, S. 1 f. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  9. 1184. Fräulein Barbara Glück. Med. Dr.-Tochter aus Wien, wohnt in der Adlergasse Nr. 5. 14. July. In: Verzeichniss der Cur- und Badegäste in der landesfürstl(ichen) Stadt Baden im Jahre 1836, Jahrgang 1836, Heft 73, S. 96 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/bad — Adlergasse, heute: Beethovengasse, wo Paoli an damaliger Nummer 21 (unter gleicher Personsbeschreibung) auch am 24. Mai 1843 abstieg.
  10. † Betty Paoli. In: Neue Freie Presse, Abendblatt (Nr. 10727/1894), 5. Juli 1894, S. 2 Mitte. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  11. Todesanzeige: Schmerzerfüllt gebe ich allen Freunden und Bekannten (…) Betty Paoli (…). In: Neue Freie Presse, Morgenblatt (Nr. 10729/1894), 7. Juli 1894, S. 15, oben rechts (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp,
    Hedwig Abraham: Betty Paoli. Schriftstellerin, 1814–1894. In: viennatouristguide.at, abgerufen am 4. Juni 2012.
  12. knerger.de: Das Grab von Betty Paoli
  13. Betty Paoli’s Leichenbegängniß. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt (Nr. 10730/1894), 8. Juli 1894, S. 5, Mitte links (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  14. Kunstnotizen. (…) In der thätigen Rosner’schen Verlagsbuchhandlung (…). In: Blätter für Theater, Musik und Kunst, Nr. 8/1872 (XVIII. Jahrgang), 26. Jänner 1872, S. 32, Mitte rechts. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/mtk
  1. Lenau lernte sie Ende Sommer 1842 in Baden kennen. — Siehe: Paul TausigNikolaus Lenau’s Aufenthalt in Baden. In: Badener Zeitung, Nr. 29/1915 (XXXVI. Jahrgang), 10. April 1915, S. 3. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/bzt
  2. Das Jüdische Lexikon, Berlin 1927, Bd. IV/1, Sp. 773, notiert Paoli als Jüdin. — Siehe: Eintrag online, wie auch Salomon Winingers Große Jüdische National-Biographie. Band II, Czernowitz 1927, S. 432, die für Babette Elisabeth Glück als eigentlichen Namen Barbara Gründ nennt. — Siehe: Eintrag online.
  3. 1872 wurde von dem derselben Bühne vorstehenden, in eine Ministerialkommission berufenen Franz von Dingelstedt ihr (sowie Robert Hamerlings) Ansuchen um Zuerkennung einer Pension in Frage gestellt, da Paoli ja nichts mehr schreibe, sie reiche Produktionskraft vermissen lasse. – Siehe: Theater- und Kunstnachrichten. Eine Denunciation. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 2998/1872, 28. Dezember 1872, S. 8, Mitte rechts. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp; Neuestes. (…) Wie Hofrath Dingelstedt Kritik übt.. In: Morgen-Post, Nr. 352/1872 (XXII. Jahrgang), 23. Dezember 1872, S. 6 Mitte. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/mop
  4. Auch hatte sie ohne fremde Hilfe ihre im zweiten Stock des Hauses Habsburgergasse 5, Wien-Innere Stadt, gelegene Wohnung nicht mehr verlassen können. – Siehe: † Betty Paoli. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 10728/1894, 6. Juli 1894, S. 5, Mitte oben. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  5. Bevor Paoli mit Beginn der 1890er-Jahre wieder nach Baden zur Kur kam, nutzte sie wiederholt die Einrichtungen in Ischl sowie Tobelbad.