Guttannen
Guttannen | |
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Staat: | Schweiz |
Kanton: | Bern (BE) |
Verwaltungskreis: | Interlaken-Oberhasli |
BFS-Nr.: | 0782 |
Postleitzahl: | 3864 |
Koordinaten: | 664936 / 167547 |
Höhe: | 1057 m ü. M. |
Höhenbereich: | 757–4264 m ü. M.[1] |
Fläche: | 200,85 km²[2] |
Einwohner: | 247 (31. Dezember 2023)[3] |
Einwohnerdichte: | 1 Einw. pro km² |
Ausländeranteil: (Einwohner ohne Schweizer Bürgerrecht) |
11,7 % (31. Dezember 2023)[4] |
Website: | www.guttannen.ch |
Gelmersee
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Lage der Gemeinde | |
Guttannen ist eine politische Gemeinde im Verwaltungskreis Interlaken-Oberhasli des Kantons Bern in der Schweiz.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Geschichte von Guttannen ist stark geprägt durch die geographische Lage und die Naturgewalten der alpinen Landschaft. Die Gemeinde liegt im Haslital, einem Talabschnitt des Berner Oberlandes, das seit Jahrhunderten als Verkehrs- und Handelsweg dient und Bern mit dem Wallis und Italien verbindet. Aufgrund der Nähe zu den Pässen Grimsel und Griespass spielte die Region schon früh eine wichtige Rolle im alpinen Transitverkehr, insbesondere im Rahmen des Warenaustauschs mit Italien. Guttannen ist ein Flurname, der zum Ortsnamen wurde. Es ist eine Kurzform von ze den guoten tannen (Bei den guten Tannen). 1377 wurde es erstmals als Guotontannon schriftlich erwähnt. 1723 und 1803 vernichteten zwei Feuer fast das gesamte Dorf. Nur wenige Häuser überstanden diese Katastrophe. Ein Lawinenniedergang am 3. März 1830 tötete 5 Männer aus dem Dorf, darunter Arnold Abbühl, der bei der Erstbesteigung des Finsteraarhorns vom 16. August 1812 mit dabei war.
Am 22. August 2005 verschüttete ein Murgang die Kantonsstrasse und verstopfte die Aare, die sich danach einen neuen Weg durch das Dorf suchte und grossen Schaden im Ortsteil Schattseite anrichtete.[5]
Geografie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Guttannen liegt im Berner Oberland beim Grimselpass. Die Nachbargemeinden von Norden beginnend im Uhrzeigersinn sind Innertkirchen, Obergoms, Goms, Fieschertal und Grindelwald.
Mit 200,85 Quadratkilometern Fläche ist Guttannen eine für schweizerische Verhältnisse riesige Berggemeinde (achtgrösste Gemeinde der Schweiz). Die Gemeinde ist grösser als der gesamte Kanton Appenzell Innerrhoden. 90 % der Fläche ist aber unfruchtbares Land.
Den Gletschern von Guttannen entspringt die Aare. Das Wasser wird intensiv zur Stromgewinnung genutzt, es gibt vier Seen: den Oberaarsee, den Grimselsee, den Räterichsbodensee und den Gelmersee.
An der westlichen Gemeindegrenze liegen das Schreckhorn, das Lauteraarhorn, das Finsteraarhorn und das Ritzlihorn.
Ebenfalls zur Gemeinde gehören der Finsteraargletscher, der Lauteraargletscher, der Unteraargletscher, der Oberaargletscher, der Gruebengletscher und der Bächligletscher.
Naturgefahren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Guttannen wird von verschiedenen Naturgefahren bedroht. Im Winter ist das Dorf durch Lawinen bedroht und seit einigen Jahren hat die Murgangaktivität stark zugenommen.
Lawinen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Lawinenwinter 1999 trugen Lawinen mitgerissene Baumstämme und Erdreich wurden bis vor Haustüren. 10 Kühe wurden begraben, Hochspannungsmasten knickten ab. An manchen Orten lag der Schnee auf der Kantonsstrasse (als einzige Verbindung mit Meiringen der Lebensnerv des Dorfes) 6 Meter hoch. Drei Wochen lang war Guttannen abgeschnitten.[6]
Murgänge
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 22. August 2005 ereignete sich bei und in Guttannen einer der grössten Murgänge der Alpen. Tagelange starke Regenfälle bildeten am Homadgletscher einen kleiner See, weil das Wasser nicht mehr richtig abfliessen konnte. Irgendwann brach das Wasser aus; es rauschte in den Rotlouwi-Graben, riss Geröll und Erdreich mit und schüttete es einige hundert Meter oberhalb des Dorfes auf die Kantonsstrasse und in das Flussbett der Aare. Die Aare suchte sich einen neuen Weg – mitten durch Guttannen und auch in die Kirche.[6]
In den Jahren 2009 bis 2011 haben mehrere grosse Murgangereignisse im Spreitgraben eine beträchtliche Geschiebefracht mobilisiert und in die Aare verfrachtet.[7]
Politik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gemeindepräsident ist Werner Schläppi (Stand 2022). Guttannen ist eine Einwohnergemeinde ohne Burgergemeinde. Daneben existiert eine evangelisch-reformierte Kirchgemeinde. In Guttannen gibt es zwei Bäuertgemeinden (Boden und Guttannen).
Bevölkerung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bevölkerungsentwicklung | ||||||||||||
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Jahr | 1764 | 1850 | 1880 | 1900 | 1930 | 1950 | 1960 | 1970 | 1980 | 1990 | 2000 | 2010 |
Einwohner | 288 | 503 | 463 | 345 | 391 | 557 | 430 | 394 | 384 | 374 | 328 | 310 |
Schule
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]An der Schule Guttannen werden in der 1.–6. Klasse (Gesamtschule) rund 10 Kinder unterrichtet. Zwischen August 2007 und Juni 2012 bestand ein Tagesschulangebot. 1971 wurde die Schule in Boden, einem Weiler 3 km unterhalb Guttannens, aufgehoben; das im Jahr 1956 gebaute Schulhaus dient heute dem Kindergarten.
In Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule Bern führte die Schule Guttannen ab 2010 während mehrerer Jahre als eine der ersten Primarschulen der Schweiz ein 1:1-computing-Projekt mit Netbooks und später Tablets durch.
Sehenswürdigkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fotogalerie
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Kirche
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Dorfteil Oberdorf
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Stollenbahn Guttannen-Handeck
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Bauernhaus
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Bauernhäuser
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Alpkäserei Handeck
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Hotel Handeck
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Grimselsee
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Blick von der Passhöhe auf Grimselsee, Grimselhospiz und Räterichsbodensee
Sonstiges
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Missionar Oskar Rose in Friedrich Dürrenmatts Stück Die Physiker, der auf dem Weg zu einer Missionsstation auf den Marianen im Stillen Ozean ist, war vorher Pfarrer in Guttannen.
Persönlichkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Eduard Langhans (1832–1891), evangelischer Geistlicher und Hochschullehrer
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Daniel Wolf, Jost von Allmen: Ernst E. Anderegg. Ausgewählte Bauten in der Region Interlaken-Oberhasli. (Schweizerische Kunstführer, Nr. 887/888, Serie 89). Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 2011, ISBN 978-3-85782-887-4.
- Walter Schläppi-Kuster, Marianne von Bergen, Ernst Rufibach, Katharina von Steiger: Kätter-Briefe. Die Familie Abbühl in Guttannen und Amerika (1851-1932). Hrsg.: Museum für Kommunikation, Kurt Stadelmann. Chronos, Zürich 2015, ISBN 978-3-0340-1302-4.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Offizielle Website der Gemeinde Guttannen
- Anne-Marie Dubler: Guttannen. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Spreitgraben. Oberingenieurkreis I, abgerufen am 4. September 2015.
- faz.net: Sind nun ganze Täler verloren? (19. Juli 2024)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
- ↑ Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2020 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
- ↑ Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
- ↑ Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
- ↑ Geschichte
- ↑ a b republik.ch vom 15. Juli 2024: Ein Dorf trotzt der Natur
- ↑ Situation. Oberingenieurkreis I, abgerufen am 4. September 2015.