Locumtenenstaler

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Locumtenenstaler, Schautaler Friedrichs des Weisen o. J., geprägt nach 1507 auf die Statthalterwürde, erste Vikariatsgedenkprägung Sachsens (Silber; Durchmesser 49 mm; 28,76 g)

Der Locumtenenstaler, auch Statthaltertaler genannt, ist eine Gedenkprägung mit dem Brustbild des sächsischen Kurfürsten Friedrich des Weisen (1486–1525), dessen Umschrift auf der Vorderseite mit “Imperique locumtenens generalis” (lateinisch für Reichsgeneralstatthalter) endet.[1][2] Dieser Titel war Friedrich vom König Maximilian I. im Jahr 1507 verliehen worden.[3] Der Statthaltertaler wurde als Münze (Gedenkmünze) und Medaille (bezeichnet als Schautaler) geprägt.

Münzen und Medaillen Friedrichs III.

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alleinprägungen Friedrichs sind selten. Nach Paul Arnold, langjähriger Direktor des Münzkabinetts in Dresden, sind das nur zwei verschiedene Typen Gedenkmünzen und einseitige Löwenpfennige.

  • Zu den Gedenkmünzen, die in Nürnberg auf die Statthalterwürde geprägt wurden, zählen demnach:[4]
    • 1507: Gulden, (Taler), ¼ Gulden (Taler), Schreckenberger, Groschen
    • 1510: ¼ Gulden (Taler)
    • 1517: ¼ Gulden (Taler), Schreckenberger
    • ohne Jahreszahl: Gulden (Taler), ½ Gulden (Taler), ¼ Gulden (Taler), ⅛ Gulden (Taler), Schreckenberger

Die auf die Statthalterwürde geprägten Schautaler (nicht Gedenkmünzen) im Taler- und Doppeltalergewicht sind Medaillen, obwohl sie oft auch als Guldengroschen bezeichnet werden.[5] Sie wurden nach einem Entwurf Lucas Cranachs des Älteren gestaltet und gehören zu den schönsten deutschen Schautalern der Renaissance.[6]

Der andere Typ Gedenkmünze (von 1522) mit dem Bildnis Friedrichs mit Mütze, der auch als Schautaler bezeichnet wird, ist kein Locumtenenstaler. Er wurde wahrscheinlich in der Münzstätte Zwickau oder in Nürnberg geprägt.[7] Der Schautaler diente als Vorlage für die Vorderseite der Gedenkmünze zum 400-jährigen Reformationsjubiläum 1917 aus der Münzstätte Muldenhütten mit dem Brustbild Friedrichs des Weisen (1486–1552), die heute zu den seltensten Münzen zählt.

Beschreibung des Locumtenenstalers

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Locumtenenstaler ist in Varianten mit geringen Unterschieden in der Münzaufschrift sowie in der Höhe des Reliefs mit und ohne Jahreszahl und ohne Münzmeisterzeichen geprägt worden.

Der hier gezeigte Schautaler hat ein hohes medaillentypisches Relief, während andere Locumtenenstaler mit der üblichen Reliefhöhe der Guldengroschen geprägt wurden und Gedenkmünzen sind.

Die nachfolgende Beschreibung bezieht sich auf die Abbildung (siehe Bild oben).

Der silberne Schautaler hat einen Durchmesser von 49 Millimeter, wiegt 28,76 Gramm und wurde in Hall geprägt. In Katalogen wird teilweise auch Dresden als Münzstätte nach später erfolgter Übersendung der Stempel nach Sachsen für wahrscheinlich gehalten. Mit den Stempeln dieses breiten Schautalers sollten ursprünglich Doppelstücke geprägt werden.[8]

Der Stempelschnitt erfolgte nach einer Vorlage von Lucas Cranach dem Älteren, der 1504 an den kursächsischen Hof nach Wittenberg kam und die Entwürfe für die Statthaltermünzen und Medaillen anfertigte.[9] Für diese prachtvolle Renaissanceprägung schnitt der seit 1508 in der Münzstätte Hall tätige Ulrich Ursenthaler der Ältere die Stempel.[10]

Die Vorderseite zeigt das geharnischte Brustbild des Kurfürsten mit Drahthaube im Bogenzierkreis. Auf dem Harnisch ist „IHS: MARIA“ zu lesen.

Eine Drahthaube ist „eine so genannte Kalotte, eigentlich eine Unterhaube zur Bändigung langen Haupthaars und zugleich zur Befestigung des Baretts, die oft bei männlichen Privatbildnissen dieser Zeit erscheint […]. Sie dürfte hier als gepflegte Variante der Barhäuptigkeit, als Zeichen einer demütigen Grundhaltung zu verstehen sein.“[11]

Die Umschrift lautet:

FRID(ericus) DVX SAX(oniae) ELECT(or). IMPER(ii)QVE. LOCVM: TENE(n)S: GENERA(lis) unterbrochen von den Wappen: Kurwappen, Herzogtum Sachsen, Thüringen und Meißen.

Übersetzung: Friedrich, Herzog von Sachsen, Kurfürst und Reichsgeneralstatthalter.

Auf der Rückseite ist ein nimbierter einköpfiger Reichsadler zu sehen, der auf der Brust das habsburgisch-burgundische Wappenschild trägt.

Die Umschrift lautet:

MAXIMILIANVS – ROMANORVM – REX. SEMPER. AUGVST(us).

Übersetzung: Maximilian, römischer König, allzeit Mehrer des Reichs.[12]

Die Würde des Reichsvikars erscheint in Sachsen erstmals ab 1507 auf Münzen des sächsischen Kurfürsten Friedrichs des Weisen in Form von „Imperique locumtenens generalis“. Es sind somit die ersten Vikariatsmünzen Kursachsens.[13] Die Statthalterwürde wurde Friedrich III. vom König Maximilian I. am 8. August 1507 auf dem Reichstag zu Konstanz übertragen und galt für die Zeit der Abwesenheit des Königs. Nachdem Maximilian von seiner am 4. Februar 1508 in Trient erfolgten Wahl zum römischen Kaiser zurückgekehrt war, erlosch sein Amt als permanenter Vertreter des Königs. Ihm wurde aber ehrenhalber gestattet, den Titel des Reichsgeneralstatthalters bis zum Tod Kaiser Maximilians I. (1519) weiterhin zu führen.[14]

Friedrich III. hat die Locumtenenstaler, die sogenannten Konterfeimünzen[15] nach seinen persönlichen Vorstellungen prägen lassen. Nachdem er die Statthalterwürde vom Kaiser erhalten hatte, beauftragte er Lucas Cranach den Älteren noch im gleichen Jahr mit Modellentwürfen. Bis 1519 ließ er vier Stempelschneider zur Herstellung der Stempel für die Münzen und Medaillen mit seinem Konterfei arbeiten: Hans Krug den Älteren, Lorenz Werder, Ulrich Usenthaler den Älteren und danach von 1513 bis 1519 den in Nürnberg tätigen Goldschmied und Stempelschneider Hans Krafft den Älteren, der auf der Grundlage der verschiedenen Stempelpaare Stempelschnitte für Statthaltermedaillen mit hohem Relief fertigte.[16]

Das Münzprivileg König Maximilians I. für Kurfürst Friedrich III.

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In dieser Urkunde ist u. a. enthalten, welche Münznominale Friedrich III. während der Abwesenheit des Königs prägen lassen kann, welche Aufschrift sie tragen sollen und was das Münzbild der Vorder- und Rückseite der Silbermünzen darstellen soll. Weiterhin ist vorgeschrieben, dass Goldmünzen „nach Gewicht und Feingehalt dem rheinischen Gulden“ entsprechen müssen und „die Silbermünzen ihrem realen Wert.“

Das Münzbild und die Aufschrift ist im Münzprivileg wie folgt vorgeschrieben:

„Auf einer Seite soll ein Adler mit dem Wappen Österreichs und Burgunds auf der Brust und der Legende Maximilians […] zu sehen sein; auf der anderen Seite […] das kurfürstliche Wappen“ mit seinem Titel und den ihm verliehenen Statthaltertitel. Dazu eine Anmerkung des Bearbeiters der Urkunde, dass die Vorlage Maximilians verletzt wurde. Der tatsächlich geprägte Guldengroschen[17] unterscheidet sich von der Vorlage im Wesentlichen dadurch, dass Friedrich statt des vorgeschriebenen kurfürstlichen Wappens sein Brustbild verwendete, obwohl die Beachtung dieser Urkunde bei Androhung folgender Strafen befohlen wurde:

„[Maximilian] befiehlt unter Androhung der königlichen Ungnade und einer Strafe von 50 Mark lötigen Goldes die Beachtung dieser Urkunde und die Akzeptierung der genannten Münzen als im Reich gängige Sorten.“[18]

Die erhebliche Abweichung der Locumtenenstaler vom vorgeschriebenen Münzbild blieb ohne Konsequenzen. Maximilian gestattete Friedrich den Statthaltertitel nach seiner Rückkehr honoris causa bis zu seinem Tod weiter zu führen.

Köhlers historische Erklärung (von 1730)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Kupferstich der „Konterfeimünze“ aus Köhlers Münzbelustigung entspricht dem geprägten Original im Bild oben, die Wappen sind hier besser erkennbar

In Johann David Köhlers Münzbelustigung erscheint der Locumtenenstaler als „Churfürst Friedrich des Weisen zu Sachsen merkwürdige und im grossen Werth gehaltene silberne Contrafect-Münze [= Conterfectmünze, Konterfeimünze][19] mit den Worten IHS MARIa auf dem Halskragen“.

In der Beschreibung der Rückseite erklärt der Gelehrte, wieso der Reichsadler als einköpfiger und nicht als doppelköpfiger Adler, wie das bei Kaisermünzen üblich ist, dargestellt wurde:

„Weil Maximilian nur ROMANORUM REX [lat. für römischer König] in dem umgesetzten Tittel genennt wird, so hat man auch nur einen einköpffigten Adler auf der Münze abgebildet; in der [anderen] angeführten Münze von A. 1517 aber heisst er ROMANORUM IMPERATOR [lat. für römischer Kaiser], daher ist auf selbigen ein zweyköpfigter Adler gesetzet worden.“

Die Worte IHS MARIA auf dem Harnisch des Kurfürsten erklärt Köhler damit, dass „der Churfürst […] die Worte […] auf die Medaillen [habe] setzen lassen, die er nach Rom an die Cardinäle gesendet [hat] und […] [dass er] mit diesem Symbolo seine eifrige Beständigkeit bey der Römischen Kirche an den Tag [habe] legen wollten.“[20]

Der Schautaler, so Köhler, ist „eigentlich kein ordentlicher Taler, ob schon [er] die hiesige zwey Loth [Talergewicht = 29,23 g] recht genau wiegt, sondern es ist […] eine Contrafecten Münze, oder Schaustück, das nicht current [umlauffähig] gewesen, sondern von dem Churfürsten nur zu Geschencken, als ein Gnaden Pfenning [= Medaille mit Fürstenbildnis, die vom Fürsten an Günstlinge verschenkt wurden] gebraucht worden, wie sie dann auch von weit erhabenern und zierlichern Gepräge [sind], als [die] Churfürstlichen Thaler.“[21]

  • Walther Haupt: Sächsische Münzkunde. Deutscher Verlag der Wissenschaft, Berlin 1974
  • Walther Haupt: Sächsische Münzkunde. Tafeln. Deutscher Verlag der Wissenschaft, Berlin 1974, Tafel 54
  • Paul Arnold: Die sächsische Talerwährung von 1500 bis 1763. In: Schweizerische numismatische Rundschau, Band 59, 1980
  • Klaus Keilitz: Die sächsischen Münzen 1500–1547. H. Gietl, Regenstauf 2010
  • Johann David Köhler: Historische Münzbelustigung, Nürnberg 1730
  • Carl Christoph Schmieder: Nachtrag zu dem Handwörterbuch der gesamten Münzkunde … Halle / Berlin 1815, S. 117/118: „Locumtenensthaler“ und einer mit dem Kreuz (C.C.S.N.) ist jedoch kein Locumtenenstaler
  • Friedrich von Schrötter (Hrsg.) mit N. Bauer, K. Regling, A. Suhle, R. Vasmer, J. Wilcke: Wörterbuch der Münzkunde. de Gruyter, Berlin 1970 (Nachdruck der Originalausgabe von 1930)
  • Heinz Fengler, Gerd Gierow, Willy Unger: transpress Lexikon Numismatik. Berlin 1976
  • Michael Lilienthal: Vollständiges Thaler-Cabinet, das ist: Historisch-Critische Beschreibung […]. Königsberg / Leipzig 1747, S. 168/170, Nr. 486/487/488 „Ein sonderbarer Thaler […]“
  • Günther ProbsztDas Münzkabinett des Stiftes St. Paul in Kärnten.Carinthia I. Mitt(h)eilungen des Geschichtsvereines für Kärnten / Carinthia I. Geschichtliche Beiträge zur Heimatkunde Kärntens (Mitteilungen des Geschichtsvereines für Kärnten) / Carinthia I. Geschichtliche und volkskundliche Beiträge zur Heimatkunde Kärntens, Jahrgang 1959, S. 594ff. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/ca1

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Friedrich von Schrötter …: Wörterbuch der Münzkunde …, S. 358
  2. Numismatischer Verein zu Dresden e. V. (Hrsg.): Dresdner Numismatische Hefte, Nr. 1, 1996, S. 20. Genealogie: 1507 Reichsgeneralstatthalter
  3. Heinz Fengler, …: transpress Lexikon Numismatik …, S. 203
  4. Paul Arnold: Walther Haupt und seine „Sächsische Münzkunde“. In: Numismatische Hefte, Dresden Nr. 20, 1986, S. 57
  5. Paul Arnold: Walther Haupt und seine „Sächsische Münzkunde“. In: Numismatische Hefte, Dresden Nr. 20, 1986, S. 57: Schautaler
  6. acsearch: Einer der schönsten deutschen Schautaler der Renaissance (hier vergoldet), als „doppelter Guldengroschen“ bezeichnet, ist ein Schautaler (Medaille)
  7. Paul Arnold: Walther Haupt und seine „Sächsische Münzkunde“. In: Numismatische Hefte, Dresden Nr. 20, 1986, S. 57: Schautaler oder Medaillen
  8. acsearch: Münzstätte Hall oder Dresden nach später erfolgter Übersendung der Stempel nach Sachsen. (Anmerkung hierzu: Die Münzstätte Dresden wurde erst 1556 von Kurfürst August errichtet. Der „Breite Guldengroschen“ ist ein Schautaler (Medaille)).
  9. Paul Arnold: Die sächsische Talerwährung von 1500 bis 1763, Schweizerische numismatische Rundschau, Band 59, 1980, S. 59 (nach P. Grotemeyer: Die Statthaltermedaillen des Kurfürsten Friedrichs des Weisen in Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst, 3. Folge XXI, 1970 S. 143–166)
  10. Künker Auktion 2016, Nr. 271, S. 142: Seit 1508 Stempelschneider in der Münzstätte Hall (ist verbürgt)
  11. Berthold Hinz: Die Bildnisse der drei letzten ernestinisch-sächsischen Kurfürsten. In: Lesarten der Geschichte …, hrsg. von Jens Flemming u. a. Kassel: kassel university press, 2004, S. 199–220.
  12. Johann David Köler: Historische Münzbelustigung, Nürnberg 1730, S. 257
  13. Walther Haupt: Sächsische Münzkunde …, S. 167
  14. Landratsamt für Denkmalspflege und Archäologie in Sachsen-Anhalt …: „Martin Luther, Schätze der Reformation“, Sandsteinverlag. Darin S. 62: Medaille (sog. Statthaltertaler) auf die 1507 erlangte Generalstatthalterschaft Friedrich des Weisen
  15. Johann David Koeler: Historische Münzbelustigung, Nürnberg 1730, S. 246
  16. Landratsamt für Denkmalspflege und Archäologie in Sachsen-Anhalt …: Martin Luther, Schätze der Reformation. Sandsteinverlag. S. 62: Medailleure
  17. acsearch: Guldengroschen, Gedenkmünze auf die Statthalterwürde
  18. Der Reichstag zu Konstanz 1507 (PDF) bearbeitet von Dietmar Heil. Reichstagsakten, Mittlere Reihe, 1.1. Reichsstatthalteramt Kurfürst Friedrichs von Sachsen, S. 3, Nr. 736
  19. Carl Christoph Schmieder: Handwörterbuch der gesammten Münzkunde. Halle / Berlin 1811, S. 99
  20. Anmerkung: IHS MARIA steht nicht auf allen Schautalern
  21. Johann David Köhler: Historische Münzbelustigung. Nürnberg 1730, S. 257–264