Johann Diepenbrock

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Firmenschild auf der Orgel für Spiekeroog (1892), heute in Spetzerfehn

Johann Diepenbrock (* 16. Dezember 1854 in Norden; † 13. Dezember 1901 in Norden) war Orgelbauer in Ostfriesland, der Orgeln in traditioneller Bauweise schuf. Von seinen Neubauten sind die Werke mit mechanischer Kegellade in Werdum und Wymeer nahezu vollständig erhalten.

Firmenschild auf einem Druckwindharmonium

Den Orgelbau hat Diepenbrock anscheinend außerhalb Ostfrieslands erlernt.[1] Im Jahr 1881 machte er sich in Norden selbstständig, wo er 20 Jahre eine Werkstatt in der Osterstraße hatte. Begraben wurde Diepenbrock auf dem Friedhof Norden-Bargebur. Seine Witwe und sein Sohn Hans führten die Firma bis 1918/19 fort.[2]

Seine Werke wurden solide ausgeführt und spiegeln die Bauweise und Klangästhetik aus der Mitte des 19. Jahrhunderts wider. Während sich außerhalb Ostfriesland die pneumatische Traktur durchsetzte, baute Diepenbrock Orgeln mit mechanischer Kegellade und ohne Schwellwerk, teils hinter einem historisierenden Prospekte (so in Werdum und Hatzum), in der Regel aber im neogotischen Stil (so in Wymeer, Loga und Blomberg). Die Prospekte fertigten lokale Tischler an. Diepenbrock repräsentiert die letzte Phase eigenständiger ostfriesischer Orgelbauer vor dem industriellen Orgelbau, die bereits vom Niedergang der hochstehenden Orgelkultur gekennzeichnet war.[3] Klanglich sind die vielen verschiedenen grundtönigen Register kennzeichnend, die durch farbige Stimmen wie eine Mixtur und Zungenregister (häufig Trompete 8′) ergänzt werden, um einen kräftigen Gemeindegesang Rechnung zu tragen.[4] Neben einem Dutzend Neubauten führte Diepenbrock verschiedene Umbauten durch und veränderte die Dispositionen entsprechend dem Zeitgeschmack, wodurch etliche originale Stimmen verloren gingen.

Insgesamt sind zwölf Orgelneubauten und zahlreiche Reparatur- und Pflegearbeiten an ostfriesischen Orgeln nachweisbar.[2] Diepenbrock hat zudem mindestens zwei Druckwindharmoniums gebaut.

Die Größe der Instrumente wird in der fünften Spalte durch die Anzahl der Manuale und die Anzahl der klingenden Register in der sechsten Spalte angezeigt. Ein großes „P“ steht für ein selbstständiges Pedal, ein kleines „p“ für ein angehängtes Pedal. Eine Kursivierung zeigt an, dass die betreffende Orgel nicht mehr oder lediglich der Prospekt erhalten ist.

Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Anmerkungen
1888 Wymeer Reformierte Kirche
II/P 16 Neubau mit mechanischer Kegellade und neogotischem Prospekt; nahezu vollständig erhalten[5]
1889 Holthusen Holthuser Kirche Neubau, der aufgrund von Feuchtigkeitsschäden und Vandalismus im Zweiten Weltkrieg, als die Kirche kanadischen Soldaten als Kino diente, verloren ging; Prospekt erhalten[6]
1890 Norden St.-Ludgerus-Kirche
I Neubau einer Orgel mit mechanischer Kegellade hinter neogotischem Prospekt, der noch erhalten ist (heute II/P/20)
1890–1891 Hatzum St.-Sebastians-Kirche I/P 10 Neubau hinter historisierendem Prospekt; nicht erhalten
1891 Loga Friedenskirche II/P 16 Neubau mit mechanischer Kegellade; im Zweiten Weltkrieg Teilzerstörung durch eine Granatenexplosion, anschließend weiterer Pfeifenverlust durch Plünderungen; 1952 Instandsetzung mit 8 Registern durch Alfred Führer; 1964 ersetzt
1892 Spiekeroog Alte Inselkirche
I/p 6 Neubau mit mechanischer Kegellade; vor 1961 abgebaut (ersetzt durch Instrument von Rudolf Janke) und Einlagerung; 1976 Aufbau als private Hausorgel (I/p/4) mit neuer Windlade (Schleiflade 1974 gebaut von Tischler H. Leeners) in Spetzerfehn durch Gerhard Rebel, basierend auf Prinzipal 4′ statt ursprünglichem 8′, Gehäuse neu gestaltet; 1991 Restaurierung durch Wolfgang Hartig; 2000 teilweise Erneuerung der Oktave 2′ durch Christian Wachtendorf; ansonsten Pfeifenwerk, Klaviaturen, Registerzüge und Spieltisch-Schrank original
1893 Blomberg-Neuschoo Blomberger Kirche I/P 9 Neubau hinter neogotischem Gehäuse; vollständig erhalten[7]
1894 Loga Reformierte Kirche I/P 11 Neubau hinter neogotischem Prospekt; nicht erhalten
1895 Moordorf Martin-Luther-Kirche
I/P 7 Neubau; Gehäuse und zwei Register erhalten
1896 Ostrhauderfehn Petrus-Kirche II/P 14 Neubau; 8 Register vollständig erhalten, 5 von Führer 1951 umgebaut[8]
1897–1898 Werdum St. Nicolai II/P 14 Neubau mit mechanischer Kegellade und historisierendem Prospekt mit rundem Bass-Mittelturm, zwei Spitztürmen, zweigeschossigen Diskantfeldern und den seitlichen Blindfeldern mit Schleierwerk, der sich an der Vorgängerorgel von Valentin Ulrich Grotian (um 1690) orientiert; nahezu vollständig erhalten[9]
1899 Baltrum Alte Inselkirche I 5 Neubau; nicht erhalten
1900 Borkum Reformierte Kirche
II/P 15 Neubau; nicht erhalten
Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Anmerkungen
1883–1884 Dornum St.-Bartholomäus-Kirche
III/P 32 Umbau der Orgel von Gerhard von Holy (1710–11), bei dem sieben Register und die Klaviaturen ausgetauscht werden → Orgel der St.-Bartholomäus-Kirche (Dornum)
1884 Hage St.-Ansgari-Kirche
II/P 22 Austausch der Vox humana 8′ im Hauptwerk der Orgel von Dirk Lohman (1776–83) vermutlich durch eine Aeoline 8′[10]
1885 Westerende-Kirchloog St. Martin
I/P 15 Erweiterungs-Umbau der Orgel von Johann Friedrich Wenthin (1793) im Zuge der Umsetzung auf die Westempore: Austausch eines Registers und Ergänzung um ein selbstständiges Pedal mit drei Registern
1886 Marienhafe St.-Marien-Kirche
II/p 20 Austausch von zwei Registern der Orgel von Gerhard von Holy (1710–13) → Orgel der Marienkirche (Marienhafe)
1887 Backemoor St. Laurentius und St. Vincenz
I/p 12 Neuer Spieltisch und Balganlage Tausch von anderthalb Registern (Bourdon 16′ und Gedackt 8′ von C bis gis) der Orgel von Johann Friedrich Wenthin (1783)[11]Orgel
1888 Norden Ludgeri-Kirche
III/P 46 Einbau neuer Koppeln und Klaviaturen sowie Dispositionsänderungen an der Orgel von Arp Schnitger (1692)[12]
1890 Böhmerwold Böhmerwolder Kirche I/p 7 Einbau einer Gambe 8′ in die Orgel von Johann Gottfried Rohlfs (1828) anstelle der ursprünglichen Trompete 8′
1890 Amdorf Amdorfer Kirche I/p 9 Neue Balganalage und Manualklaviaturen für die Orgel von Heinrich Wilhelm Eckmann (1773)
1890 Norden Mennonitenkirche I/p 7 ? Einbau eines Prinzipal 8′ in die Orgel von Johann Gottfried Rohlfs (1799); um 1900 Überführung in die Norder Christuskirche (Bapstisten); heute II/P/11 → Orgel der Christuskirche (Norden)
1890 Osteel Warnfried-Kirche II/p 13 Umsetzung der Orgel von Edo Evers (1619) und Austausch der drei originalen Keilbälge durch einen Magazinbalg → Orgel der Warnfried-Kirche (Osteel)
1892 Pilsum Pilsumer Kreuzkirche I/p 7 Reparatur der Orgel von Valentin Ulrich Grotian (1694)
1893 Midlum Midlumer Kirche
I/p 9 Reparatur der Orgel von Hinrich Just Müller (1766), Tausch der Manualklaviatur und eines Registers der drei originalen Keilbälge durch einen Magazinbalg
1897–1898 Carolinensiel Carolinensieler Kirche I/p 6 Neuer Spieltisch und Tausch zweiter Register und weiterer Pfeifen der Orgel von Hinrich Just Müller (1780–81)
1898 Thunum St.-Marien-Kirche I/p 6 Einbau einer Gambe 8′ in die Orgel von Arnold Rohlfs (1855) anstelle vermutlich einer Traversflöte 8′ und Austausch der Bassoktave des Gedackt 8′[13]
1900 Bunde Reformierte Kirche
II/P 25 Erweiterung der Orgel von Hinrich Just Müller (1790–93) um ein freies Pedal mit drei Registern auf einer Kegellade
  • Walter Kaufmann: Die Orgeln Ostfrieslands. Ostfriesische Landschaft, Aurich 1968.
  • Ralph Nickles: Orgelinventar der Krummhörn und der Stadt Emden. Hauschild Verlag, Bremen 1995, ISBN 3-929902-62-1.
  • Fritz Schild: Denkmal-Orgeln. Dokumentation der Restaurierung durch Orgelbau Führer 1974-1991. Florian Noetzel, Wilhelmshaven 2005, ISBN 978-3-7959-0862-1 (2 Teile: Backmoor-Groothusen, Hage-Wiesens).
  • Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Keweloh: Orgeln in Niedersachsen. Hauschild, Bremen 1997, ISBN 3-931785-50-5.
  • Harald Vogel, Reinhard Ruge, Robert Noah, Martin Stromann: Orgellandschaft Ostfriesland. Soltau-Kurier-Norden, Norden 1995, ISBN 3-928327-19-4.
Commons: Johann Diepenbrock – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Kaufmann: Die Orgeln Ostfrieslands. 1968, S. 53.
  2. a b Nickles: Orgelinventar der Krummhörn und der Stadt Emden. 1995, S. 137, 517f.
  3. Vogel: Orgellandschaft Ostfriesland. 1995, S. 117f.
  4. Nickles: Orgelinventar der Krummhörn und der Stadt Emden. 1995, S. 54.
  5. Orgel in Wymeer auf NOMINE e. V.
  6. Paul Weßels (Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft): Holthusen (PDF-Datei; 36,7 kB), gesehen 25. Februar 2012.
  7. Blomberg-Neuschoo, gesehen 25. Februar 2012.
  8. Petruskirche Ostrhauderfehn, gesehen 25. Februar 2012.
  9. St. Nicolai Werdum, gesehen 25. Februar 2012.
  10. Schild: Denkmal-Orgeln. 2005, S. 462, 471.
  11. Siehe den Restaurierungsbericht in Schild: Denkmal-Orgeln, S. 13–22.
  12. Orgel in Norden auf NOMINE e. V., gesehen 25. Februar 2012.
  13. Schild: Denkmal-Orgeln. 2005, S. 827, 835.