Magnesiochromit

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Magnesiochromit
Magnesiochromit (schwarz) in Matrix aus der Mistake Mine, Butler Estate Chromlagerstätte, Wright Mountain, Diablo Range, Fresno County, Kalifornien (Größe 3,2 × 2,5 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Mchr[1]

Andere Namen
  • Magnochromit[2]
  • Mitchellit[3]
  • Pikrochromit[4]
Chemische Formel MgCr3+2O4[5][6]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/B.01c
IV/B.03-010[7]

4.BB.05[8]
07.02.03.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol hexakisoktaedrisch; 4/m32/m[9]
Raumgruppe Fd3m (Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227[5]
Gitterparameter a = 8,36 Å[5]
Formeleinheiten Z = 8[5]
Häufige Kristallflächen {111}, {100}[10]
Zwillingsbildung nach dem Spinellgesetz {111}[6]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 5,5[10]
Dichte (g/cm3) gemessen: 4,39 bis 4,67; berechnet: 4,414[6]
Spaltbarkeit fehlt, Absonderungen nach {111} möglich[6]
Bruch; Tenazität uneben bis schwach muschelig; spröde[6]
Farbe tiefrot bis schwarz[6]
Strichfarbe dunkelgrau[9] oder braun[6]
Transparenz undurchsichtig (opak); kantendurchscheinend
Glanz Metallglanz[10]
Magnetismus schwach magnetisch[6]
Kristalloptik
Brechungsindex n = 1,96[6]
Doppelbrechung keine, da optisch isotrop

Magnesiochromit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ mit der Endgliedzusammensetzung MgCr3+2O4[5] und damit chemisch gesehen ein Magnesium-Chrom-Oxid.

Magnesiochromit kristallisiert im kubischen Kristallsystem und findet sich meist in Form von körnigen bis massigen Mineral-Aggregaten. Selten entwickelt er auch oktaedrische Kristalle und Zwillinge mit schlecht ausgebildeten Kristallflächen bis etwa 1,5 mm Größe.

Das Mineral ist im Allgemeinen undurchsichtig (opak), an dünnen Kanten oder Ecken aber durchscheinend. Die Oberflächen der tiefroten bis schwarzen Kristalle und Aggregate zeigen einen metallischen Glanz. Im Gegensatz zur Oberflächenfarbe ist die Strichfarbe von Magnesiochromit dunkelgrau bis braun.

Etymologie und Geschichte

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Erstmals entdeckt wurde das Mineral bei Grochau im Powiat Ząbkowicki (Kreis Frankenstein) in der polnischen Woiwodschaft Niederschlesien und beschrieben 1868 durch Georg Max Bock (* 1843)[11] in seiner Dissertation Über einige Schlesische Mineralien, deren Constitution und einige andere analytische Resultate, in der er es zunächst als Magnochromit bezeichnete.[2] Alfred Lacroix wandelte den Namen 1910 in seinem Werk Minéralogie de la France et de ses colonies in die bis heute gültige Bezeichnung Magnesiochromit ab.[12]

Typmaterial für Magnesiochromit ist nicht definiert.[6][13]

Die strukturelle Klassifikation der International Mineralogical Association (IMA) zählt den Magnesiochromit zur Spinell-Supergruppe, wo er zusammen mit Chromit, Cochromit, Coulsonit, Cuprospinell, Dellagiustait, Deltalumit, Franklinit, Gahnit, Galaxit, Guit, Hausmannit, Hercynit, Hetaerolith, Jakobsit, Maghemit, Magnesiocoulsonit, Magnesioferrit, Magnetit, Manganochromit, Spinell, Thermaerogenit, Titanomaghemit Trevorit, Vuorelainenit und Zincochromit die Spinell-Untergruppe innerhalb der Oxispinelle bildet.[14] Ebenfalls in diese Gruppe gehören die nach 2018 beschriebenen Oxispinelle Chihmingit[15] und Chukochenit[16] sowie der Nichromit, dessen Name von der CNMNC der IMA noch nicht anerkannt worden ist.[17]

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Magnesiochromit zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung der „Verbindungen mit M3O4- und verwandte Verbindungen“, wo er zusammen mit Chromit, Magnesiochromit und Manganochromit sowie mit den inzwischen diskreditierten Mitgliedern Chromohercynit und Picotit die Gruppe der „Chrom-Spinelle“ mit der System-Nr. IV/B.01c bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser klassischen Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. IV/B.03-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Oxide mit Verhältnis Metall zu Sauerstoff = 3 : 4 (Spinelltyp M3O4 und verwandte Verbindungen)“, wo Magnesiochromit zusammen mit Chromit, Cochromit, Manganochromit, Nichromit und Zincochromit die Gruppe der „Chromit-Spinelle“ bildet.[7]

Die seit 2001 gültige und von der IMA bis 2009 aktualisierte 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Magnesiochromit ebenfalls in die Abteilung der Oxide mit Stoffmengenverhältnis „Metall : Sauerstoff = 3 : 4 und vergleichbare“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, sodass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich mittelgroßen Kationen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Brunogeierit, Chromit, Cochromit, Coulsonit, Cuprospinell, Filipstadit, Franklinit, Gahnit, Galaxit, Hercynit, Jakobsit, Magnesiocoulsonit, Magnesioferrit, Magnetit, Manganochromit, Nichromit (N), Qandilit, Spinell, Trevorit, Ulvöspinell, Vuorelainenit und Zincochromit die „Spinellgruppe“ mit der System-Nr. 4.BB.05 bildet.[8]

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Magnesiochromit in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung „Mehrfache Oxide“ ein. Hier ist er zusammen mit Chromit, Cochromit, Manganochromit, Nichromit und Zincochromit in der „Chrom-Untergruppe“ mit der System-Nr. 07.02.03 innerhalb der Unterabteilung „Mehrfache Oxide (A+B2+)2X4, Spinellgruppe“ zu finden.

Die Endgliedzusammensetzung von Magnesiochromit (MgCr3+2O4) enthält 12,64 Gew.-% Magnesium (Mg), 54,08 Gew.-% Chrom (Cr) und 33,28 Gew.-% Sauerstoff (O). Dies entspricht in der Oxidform 20,96 Gew.-% MgO und 79,04 Gew.-% Cr2O3.[9]

Magnesiochromit bildet je eine Mischkristallreihe mit Chromit (Fe2+Cr2O4) und Spinell (MgAl2O4), daher ist bei natürlichen Magnesiochromiten meist ein Teil des Magnesiums durch Eisen sowie ein Teil des Chroms durch Aluminium diadoch ersetzt (substituiert). In verschiedenen Mineralproben wurden zudem geringere Fremdbeimengungen von Mangan, Titan, Vanadium und Nickel gemessen.[6]

Kristallstruktur

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Magnesiochromit kristallisiert isostrukturell (isotyp) mit Chromit und Magnetit im kubischen Kristallsystem in der Raumgruppe Fd3m (Raumgruppen-Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227 mit dem Gitterparameter a = 8,33 Å sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[5]

Bildung und Fundorte

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Magnesiochromit bildet sich als akzessorischer Bestandteil in ultramafischen Gesteinen wie Duniten, Serpentiniten, Kimberliten, Lamproiten und Komatiiten. Gelegentlich findet er sich auch in Form von Einsprenglingen in Lamprophyren und mittelozeanischen Basalten. Als Begleitminerale können unter anderem Augit, Magnetit, Pigeonit sowie verschiedene Olivine und Plagioklase auftreten.

Als eher seltene Mineralbildung kann Magnesiochromit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Bisher sind rund 300 Fundorte dokumentiert (Stand 2018).[18]

In Deutschland fand sich Magnesiochromit nur an wenigen Fundorten wie in der Grube Clara bei Oberwolfach in Baden-Württemberg, auf den Schlackenhalden der Zinkhütte Genna bei Letmathe in Nordrhein-Westfalen und bei Schwarzenberg im sächsischen Erzgebirge. Zudem konnte Magnesiochromit als Bestandteil des Meteoriten Erxleben nachgewiesen werden, der 1812 nahe dem gleichnamigen Ort im Sachsen-Anhalteer Landkreis Börde niederging.[19]

In Österreich kennt man das Mineral bisher nur aus einem Basalt-Steinbruch bei Klöch und aus der Magnesit-Grube Breitenau am Hochlantsch in der Steiermark sowie von einer Schlackenhalde der Montanwerke Brixlegg in Nordtirol.

Der bisher einzige bekannte Fundort in der Schweiz ist das Val de Moiry im Kanton Wallis, genauer ein Fundpunkt unter dem Gletscherboden des Moirygletschers mit serpentinischem Gestein und der sogenannte Pointe du Tsaté mit Rodingit-Dykes und alpinotypen, metamorphen Gängen in Serpentinit.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Australien, China, Frankreich, Indien, Italien, Japan, Kanada, Russland, der Slowakei und den USA.[20]

  • G. M. Bock: Über einige Schlesische Mineralien, deren Constitution und einige andere analytische Resultate. Königliche und Universitäts-Bibliothek, Breslau November 1868 (Philosophische Dissertation).
  • M. Websky: Ueber Grochauit und Magnochromit. In: Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft. Band 25, 1873, S. 394–398 (rruff.info [PDF; 264 kB; abgerufen am 23. September 2019]).
  • A. Lacroix: Minéralogie de la France et de ses colonies. Band 4. Librairie Polytechnique, Ch. Beranger, Paris 1910, S. 311–315 (französisch, online verfügbar bei archive.org – Internet Archive [abgerufen am 23. September 2019]).
  • L. J. Spencer: A (sixth) list of new mineral names. In: Mineralogical Magazine. Band 16, 1913, S. 352–378 (englisch, rruff.info [PDF; 1,2 MB; abgerufen am 23. September 2019] Magnesiochromite ab S. 394).
  • Haraldur Sigurðsson, J.-G. Schilling: Spinels in Mid-Atlantic Ridge basalts: Chemistry and occurrence. In: Earth and Planetary Science Letters. Band 29, Nr. 1, 1976, S. 7–20, doi:10.1016/0012-821X(76)90021-2 (englisch).
  • H. S. C. O’Neill, W. A. Dollase: Crystal structures and cation distributions in simple spinels from Powder XRD structural refinements: MgCr2O4, ZnCr2O4, Fe3O4 and the temperature dependence of the cation distribution in ZnAl2O4. In: Physics and Chemistry of Minerals. Band 20, 1994, S. 541–555 (englisch, rruff.info [PDF; 552 kB; abgerufen am 23. September 2019]).
  • Davide Lenaz, Francesco Prinicivalle: The crystal chemistry of detrital chromian spinel from the southeastern Alps and outer Dinarides: The discrimination of supplies from areas of similar tectonic setting? In: The Canadian Mineralogist. Band 43, 2005, S. 1305–1314 (englisch, rruff.info [PDF; 985 kB; abgerufen am 23. September 2019]).
Commons: Magnesiochromite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b M. Websky: Ueber Grochauit und Magnochromit. In: Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft. Band 25, 1873, S. 394–398 (rruff.info [PDF; abgerufen am 28. August 2018]).
  3. Mineralienatlas: Magnesiochromit
  4. Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 390.
  5. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 189 (englisch).
  6. a b c d e f g h i j k Magnesiochromit. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 70 kB; abgerufen am 28. August 2018]).
  7. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  8. a b Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  9. a b c Webmineral – Magnesiochromite (englisch)
  10. a b c Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 375.
  11. Karl Pretzsch: Verzeichnis der Breslauer Universitätsschriften 1811–1885. Georg Olms Verlag, Hildesheim/New York 1975, ISBN 3-487-05573-2, S. 216 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche – Nachdruck der Ausgabe von 1905).
  12. A. Lacroix: Minéralogie de la France et de ses colonies. Band 4. Librairie Polytechnique, Ch. Beranger, Paris 1910, S. 311–315 (französisch, online verfügbar bei archive.org – Internet Archive [abgerufen am 23. September 2019]).
  13. Catalogue of Type Mineral Specimens – M. (PDF 124 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 23. September 2019.
  14. Ferdinando Bosi, Cristian Biagioni, Marco Pasero: Nomenclature and classification of the spinel supergroup. In: European Journal of Mineralogy. Band 31, Nr. 1, 12. September 2018, S. 183–192, doi:10.1127/ejm/2019/0031-2788 (englisch).
  15. S.-L. Hwang, P. Shen, T.-F. Yui, H.-T. Chu, Y. Iizuka, H.-P. Schertl, and D. Spengler: Chihmingite, IMA 2022-010. In: CNMNC Newsletter 67, European Journal of Mineralogy. Band 34, 2022, S. 015601 (ejm.copernicus.org [abgerufen am 21. Januar 2024]).
  16. Can Rao, Xiangping Gu, Rucheng Wang, Qunke Xia, Yuanfeng Cai, Chuanwan Dong, Frédéric Hatert, Yantao Hao: Chukochenite, (Li0.5Al0.5)Al2O4, a new lithium oxyspinel mineral from the Xianghualing skarn, Hunan Province, China. In: American Mineralogiste. Band 107 (5), 2022, S. 842–847, doi:10.2138/am-2021-7932.
  17. Cristian Biagioni, Marco Pasero: The systematics of the spinel-type minerals: An overview. In: American Mineralogist. Band 99, Nr. 7, 2014, S. 1254–1264, doi:10.2138/am.2014.4816 (Vorabversion online [PDF]).
  18. Localities for Magnesiochromite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 23. September 2019 (englisch).
  19. Meteorit Erxleben. In: lpi.usra.edu. Meteoritical Bulletin Database, abgerufen am 23. September 2019.
  20. Fundortliste für Magnesiochromit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 23. September 2019.