Christopher Browning

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Christopher Browning 2019 im Friedenssaal des Historischen Rathauses Münster.

Christopher Browning (Christopher Robert Browning; * 22. Mai 1944 in Durham (North Carolina)) ist ein US-amerikanischer Historiker. Er ist emeritierter Professor der University of North Carolina.

Browning studierte Geschichte an der University of Wisconsin–Madison. 1999 erhielt er die Professur für Geschichte an der University of North Carolina (bis 2014). 2006 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. Am 30. Oktober 2019 wurde ihm in Münster in Anwesenheit seiner Frau Jenny eine Festschrift zum 75. Geburtstag überreicht, die Laudatio hielt Norbert Frei.[1]

Forschungen über die NS-Zeit

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Bedeutende Rezeption erlangte sein Buch Ordinary Men (deutsch Ganz normale Männer), das Daniel Jonah Goldhagen als Ausgangspunkt für sein umstrittenes Buch Hitlers willige Vollstrecker diente.

Browning gilt als international renommierter Holocaustforscher, dessen Position im Spannungsfeld zwischen intentionalistischer und funktionalistischer Forschungsrichtung am ehesten mit der eines gemäßigten Funktionalisten zu beschreiben ist. So sieht er in seinem Werk The Origins of the Final Solution 2004 den Entscheidungsprozess zur Endlösung der Judenfrage in der gegenseitigen Durchdringung mehrerer Faktoren. Neben Hitlers obsessivem Antisemitismus spiele die ständige Radikalisierung des Vernichtungssystems, wie sie auch der deutsche Historiker Hans Mommsen beschreibt, eine wichtige Rolle. Schließlich beschleunigte nach Browning die zum Teil eigenmächtige Umsetzung judenfeindlicher Maßnahmen von unten die Vernichtungsdynamik. In Abgrenzung zu Martin Broszats Datierung des Holocaust auf das Frühjahr 1942 begründet Browning mit der Ausweitung der Massenerschießungen schon im Juni 1941 die These, dass Hitler im Sommer 1941 der konkreten Vorbereitung des Holocaust durch Himmler und Heydrich zustimmte und die dadurch ausgelösten Durchführungspläne im Oktober und November 1941 billigte.[2]

Werke (Auswahl)

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  • The final solution and the German Foreign Office. A study of referat D III of Abteilung Deutschland 1940–1943. Holmes & Meier, New York/London 1978 [tatsächlich erschienen 1979] ISBN 0-8419-0403-0 (Studie über die Beteiligung des Auswärtigen Amtes.)
deutsch: Die „Endlösung“ und das Auswärtige Amt. Das Referat D III der Abteilung Deutschland 1940–1943. Aus dem Amerikanischen von Claudia Kotte. Vorwort von Jürgen Matthäus. WBG, Darmstadt 2010, ISBN 3-534-22870-7 (vgl. Rezension in der FAZ[3] vom 7. Juli 2010)[4]
  • Ordinary Men. Reserve Police Battalion 101 and the Final Solution in Poland, New York, HarperCollins 1993 (1992), ISBN 0-06-099506-8
    • deutsche Ausgabe: Ganz normale Männer. Das Reserve-Polizeibataillon 101 und die „Endlösung“ in Polen. Übersetzt von Jürgen Peter Krause, Rowohlt, Reinbek 1993, ISBN 3-498-00569-3[5]

In Ganz normale Männer beschreibt Browning die Taten des Reserve-Polizeibataillons 101 während des Holocausts. Diese Einheit war im besetzten Polen verantwortlich für das Erschießen von Juden bzw. deren Gefangennahme, um sie in die Vernichtungslager abzutransportieren. Browning, der die Ergebnisse des Experiments Stanley Milgrams einbezieht, kommt zu dem Ergebnis, dass die Mitglieder der Einheit keine Dämonen oder fanatische Nazis gewesen seien, sondern normale mittelalte Männer, die aus der Arbeiterklasse Hamburgs stammten. Den Männern wurde gelegentlich die Wahl gelassen, auf die Ermordung der Juden zu verzichten, falls es ihnen unangenehm sei. Von 500 Mann wählten nur 15 diese Option.[6] Browning schlussfolgert, dass die Männer der Einheit nicht aus Mordlust töteten, sondern aus dem Gefühl des Gruppenzwangs und Gehorsam heraus. Wie das Milgram-Experiment zeige, seien die meisten Durchschnittsmenschen zu derartigen Taten fähig. Es müsse nur eine Autorität die Befehle geben.

Ordinary Men erhielt allgemeine Anerkennung, wurde jedoch von Daniel Goldhagen stark kritisiert. Browning habe den starken Einfluss der deutschen Kultur auf den Holocaust missachtet. In einem Verriss in der 1992er Ausgabe von The New Republic nannte Goldhagen Ordinary Men ein unwissenschaftliches und wertloses Buch. Browning habe sich seine eigenen Beweise zurechtgezimmert. Goldhagens Buch Hitlers willige Vollstrecker (1996) sei auch als Antwort auf Ordinary Men zu verstehen gewesen.[7]

Commons: Christopher Browning – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Westfälische Nachrichten, 31. Oktober 2019: Gast beim Jubiläum der Villa ten Hompel. Der berühmte US-Holocaust-Historiker Browning ist alarmiert. Onlinetext, eingesehen am 1. Januar 2021.
  2. Christopher Browning: The Origins of the Final Solution. The Evolution of Nazi Jewish Policy, September 1939 – March 1942, S. 309–373, S. 424 ff.
  3. Die Karrieristen von der Wilhelmstraße. 7. Juli 2010, abgerufen am 3. Februar 2019 (Rezensikon in der FAZ).
  4. Dazu Moshe Zimmermann im Interview mit der SZ vom 25. Oktober 2010: Frage: Plötzlich taucht ein gespenstisches Dokument auf, eine Reisekostenabrechnung, in der Franz Rademacher als Grund für eine Reise nach Belgrad ganz offen die „Liquidation von Juden“ anführt. Zimmermann: Entschuldigung, aber dieses Dokument, das bereits im Prozess gegen Rademacher benutzt wurde, ist nicht neu. Christopher Browning hat es bereits 1978 in seinem Buch über die Mitwirkung des Auswärtigen Amtes bei der „Endlösung“ zitiert. Es ist bezeichnend, dass Brownings Buch erst jetzt, nach dreißig Jahren, ins Deutsche übersetzt worden ist. Rademacher stand nach dem Krieg als Hauptverdächtiger vor Gericht. Was er getan hat, war unbestreitbar und grausam genug, aber er galt trotzdem nur als marginale Figur. Die Haupttäter waren im ersten Nürnberger Prozess verurteilt worden, und Rademacher galt als Mitglied der Funktionselite, die sich keiner größeren Verbrechen schuldig gemacht hatte.
  5. Verfilmung (Adaption) siehe unten
  6. Chris Browning: Ordinary Men: Reserve Police Battalion 101 and the Final Solution in Poland, HarperCollins, New York 1992, S. 57.
  7. Adam Shatz: Goldhagen’s willing executioners: the attack on a scholarly superstar, and how he fights back Slate. 8. April 1998.