Wolfgang Schmidt (Politiker, 1970)

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Wolfgang Schmidt (2023)

Wolfgang Schmidt (* 23. September 1970 in Hamburg) ist ein deutscher Politiker (SPD). Seit dem 8. Dezember 2021 ist er Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes im Kabinett Scholz. In dieser Funktion ist er außerdem Beauftragter für die Nachrichtendienste des Bundes.

Er war von März 2011 bis März 2018 Staatsrat der Senatskanzlei Hamburg und Bevollmächtigter der Freien und Hansestadt Hamburg beim Bund, bei der Europäischen Union und für Auswärtige Angelegenheiten und von März 2018 bis Dezember 2021 Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen.

Ausbildung und Beruf

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Geboren wurde Wolfgang Schmidt als Sohn eines Richters und einer Lehrerin. Das Abitur legte er am Gymnasium Tonndorf nach eigener Angabe mit einem Schnitt von 1,2 ab.[1] Im Anschluss studierte Schmidt von 1991 an Rechtswissenschaft in Hamburg und Bilbao und schloss das Studium 1997 mit der ersten Staatsprüfung ab. Danach arbeitete er drei Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hamburg und begann eine Dissertation, stellte das Promotionsvorhaben aber später und vor der Perspektive, nicht wie ursprünglich geplant das Richteramt anzustreben, sondern stattdessen für Olaf Scholz zu arbeiten, ein.[2] Schmidt leistete sein Rechtsreferendariat am Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg ab und beendete 2002 die juristische Ausbildung erfolgreich mit der zweiten Staatsprüfung.

Danach war Schmidt persönlicher Referent, später Büroleiter des damaligen SPD-Generalsekretärs Olaf Scholz und später Klaus Uwe Benneters (bis 2005). Er folgte Scholz als Büroleiter des Ersten Parlamentarischen Geschäftsführers zur SPD-Bundestagsfraktion und ins Ministerbüro des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Dort war er von 2009 bis 2010 Unterabteilungsleiter. Von 2010 bis 2011 war er Direktor der Vertretung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Deutschland.

Öffentliche Ämter

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Staatsrat in Hamburg

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Von März 2011 bis März 2018 amtierte Schmidt als Staatsrat der Senatskanzlei Hamburg und Bevollmächtigter beim Bund, bei der Europäischen Union und für auswärtige Angelegenheiten der Freien und Hansestadt Hamburg. Er war 2014/15 Vorsitzender der deutschen Europaministerkonferenz und vertrat Hamburg von 2015 bis 2018 im Europäischen Ausschuss der Regionen.[3] Schmidt galt zu seiner Amtszeit als „inoffizieller Außenminister Hamburgs“ und war für die Organisation des G20-Gipfels in Hamburg 2017 mitverantwortlich.[4]

Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen

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Wolfgang Schmidt (links) mit US-Botschafter John B. Emerson und dessen Frau Kimberly Marteau Emerson beim Empfang zum Unabhängigkeitstag 2016

Mit dem Wechsel seines Mentors Olaf Scholz in die Bundesregierung (Kabinett Merkel IV) wurde Schmidt, der als Scholz’ engster Vertrauter gilt,[5][6] zu dessen beamtetem Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen berufen.[7] Er stand der Abteilung für finanzpolitische und volkswirtschaftliche Grundsatzfragen, internationale Finanz- und Währungspolitik sowie der Leitungsabteilung des Ministeriums vor.[3] Zudem war er unter Scholz als Vizekanzler für die Koordinierung der sozialdemokratischen Ministerien (den sogenannten „A-Ressorts“) in der Bundesregierung verantwortlich.[8]

Vorwürfe und Ermittlungsverfahren gegen Schmidt

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Schmidt wurde im September 2021 vorgeworfen, während seiner Arbeitszeit als Staatssekretär in Sozialen Medien für den SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz und seine Partei geworben zu haben. Das Bundesministerium der Finanzen gab an, dass es nicht prüfen könne, ob Schmidt während seiner Arbeitszeit parteilich engagiert gewesen sei, da die Arbeitszeiten von Staatssekretären nicht erfasst würden. Der Linken-Abgeordnete Fabio De Masi forderte den Bundesrechnungshof auf, den Fall zu prüfen.[9]

Mitte September 2021 leitete die Staatsanwaltschaft Osnabrück gegen Schmidt ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 353b StGB sowie wegen des Verdachts der verbotenen Mitteilung über Gerichtsverhandlungen nach § 353d StGB ein.[10][11] Die Staatsanwaltschaft Osnabrück hatte beim Amtsgericht Osnabrück einen Durchsuchungsbeschluss für das Bundesministerium der Finanzen erwirkt. Diesen Beschluss hatte Schmidt auszugsweise veröffentlicht, um auf Diskrepanzen zwischen dem Durchsuchungsbeschluss und der Presseerklärung der Staatsanwaltschaft aufmerksam zu machen.[12][13] Er nahm offenbar an, die Durchsuchungen seien parteipolitisch motiviert gewesen, um dem damaligen SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz zu schaden.[14] Die Berliner Staatsanwaltschaft stellte das Ermittlungsverfahren gegen eine Geldauflage von 5000 Euro ein, die Schmidt umgehend bezahlte.[15] Im Juni 2022 stellte das Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit der staatsanwaltlichen Pressemitteilung fest und untersagte der Staatsanwaltschaft die Verbreitung.[16] Der von Schmidt vermutete parteipolitisch motivierte Missbrauch der Justiz durch CDU-Kreise bekam neue Aufmerksamkeit, als das Landgericht Osnabrück im Februar 2022 urteilte, dass die Durchsuchungen rechtswidrig waren und „dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Institutionen einen nicht unbeachtlichen Schaden zufügen“ könnten.[11][17]

Mit unanfechtbarem Beschluss vom 15. Juni 2023 hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass ein Journalist keinen Auskunftsanspruch gegen das Bundeskanzleramt darüber hat, auf welche Weise Schmidt im Jahr 2022 zu der „Cum-Ex-Affäre“ mit Journalisten kommuniziert hat.[18] Damit wurde der gegenteilige Beschluss der Vorinstanz aufgehoben.[19]

Chef des Bundeskanzleramtes

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Am 8. Dezember 2021 ernannte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Schmidt auf Vorschlag des Bundeskanzlers zum Chef des Bundeskanzleramtes im Range eines Bundesministers (für besondere Aufgaben) im Kabinett Scholz.

In diesem Amt wurde er am 11. Oktober 2022 mit dem Großkreuz des Zivilverdienstordens Spaniens ausgezeichnet.[20]

Kandidatur für den Deutschen Bundestag

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Schmidt wurde im Juli 2024 im Wahlkreis Hamburg-Eimsbüttel vom Kreisvorstand seiner Partei als Direktkandidat der SPD zur Wahl zum 21. Deutschen Bundestag 2025 nominiert.[21]

Wolfgang Schmidt gehört seit 1989 der SPD an. Er war von 2000 bis 2001 Mitglied im Vorstand (bureau) der European Community Organisation of Socialist Youth (ECOSY), dem europäischen Zusammenschluss sozialdemokratischer und sozialistischer Jugendorganisationen. Von 2001 bis 2004 gehörte er dem Bundesvorstand der Jusos an und war Vizepräsident der International Union of Socialist Youth (IUSY), der Jugendorganisation der Sozialistischen Internationale (SI). Von 2004 bis 2008 amtierte Schmidt als ehrenamtlicher Geschäftsführer der norwegisch-deutschen Willy-Brandt-Stiftung.[22]

Wolfgang Schmidt ist mit einer Mexikanerin verheiratet und spricht fließend Spanisch. Er und seine Frau haben zwei Kinder.[23][24]

Schmidt ist mit der Ökonomin Philippa Sigl-Glöckner liiert.[25]

Commons: Wolfgang Schmidt – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt im Gespräch mit Cherno Jobatey. In: Bundesregierung/Mediathek. 2. Oktober 2023, abgerufen am 4. Oktober 2023.
  2. Peter Dausend, Mark Schieritz: Das Sozialmonster. In: Zeit Online. 22. September 2021, abgerufen am 1. Oktober 2022.
  3. a b Staatssekretär Wolfgang Schmidt bundesfinanzministerium.de (abgerufen am 22. März 2018)
  4. Matthias Iken: Warum Hamburg auch einen „Außenminister“ hat. In: Hamburger Abendblatt. (abendblatt.de [abgerufen am 19. April 2018]).
  5. Tim Braune, Matthias Iken: „Endlich springt er“ – Olaf Scholz’ Wechsel in die Regierung. abendblatt.de, 6. März 2018; abgerufen am 6. März 2018.
  6. Christoph Hickmann, Veit Medick, Christian Teevs: SPD-Strippenzieher Wolfgang Schmidt: Der Mann hinter Olaf Scholz. In: Der Spiegel. Nr. 48, 2019 (online).
  7. Wechsel im Finanzministerium: Scholz überrascht mit Personalauswahl. Tagesschau (ARD); abgerufen am 19. März 2018.
  8. Scholz holt engste Vertraute ins Finanzministerium welt.de (abgerufen am 14. März 2018)
  9. Christian Ramthun: Freifahrtschein für Scholz’ Twitter-Terminator Wolfgang Schmidt. In: Wirtschaftswoche. 15. September 2021, abgerufen am 29. November 2021.
  10. Ermittlungen gegen Staatssekretär von Scholz. FAZ.net, 14. September 2021.
  11. a b Ulrike Herrmann: Beispielloser Justizskandal. In: taz.de, abgerufen am 11. Februar 2021
  12. Razzia in SPD Ministerien. ZDF, 10. September 2021.
  13. Twitter Tweet. Twitter, 12. September 2021.
  14. tagesspiegel.de
  15. tagesspiegel.de
  16. faz.net
  17. Landgericht Osnabrück: Razzia im Justizministerium war unzulässig. Tagesschau (ARD), abgerufen am 11. Februar 2022.
  18. OVG Berlin-Brandenburg: Zu Auskunftsansprüchen der Presse in der „Cum-Ex-Affäre“. Pressemitteilung vom 19. Juni 2023, abgerufen am 29. Juni 2023
  19. Bundeskanzleramt muss Auskünfte über Kommunikation mit Medien in der „Cum-Ex-Affaire“ erteilen (Nr. 18/2023). 31. März 2023, abgerufen am 31. März 2023.
  20. Disposición 16657 del BOE núm. 245 de 2022. Ministerio de Asuntos Exteriores, Unión Europea y Cooperación, 12. August 2022, abgerufen am 13. Mai 2023 (spanisch).
  21. Kanzleramtschef Schmidt will für Bundestag kandidieren. 1. August 2024, abgerufen am 10. August 2024.
  22. http://www.willy-brandt-kreis.de/inhalt/schmidt-w.htm
  23. Daniel Steiger: Das ist der Kanzleramtschef und Scholz-Vertraute, SWP.de am 17. Januar 2023
  24. https://www.rtl.de/themen/personen/wolfgang-schmidt-t16084.html
  25. Neujahrsempfang von Table.Media: Politprominenz trifft sich in Berlin. 31. Januar 2024, abgerufen am 26. März 2024.