Tempelherrenhaus (Weimar)
Das Tempelherrenhaus war ein Veranstaltungsort in Weimar, der im 18. Jahrhundert aus einer Orangerie hervorgegangen ist. Nach Bombentreffern während der Luftangriffe auf Weimar, am 9. Februar und am 31. März 1945, ist es heute nur noch eine Ruine.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Park an der Ilm in Weimar wurde 1786/1787 im Zuge der Umgestaltung des Parks, wobei der vormalige Welsche Garten in den Park einbezogen wurde, ein altes Gewächshaus, das Alte Orangenhaus[1] zu einem romantischen Salon im Park für den herzoglichen Hof umgebaut.[2] Der Umbau erfolgte nach einem Entwurf von Johann Friedrich Rudolf Steiner.[3] Es befindet sich unweit des Römischen Hauses. Das auch als Gotische Kapelle bezeichnete Gebäude wurde 1798 von Georg Melchior Kraus 1798 laut Birgit Knorr als colorierte Radierung ausgeführt.[4][5] Diese colorierte Radierung von Kraus hatte wiederum als Aquarell über Feder in Braun Adolph Friedrich Rudolph Temler kopiert.[6] Die Anregung für diesen Bau hatte Carl August vom Gotischen Haus im Wörlitzer Park empfangen.
Hier fanden gesellige Veranstaltungen, kleine Empfänge, Ausstellungen und Konzerte statt. Die vier hölzernen lebensgroßen Skulpturen von dem Hofbildhauer Martin Gottlieb Klauer, die ab 1788 die oberen Dachecken des Salons schmückten, stellten Tempelherren dar, woraus sich der Name ableitet. Tatsächlich hatte wenige Jahre zuvor, genau 1782 die sich auf diese berufende Loge Anna Amalia zu den drei Rosen ihre Arbeit eingestellt, und erst 1808 ihre Arbeit wieder aufgenommen. 1818 wurden die hölzernen durch Figuren aus Sandstein von Johann Peter Kaufmann ersetzt. Die Klauerschen Tempelherren kamen in das Innere des 1811[7] den alten Salon ersetzenden turmlosen neugotischen und 1821 bis 1823 abermals umgebauten Gewächshauses, welches nun als Sommerhaus für die herzogliche Familie dienen sollte. Der Architekt Carl Friedrich Christian Steiner errichtete diese beziehungsweise besorgte die Umbauten.[8] Alten Postkarten zufolge muss die Anzahl der von Kaufmann geschaffenen Statuen mindestens fünf gewesen sein, weil auf der einen Längsseite sich bereits vier befanden, während auf der anderen gegenüberliegenden, wenn auch nur mit einer Eckansicht, eine weitere zu sehen ist.[9] Außerdem befindet sich ein Torso noch in situ, während die anderen vier im Innern des Römischen Hauses aufgestellt sind. Zumindest eine der hölzernen Tempelherrenfiguren Klauers ist aber noch erhalten und befindet sich im Bestand des Goethe-Nationalmuseum (Weimar) mit der Inv.-Nr. KPl/00599 und ist auch ausgestellt.[10] Seit ca. 1820 hatte sich die Bezeichnung Tempelherrenhaus eingebürgert. Nach dem Umbau zu einem neugotischen Salon unter dem Architekten Carl Friedrich Christian Steiner zwischen 1821 und 1823 und dem Anbau eines Turms 1816, diente es als Sommerhaus für die herzogliche Familie. Der Anbau des Turms kam auf Anraten Johann Wolfgang von Goethes zustande.[11] Mit diesem Umbauten wurde das Tempelherrenhaus zum jüngsten Architekturelement des Ilmparks in klassischer Zeit. Von 1853 bis 1865 befand sich im Innern des Tempelherrenhauses eine über 10 Tonnen schwere Kolossalplastik Goethe und Psyche von Carl Steinhäuser, die sich heute im Museum Neues Weimar befindet. Ihre aufwendige Translozierung wurde am Terrakottenfries am Stegmannschen Haus thematisiert, in dem auf einem Holzwagen Putten diese Statue ziehen.[12] Am Turm befindet sich ein Wappen. Ein anderes des Grafen Ludwig III. von Gleichen befindet sich an der künstlichen Ruine.
Später wurde es als Konzertsaal unter anderem von Ferruccio Busoni und Franz Liszt sowie als Atelier des Bauhauses verwendet. Zu den Bauhausmeistern, denen es als Atelier diente, gehörte Johannes Itten. Es sind rauschende Feste des Bauhauses verbürgt.[13] Das Tempelherrenhaus wird oft mit der künstlichen Ruine verwechselt.[14] Doch damit hat das Tempelherrenhaus nichts zu tun. Dieser Zustand hat eine andere, spätere Ursache.
Im Februar und März 1945, zum Ende des Zweiten Weltkriegs, fiel das Haus Luftangriffen auf Weimar zum Opfer.[15] Übrig blieb nur der 1816 entstandene Turm nach einem Entwurf, der vermutlich von Johann Wolfgang von Goethe selbst stammte. Von den Figuren, die Kaufmann schuf, blieb nur ein einziger Torso an derselben Stelle erhalten. Die anderen vier befinden sich seit April 2012 im Kellergeschoss des Römischen Hauses in dem Bereich, der die Geschichte des Ilmparks zeigt. Ein Wiederaufbau nach dem Kriege unterblieb. Nur die Turmruine wurde 1998 restauriert. Allerdings gibt es Pläne für einen Wiederaufbau.[16] Eine derartige Ausführung aus Holz steht seit 2021. Dieses nennt sich Das Grüne Labor. Dieser hölzerne Pavillon ist allerdings nur eine temporäre Installation.[17]
Erwähnenswert ist an dem Turm ein sehr alter Efeu neben dem Spitzbogenfenster und einem Pfeiler, auf dessen oberer Plattform der erwähnte Torso steht. Auch auf dem gegenüberliegenden Pfeiler hat einst eine Figur gestanden.[18]
Rezeption
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Musiker Moby war von dem Anblick offenbar so stark beeindruckt, dass er das Cover zur Single The right thing mit einer von ihm selbst gemachten Aufnahme des Tempelherrenhauses versehen hatte. Das wurde auch in den Medien erwähnt.[19] Das Motiv fand bereits vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg Verwendung als Postkarte.[20] Die Rezeption begann jedoch bereits im frühen 19. Jahrhundert. Es gibt einen colorierten Kupferstich aus dem Jahr 1824, der im Vordergrund den Großherzog Carl August mit zwei Hunden und im Hintergrund das Tempelherrenhaus zeigt.[21] Dieser Kupferstich wiederum fand in der illustrierten Zeitung Die Gartenlaube von 1854 seinen Eingang.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Wolfgang Huschke: Das Tempelherrenhaus im Weimarer Park. In: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunst. N. F. 34 (1940), S. 278–288. Digitalisat: [1]
- Susanne Müller-Wolff: Ein Landschaftsgarten im Ilmpark: Die Geschichte des herzoglichen Gartens in Weimar. Köln-Weimar-Wien 2007, S. 162 ff. ISBN 978-3-412-20057-2
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Seite über das Tempelherrenhaus auf www.wimare.de
- Tempelherrenhaus im DuMont Reisetaschenbuch Weimar mit Erfurt und Jena
- Tempelherrenhaus im Zeitsprung
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Wolfgang Huschke zufolge führte ein Verzeichnis zur Versteigerung bestimmter Gewächse aus dem Welschen Garten von 1750 auf u. a. „225 Orangen- und 81 Lorbeerbäume verschiedener Art, 17 Granat- und 6 Feigenbäume, 62 gelbe und 3 weiße Jasmin, 9 spanische Ginster, 18 vergoldete und versilberte Salbai und 10 Aloe.“ Wolfgang Huschke: Die Geschichte des Parkes von Weimar. Weimar 1951, S. 44.
- ↑ Rezension zu Orangerien – Von fürstlichem Vermögen und gärtnerischer Kunst auf der Homepage des Arbeitskreises Orangerien in Deutschland e.V. ( vom 13. November 2010 im Internet Archive)
- ↑ Wolfgang Huschke: Die Geschichte des Parkes von Weimar. Weimar 1951, S. 71.
- ↑ Georg Melchior Kraus: Gothische Kapelle im Herzogl. Park bey Weimar, 1798. -Georg Melchior Kraus: Aussichten und Parthien des Herzogl. Parks bey Weimar. Hrsg. von Ernst-Gerhard Güse und Margarete Oppel. Weimar 2006, ISBN 3-7443-0137-0
- ↑ Birgit Knorr: Georg Melchior Kraus (1737–1806). Maler – Pädagoge – Unternehmer. Biographie und Werkverzeichnis. Dissertation, Universität Jena 2003 (Volltext), im Katalogteil, S. 135, beschrieben unter D 100. Das hier beschriebene Blatt befindet sich dortigen Angaben zufolge im Goethe-Nationalmuseum (Weimar) unter der Inventarnummer: KGr1983/00171. Susanne Müller-Wolff: Ein Landschaftsgarten im Ilmpark: Die Geschichte des herzoglichen Gartens in Weimar. Köln-Weimar-Wien 2007, S. 372 gibt für den gleichen Standort die Inventarnummer: Kgr/03157 an. Dabei ist das Blatt Teil von Georg Melchior Kraus: Aussichten und Parthien des Herzogl. Parks bey Weimar, Heft 4, Blatt I.
- ↑ Temler nannte es Salon. Birgit Knorr: Georg Melchior Kraus (1737–1806). Maler – Pädagoge – Unternehmer. Biographie und Werkverzeichnis. Dissertation, Universität Jena 2003 (Volltext) im Textteil S. 135. Laut Knorr hat es Inventarnummer: KK 3013 und befindet sich in den Kunstsammlungen Weimar.
- ↑ Dass der alte Salon abgerissen und 1811 durch einen neugotischen Orangeriebau ersetzt wurde, lag daran, dass seit dem Jahr 1808 mit dem Abriss des großen Belvederer Gewächshauses man sich gezwungen sah, den Salon notdürftig als Gewächshaus einzurichten. Wolfgang Huschke: Die Geschichte des Parkes von Weimar. Weimar 1951, S. 108.
- ↑ Wolfgang Huschke, Wolfgang Vulpius: Park um Weimar, Weimar 1958. 43.
- ↑ https://oldthing.ch/Weimar-Thueringen-Weimar-Tempelherrenhaus-Park-Weimar-Weimar-Stadtkreis-0022646551
- ↑ Susanne Müller-Wolff: Ein Landschaftsgarten im Ilmpark: Die Geschichte des herzoglichen Gartens in Weimar. Köln-Weimar-Wien 2007. ISBN 978-3-412-20057-2 Abb. 44.
- ↑ Tempelherrenhaus – Überreste eines neugotischen Tempels von Andreas Werner
- ↑ Axel Stefek: Kraft der Tiere. In: Axel Stefek (Hrsg.): Energie in Weimar vom Mittelalter bis in die neuere Zeit (= Stadtwerke Weimar Stadtversorgungs-GmbH [Hrsg.]: Energiegeschichte der Stadt Weimar. Band 1). Weimar 2016, ISBN 978-3-00-053509-3, Kapitel 2. Muskeln. Kraft der Tiere, S. 75–104, hier S. 85 ff..
- ↑ Archivierte Kopie ( vom 21. September 2013 im Internet Archive) S. 9
- ↑ Tempelherrenhaus – Überreste eines neugotischen Tempels von Andreas Werner
- ↑ Bilder der Zerstörung. Weimar 1945. Fotos von Günther Beyer. Katalog zur Ausstellung des Stadtmuseums Weimar, 2015. S. 46
- ↑ Lavinia Meier-Ewert: Das Tempelherrenhaus in Weimar soll wieder aufgebaut werden. In: thueringer-allgemeine.de. 20. September 2014, abgerufen am 24. Februar 2024.
- ↑ https://www.weimar-lese.de/sehenswuerdigkeiten/gebaeude/das-gruene-labor/
- ↑ Archivierte Kopie ( des vom 3. Mai 2021 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Thorsten Büker: Weimarer Tempelherrenhaus ziert neue Moby-Doppel-Single. In: Thüringische Landeszeitung, 10. November 2011
- ↑ http://static0.akpool.de/images/cards/5/54266.jpg https://static2.akpool.de/images/cards/25/256204.jpg http://images.zeno.org/Ansichtskarten/I/big/AK09579a.jpg
- ↑ Hans Wahl und Anton Kippenberg (Hrsg.): Goethe und seine Welt. Unter Mitwirkung von Ernst Beutler, Inselverlag Leipzig 1932, S. 215. Der colorierte Kupferstich wurde den Erläuterungen auf S. 296 zufolge von Carl August Schwerdgeburth ausgeführt.
Koordinaten: 50° 58′ 33″ N, 11° 19′ 56″ O