Thorianit

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Thorianit
Thorianitzwilling aus der Andranondambo-Phlogopit-Lagerstätte, Maromby, Bezirk Amboasary, Madagaskar (Größe: 15 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Tho[1]

Chemische Formel ThO2
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/D.16b
IV/D.31-050

4.DL.05
05.01.01.02
Ähnliche Minerale Uraninit, Cerit (nicht radioaktiv)
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol hexakisoktaedrisch; 4/m32/m[2]
Raumgruppe Fm3m (Nr. 225)Vorlage:Raumgruppe/225[3]
Gitterparameter a = 5,60 Å[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Häufige Kristallflächen {111}, {113}[4]
Zwillingsbildung Durchdringungszwillinge häufig
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 6,5 bis 7[4] (VHN100=1132 bis 1278 kg/mm2)[5])
Dichte (g/cm3) gemessen: 9,7 bis 9,8; berechnet: 9,991[4]
Spaltbarkeit undeutlich nach {100}[4]
Bruch; Tenazität uneben bis schwach muschelig; spröde[4]
Farbe dunkelgrau, dunkelrötlichbraun, bräunlichschwarz bis schwarz (gelegentlich bronzeähnliche Anlauffarbe), grünliche bis bräunliche Innenreflexe[4]
Strichfarbe grau bis grünlichgrau[4]
Transparenz undurchsichtig, Splitter und dünnste Schichten durchscheinend[4]
Glanz Halbmetallglanz (frisch), durch Verwitterung matt anlaufend, harz- bis hornähnlich schimmernd
Radioaktivität sehr stark: 39,37 kBq/g[2]

Thorianit (IMA-Symbol: Tho[1]) ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ mit der chemischen Zusammensetzung ThO2 und damit chemisch gesehen Thorium(IV)-oxid.

Thorianit kristallisiert im kubischen Kristallsystem und entwickelt meist grobe, würfelige Kristalle, die selten auch Oktaederflächen an den Ecken zeigen. Thorianite aus Flussablagerungen können dagegen ein äußerst unauffälliges Aussehen haben. Ihr mattes Aussehen ähnelt dann eher dem von schwarzen polierten Steinchen. Einzig die Dichte und Radioaktivität zeigt in solchen Fällen, dass es kein gewöhnlicher Stein ist.

Das Mineral ist im Allgemeinen undurchsichtig und von dunkelgrauer, dunkelrötlichbrauner oder bräunlichschwarzer bis schwarzer Farbe. Es kann in Splittern und dünnsten Schichten aber durchscheinend sein und erscheint im Durchlicht dunkelbraun bis rötlichbraun oder auch grünlich mit rotbraunen Innenreflexionen. Die Strichfarbe ist dagegen grau bis grünlichgrau. In frischem Zustand oder an frischen Bruchflächen zeigt Thorianit einen starken halbmetallischen oder blendeähnlichen Glanz. Durch Verwitterung läuft Thorianit nach einiger Zeit an und schimmert dann nur noch harz- bis hornähnlich oder ist ganz matt. Auch Thorianite mit bronzeähnlichen Anlauffarben sind bekannt.

Etymologie und Geschichte

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Erstmals entdeckt wurde Thorianit in einer Seifenlagerstätte bei Balangoda in der Provinz Sabaragamuwa auf Sri Lanka (ehemals Ceylon). Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte 1904 durch Wyndham Rowland Dunstan, der das Mineral nach seinem Gehalt an Thorium benannte.[6]

Ein Aufbewahrungsort für das Typmaterial des Minerals ist nicht bekannt.[4][7]

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Thorianit zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung „MO2- und verwandte Verbindungen“, wo er zusammen mit Cerianit-(Ce) (ehemals Cerianit) und Uraninit die „Uraninit-Reihe“ mit der System-Nr. IV/D.16b innerhalb der „Baddeleyit-Uraninit-Gruppe“ (IV/D.16) bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. IV/D.31-50. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Abteilung „Oxide mit [dem Stoffmengen]Verhältnis Metall : Sauerstoff = 1 : 2 (MO2 & Verwandte)“, wo Thorianit zusammen mit Akaogiit, Allendeit, Baddeleyit, Calzirtit, Cerianit-(Ce), Hiärneit, Riesit, Tazheranit, Uraninit und Vorlanit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[8]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[9] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Thorianit ebenfalls in die Abteilung der Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis „Metall : Sauerstoff = 1 : 2 und vergleichbare“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung „Mit großen (± mittelgroßen) Kationen; Fluorit typische Strukturen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Cerianit-(Ce), Uraninit und Zirkelit die „Uraninitgruppe“ mit der System-Nr. 4.DL.05 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Thorianit in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung „Uran- und thoriumhaltige Oxide“ ein. Hier ist er zusammen mit Uraninit in der unbenannten Gruppe 05.01.01 innerhalb der Unterabteilung „Uran- und thoriumhaltige Oxide mit einer Kationenladung von 4+ (AO2)“ zu finden.

In reiner Form besteht Thorianit (ThO2) aus Thorium (Th) und Sauerstoff (O) im Stoffmengenverhältnis von 1 : 2. Dies entspricht einem Massenanteil (Gewichtsprozent) von 87,88 Gew.-% Th und 12,12 Gew.-% O.[10]

Natürlicher Thorianit enthält jedoch meist verschiedene Fremdbeimengungen wie unter anderem Eisen (Fe), Blei (Pb) und/oder Calcium (Ca). Außerdem bildet Thorianit eine lückenlose Mischreihe mit Uraninit (UO2), das heißt, Thorium kann in jedem Verhältnis durch Uran ersetzt sein. So wurden beispielsweise in den Mineralproben aus Betroka auf Madagaskar ein Uraninitgehalt von 4,73 Gew.-% sowie Fremdbeimengungen von 1,80 Gew.-% PbO und 0,29 Gew.-% Fe2O3 gemessen.[4]

Kristallstruktur

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Thorianit kristallisiert in der kubischen Raumgruppe Fm3m (Raumgruppen-Nr. 225)Vorlage:Raumgruppe/225 mit dem Gitterparameter a = 5,60 Å sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3] Er hat also eine Kristallstruktur, die der von Fluorit ähnelt.

Physikalische Eigenschaften

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Sein Schmelzpunkt ist mit 3050 °C[11] ungewöhnlich hoch, wobei allerdings verunreinigte Stücke teilweise stark abweichende Schmelzpunkte aufweisen.

Das Mineral ist diamagnetisch, hat also die Tendenz, aus einem Magnetfeld herauszuwandern.

Radioaktivität

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Thorianit ist durch seinen Thoriumgehalt von bis zu 88 % als sehr stark radioaktiv eingestuft und weist eine spezifische Aktivität von etwa 39,4 kBq/g[2] auf (zum Vergleich: natürliches Kalium 31,2 Bq/g). Trotz ihrer hohen Radioaktivität widerstehen Thorianite der Isotropierung, das heißt der metamikten Zerstörung des Kristallgitters durch die eigene Strahlung besser als die meisten anderen Uran und Thorium enthaltenden Minerale.

Modifikationen und Varietäten

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Uranothorianit ist die uranhaltige Varietät des Thorianits.

Bildung und Fundorte

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Mehrere große Thorianit-Würfel aus Galle in Sri-Lanka (Ceylon)

Thorianit bildet nur selten größere Lagerstätten. In der Regel bildet er vereinzelte Kristalle und seltener auch kleine Kristallgruppen in Pegmatiten und einigen metamorphen Lagerstätten. Bei Verwitterung und natürlicher Abtragung des Muttergesteins werden die relativ resistenten Kristalle wegtransportiert und können sich in alluvialen Lagerstätten (unter anderem sogenannte Seifen) anreichern.

Als eher seltene Mineralbildung kann Thorianit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Weltweit sind bisher etwas mehr als 300 Fundorte dokumentiert (Stand 2022).[12] Außer an seiner Typlokalität bei Balangoda in der Provinz Sabaragamuwa trat das Mineral in Sri Lanka bisher nur noch in einer Flussseife nahe Bentota im Distrikt Galle der Südprovinz und im Distrikt Anuradhapura der Nord-Zentralprovinz auf.

Zu den bekanntesten Fundorten für Thorianit gehört die Phlogopit-Lagerstätte Esiva nahe Maromby (Distrikt Amboasary) in der Provinz Toliara (Tuléar) auf Madagaskar, wo einer der größten Kristalle von 6 cm Durchmesser und einem Gewicht von etwa 2,2 kg gefunden wurde.[13]

In Deutschland konnte Thorianit bisher bei Kropfmühl (Passau) in Niederbayern, in der Umgebung des Laacher Sees und in mehreren Gruben bei Mendig (In den Dellen, Thelenberg, Wingertsberg) und Pellenz (Krufter Ofen) in Rheinland-Pfalz sowie im „Kupfergrübner Stolln“ (siehe auch Kupfergrube Sadisdorf) im Osterzgebirge von Sachsen gefunden werden.

In Österreich fand sich das Mineral bisher nur auf Feldern in der Umgebung des Latzenhofs nahe Felling in der Gemeinde Gföhl und im Steinbruch „Schmoll“ bei Bernhards in Niederösterreich sowie in Klüften an der Niederen Scharte nahe Alteck (Wurten, Fragant) in der Goldberggruppe in Kärnten.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Badachschan in Afghanistan; der nordöstlichen bis östlichen Wüste am Roten Meer in Ägypten; in Tasmanien und Victoria in Australien; Minas Gerais und Pará in Brasilien; Hebei, Jiangxi und Liaoning in der Volksrepublik China; bei Narsaq in Grönland; mehreren Provinzen von Italien; Nunavut, Ontario und Québec in Kanada; Chöwsgöl-Aimag (Hövsgöl) in der Mongolei; Alto Ligonha in Mosambik; Akershus, Aust-Agder und Telemark in Norwegen; Ost-Sibirien, Halbinsel Kola und Ural in Russland; Småland in Schweden; bei Košice in der Slowakei; im spanischen Katalonien; bei Phalaborwa und Sutherland (Südafrika); Mähren in Tschechien; Fejér und Tolna in Ungarn; sowie vielen Regionen der USA.[14]

Thorianit wird aufgrund seiner meist geringen Anreicherung nur selten allein zur Gewinnung von Thorium genutzt. Dies liegt auch an der momentan geringen Nachfrage an Thorium. Daher wird nur noch selten Thorianit zur Thoriumgewinnung gefördert. Uranothorianite werden noch vereinzelt hauptsächlich zur Urangewinnung gefördert. Zusammen mit anderen Mineralien (Monazit u. a.) lohnt sich die Förderung schon eher. Der Uranothorianit aus Madagaskar wurde Ende der 50er bis Anfang der 70er hauptsächlich zur Urangewinnung abgebaut. Momentan laufende Erkundungsarbeiten (Tiefbohrungen) haben nachgewiesen, dass sich eine Uranothorianit-Vererzung auch noch in die Tiefe weiter verfolgen lässt (im November 2007 bis ca. 80 m mit Kernbohrungen nachgewiesen).[15] Thorium liegt heute in großen Mengen in den Tailings der Monazitminen vor, da aus dem thoriumhaltigen Mineral vornehmlich die Lanthanoide gewonnen werden, und andere Bestandteile als „Abfall“ bzw. Koppelprodukt gelten.

Vorsichtsmaßnahmen

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Nach jeder Berührung ist es ratsam, sich die Hände zu waschen. Sinnvoll ist insbesondere bei kleinen Stücken eine Lagerung in für Sammlerzwecke vorgesehene durchsichtige Plastikdosen. Vom Kauf größerer Mengen an kleinen losen Stücken, wie sie teilweise angeboten werden, ist wegen der Staubbildung abzuraten. Kleinere einzelne Stücke in normalen Mengen sind hingegen weniger bedenklich.

Commons: Thorianite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 25. Juli 2022]).
  2. a b c David Barthelmy: Thorianite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 25. Juli 2022 (englisch).
  3. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 227 (englisch).
  4. a b c d e f g h i j Thorianite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 70 kB; abgerufen am 25. Juli 2022]).
  5. Thorianite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 25. Juli 2022 (englisch).
  6. Wyndham Dunstan: The occurrence of thorium in Ceylon. In: Nature. Band 69, 1904, S. 510–511 (englisch, rruff.info [PDF; 903 kB; abgerufen am 25. Juli 2022]).
  7. Catalogue of Type Mineral Specimens – T. (PDF 222 kB) Commission on Museums (IMA), 10. Februar 2021, abgerufen am 25. Juli 2022.
  8. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  9. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  10. Thorianit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 26. Juli 2022.
  11. A. F. Holleman: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 57.–70., wesentlich erweiterte, umgearbeitete und verbesserte Auflage. De Gruyter, Berlin 1964, S. 516, doi:10.1515/9783112312889-023 (Kapitel XXI. Die Titangruppe: Thorium).
  12. Localities for Thorianite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 26. Juli 2022 (englisch).
  13. Esiva deposit, Esiva, Maromby, Amboasary Sud, Anosy, Madagascar. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 26. Juli 2022 (englisch).
  14. Fundortliste für Thorianit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 25. Juli 2022.
  15. Pan African Mining Corp.: Further Core Drilling Results from Pan African's Tranomaro Uranium Project Confirm Extension of Zone to the South; Intersects Include 10.0 M of 2.34 Lbs./SH.T U3O8 („News & Articles“ vom 28. November 2007) (Memento vom 13. September 2011 im Internet Archive)