Werden (Philosophie)
Das Werden ist ein Grundbegriff der dialektischen Logik, der das Prozesshafte der Welt, das Entstehen und Vergehen von Wesen, Dingen und Zuständen beschreiben soll. Im Gegensatz zur Veränderung bezeichnet Werden ein sich aus sich selbst entwickelndes Geschehen. Von diesem Begriff ausgehend, versucht philosophisches Denken, Prozesshaftigkeit und Veränderlichkeit zu deuten.
Griechische Philosophie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Parmenides und Heraklit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Philosophie der Antike befasste sich bereits Heraklit mit der Frage des Werdens (Panta rhei). Für Heraklit ist die physische Welt in ständiger Bewegung. Für den Eleaten Parmenides und den von ihm vertretenen Eleatismus gibt es nur Sein. Veränderung und Werden sind Illusion.
Platon
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für Platon sind die sinnlichen Erscheinungen in ständigem Werden. Unveränderlich hingegen sind die Ideen. Im Dialog Sophistes versucht Platon, die These des Parmenides zu widerlegen, es gebe kein Nicht-Seiendes (und damit kein Werden).
Aristoteles
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Aristoteles unterscheidet mehrere Bedeutungen von Werden: zum einen Werden als Übergang von der Möglichkeit zur Wirklichkeit, zum anderen die vier Formen der Veränderung: 1. die substantielle Veränderung (Entstehen und Vergehen); 2. die qualitative Veränderung; 3. die quantitative Veränderung und 4. die Ortsveränderung (die Bewegung i. e. S.).
Neuzeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hegel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Werden ist in Hegels dialektischer Logik die Einheit von Sein und Nichts.
„Das Nichts ist als dieses unmittelbare, sich selbst gleiche, ebenso umgekehrt dasselbe, was das Sein ist. Die Wahrheit des Seins sowie des Nichts ist daher die Einheit beider; diese Einheit ist das Werden.“
Bei der Beschreibung von Sein und Nichts arbeitet Hegel Folgendes heraus:
- Attribute des Seins:
- reiner Gedanke,
- ein Unmittelbares,
- einfach und unbestimmt,
- der Anfang.
- Attribute des Nichts:
- reine Abstraktion,
- unmittelbar,
- sich selbst gleich,
- das Absolut-Negative.
Beide Denkbestimmungen fasst er nun zur Einheit des Werdens zusammen.
Moderne Physik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der modernen Physik bzw. in deren naturphilosophischen Interpretation wird unter anderem diskutiert:[1]
- ob nicht auf Grund der Minkowski-Welt Ereignisse und nicht Örter oder Zeitpunkte die eigentliche Wirklichkeit darstellen (moderner Eleatismus);
- was aus der Zeittheorie von McTaggart folgt;
- ob der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik eine Zeitfolge beweist;
- ob das "Jetzt" eine physikalische oder nur eine psychologische Bedeutung hat.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Vgl. Jürgen Mittelstraß: Werden, in: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. 2. Auflage. Band 8: Th – Z. Stuttgart, Metzler 2018, ISBN 978-3-476-02107-6, S. 459–461
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Jürgen Mittelstraß: Werden, in: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. 2. Auflage. Band 8: Th – Z. Stuttgart, Metzler 2018, ISBN 978-3-476-02107-6, S. 459 – 461 (mit ausführlichem Werk- und Literaturverzeichnis).
- Anton Hügli, Poul Lübcke (Hrsg.): Philosophielexikon. Personen und Begriffe der abendländischen Philosophie von der Antike bis zur Gegenwart. Erw. Auflage. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2013 (rororo; 55689; Rowohlts Enzyklopädie), ISBN 978 3 499 55689 0, S. 946 – 949: Werden (mit Lit.verz.)