Portlandit
Portlandit | |
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Portlandit mit Ettringit aus dem Ettringer Feld, Kro. Mayen, Eifel, Deutschland | |
Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Symbol |
Por[1] |
Andere Namen | |
Chemische Formel | Ca(OH)2[2] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Oxide und Hydroxide |
System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
IV/F.03 IV/F.03-100[3] 4.FE.05 06.02.01.04 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | trigonal |
Kristallklasse; Symbol | ditrigonal-skalenoedrisch; 32/m[4] |
Raumgruppe | P3m1 (Nr. 164)[5] |
Gitterparameter | a = 3,59 Å; c = 4,91 Å[5] |
Formeleinheiten | Z = 1[5] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 2 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 2,23; berechnet: 2,26 (synthetisch)[6] |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {0001}[6] |
Bruch; Tenazität | biegsam, schneidbar |
Farbe | farblos, weiß bis grünlichweiß |
Strichfarbe | weiß |
Transparenz | durchsichtig |
Glanz | Perlglanz auf Spaltflächen[6] |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nω = 1,574[7] nε = 1,547[7] |
Doppelbrechung | δ = 0,027[7] |
Optischer Charakter | einachsig negativ |
Weitere Eigenschaften | |
Chemisches Verhalten | löslich in H2O, alkalische Lösung bildend; bei Kontakt mit CO2-haltigem Wasser Umwandlung in Calciumcarbonat |
Portlandit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ mit der chemischen Zusammensetzung Ca(OH)2 und damit chemisch gesehen Calciumhydroxid (auch gelöschter Kalk).
Portlandit kristallisiert im trigonalen Kristallsystem und entwickelt meist farblose bis grünlichweiße, faserige, pulvrige bis massige Mineral-Aggregate, aber auch hexagonale, tafelige Kristalle bis etwa 6 cm Größe.
Etymologie und Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Erstmals gefunden wurde Portlandit 1933 Scawt Hill in England und beschrieben durch Cecil Edgar Tilley (1894–1973),[8] der das Mineral wegen seiner Ähnlichkeit mit dem synthetischen Produkt Portlandzement so benannte.
Das Typmaterial des Minerals wird im Natural History Museum in London unter der Katalognummer 1933,307 aufbewahrt.[6]
Da der Portlandit bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) 1958 bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt war, wurde dies von ihrer Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen und bezeichnet den Portlandit als sogenanntes „grandfathered“ (G) Mineral.[2] Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Portlandit lautet „Por“.[1]
Klassifikation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Portlandit zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung „Hydroxide“, wo er gemeinsam mit Amakinit, Brucit, Pyrochroit und Theophrastit in der „Brucit-Reihe“ mit der Systemnummer IV/F.03 steht.
Im zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Mineralienverzeichnis, das sich im Aufbau noch nach der alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer IV/F.03-100. In der Lapis-Systematik entspricht dies der erweiterten Abteilung „Hydroxide und oxidische Hydrate (wasserhaltige Oxide mit Schichtstruktur)“, wo Portlandit zusammen mit Amakinit, Ashoverit, Brucit, Jamborit, Paraotwayit, Pyrochroit, Spertiniit, Sweetit, Theophrastit und Wülfingit die „Brucitreihe“ mit der Systemnummer IV/F.03 bildet.[3]
Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[9] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Portlandit in die Abteilung „Hydroxide (ohne V oder U)“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit von Kristallwasser und der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Hydroxide mit OH, ohne H2O; Lagen kantenverknüpfter Oktaeder“ zu finden ist, wo es zusammen mit Amakinit, Brucit, Fougèrit, Pyrochroit und Theophrastit die „Brucitgruppe“ mit der Systemnummer 4.FE.05 bildet.
In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Portlandit die System- und Mineralnummer 06.02.01.04. Auch dies entspricht der Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort der Abteilung „Hydroxide und hydroxyhaltige Oxide“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Hydroxide und hydroxyhaltige Oxide mit der Formel X2+ (OH)2“ in der „Brucitgruppe (rhomboedrisch: P-3m1)“, in der auch Brucit, Amakinit, Pyrochroit und Theophrastit eingeordnet sind.
Chemismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der idealen Zusammensetzung von Portlandit (Ca(OH)2) besteht das Mineral im Verhältnis aus einem Calcium- und je zwei Sauerstoff- und Wasserstoffionen. Dies entspricht einem Massenanteil (Gewichtsprozent) von 54,09 Gew.-% Ca, 43,19 Gew.-% O und 2,72 Gew.-% H oder in der Oxidform 75,69 Gew.-% Calciumoxid (CaO) und 24,31 Gew.-% H2O.[4]
Kristallstruktur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Portlandit kristallisiert in der trigonalen Raumgruppe P3m1 (Raumgruppen-Nr. 164) mit den Gitterparametern a = 3,59 Å und c = 4,91 Å sowie einer Formeleinheit pro Elementarzelle.[5]
Die Kristallstruktur von Portlandit besteht aus kantenteilenden Ca(OH)6-Oktaedern, die fortlaufende Schichten senkrecht zur c-Achse [0001] bilden. Diese sind über Wasserstoffbrücken locker miteinander verbunden, was auch die vollkommene Spaltbarkeit parallel der Schichten erklärt.
Kristallstruktur von Portlandit[10] |
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Farblegende: _ Ca _ O _ H |
Bildung und Fundorte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Portlandit hat verschiedene Möglichkeiten der natürlichen Entstehung. Als Umwandlungsprodukt aus Calcium-Silikaten in larnit- und spurrithaltigen, kontaktmetamorphen Gesteinen entstand es unter anderem in Scawt Hill in Irland oder an Fumarolen am Vesuv. In Jebel Awq im Oman bildete sich Portlandit durch Abscheidung aus alkalischen Quellen in ultramafischen Gesteinen. In Russland konnte das Mineral in brennenden Kohlehalden bei Tscheljabinsk gefunden werden und in der Hatrurim Formation in Israel sowie im Gebiet von Maqarin am Jordan bildete sich Portlandit ebenfalls metamorph in sedimentären Lagerstätten nach Selbstentzündung des enthaltenen Bitumens. Begleitminerale sind je nach Fundort Afwillit, Brownmillerit, Calcit, Ettringit, Halit, Hydrocalumit, Larnit, Fluormayenit, Chlormayenit und Spurrit.
Weitere Fundorte sind unter anderem Australien (Lake Boga); Belgien (Saint-Jean); Deutschland (Zeilberg, Feuerberg, Emmelberg, Bellerberg, Lichtenberg); Frankreich (Boisséjour, Lapanouse-de-Sévérac); Italien (Campomorto, Carpenara); Mexiko (Cerro de la Coronita); Norwegen (Kongsberg); Palästina (Ma'aleh Adumim); Polen (Dąbrowka Wielka); Rumänien (Cornet Hill); Südafrika (Black Rock, Hotazel, Kuruman); Tunesien (Djebel Sekarna); Ungarn (Kányáspuszta); im Vereinigten Königreich (Carneal) und in den Vereinigten Staaten (Virginia).[7]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- C. E. Tilley: Portlandite, a new mineral from Scawt Hill, Co. Antrim. In: Mineralogical Magazine. Band 23, 1933, S. 419–420 (englisch, rruff.info [PDF; 104 kB; abgerufen am 7. Juni 2024]).
- W. F. Foshag: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 19, 1934, S. 35–36 (englisch, rruff.info [PDF; 130 kB; abgerufen am 7. Juni 2024]).
- L. Desgranges, D. Grebille, G. Calvarin, G. Chevrier, N. Floquet, J. Niepce: Hydrogen thermal motion in calcium hydroxide. In: Acta Crystallographica. B49, Nr. 5, 1993, S. 812–817, doi:10.1107/S0108768193003556 (englisch).
- Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 484.
- Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4., durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 424.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Portlandit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung
- IMA Database of Mineral Properties – Portlandite. In: rruff.info. RRUFF Project (englisch).
- Portlandite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF) (englisch).
- American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Portlandite. In: rruff.geo.arizona.edu. (englisch).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 3. Juni 2024]).
- ↑ a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
- ↑ a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- ↑ a b David Barthelmy: Portlandite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 3. Juni 2024 (englisch).
- ↑ a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 237 (englisch).
- ↑ a b c d Portlandite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 55 kB; abgerufen am 3. Juni 2024]).
- ↑ a b c d Portlandite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 3. Juni 2024 (englisch).
- ↑ G. A. Chinner: Memoriaol of Cecil Edgar Tilley. May 14, 1894 – January 24, 1973. In: American Mineralogist. Band 59, 1974, S. 427–437 (englisch, minsocam.org [PDF; 1,3 MB; abgerufen am 3. Juni 2024]).
- ↑ Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
- ↑ L. Desgranges, D. Grebille, G. Calvarin, G. Chevrier, N. Floquet, J. Niepce: Hydrogen thermal motion in calcium hydroxide. In: Acta Crystallographica. B49, Nr. 5, 1993, S. 812–817, doi:10.1107/S0108768193003556 (englisch).